Zu meinem offenen Brief vom 8.6.2012, gibt es erste Reaktionen. Der adfc hat zwar noch nicht geanwortet, aber noch am selben Tag reagiert. Meine Zeilen wurden intern per e-mail weitergeleitet, außerdem merkte Joachim Schalke (adfc Vorsitzender) an, daß er den Kölner Polizeipräsidenten, Herrn Albers, sowie die Fraktionen im Rat der Stadt Köln und den Verkehrsausschuss der Stadt Köln ebenfalls informieren wolle. Ich gehe davon aus, daß dies mittlerweile geschehen ist (zumindest im Falle der Fraktionen im Rat wurde mir das auf der Fahrradsternfahrt auch mündlich bestätigt). Außerdem wolle Joachim „das Thema auf politischen Bürger-Informationsveranstaltungen präsentieren und fordern, dass die fahrradspezifische Verkehrsinfrastruktur nicht nur in Unfall(brenn)punkten optimiert wird“. Ich hoffe natürlich, daß ich vom adfc noch eine detailierte Stellungnahme erhalte.
Die erste wirkliche Antwort ist mittlerweile (per Briefpost) von Herrn Simon eingetroffen. Ich werde die Antworten auf meinen offenen Brief zunächst unkommentiert veröffentlichen und dann erst in einem zusammenfassenden Artikel kommentieren. Bis dahin können sich die Leser dieses Weblogs ihr eigenes Urteil bilden.
Zur Person:
Herr Helmut Simon ist Leiter der Verkehrsdirektion der Polizei Köln. Er selbst fährt nach eigener Aussage, bedingt durch die Topographie seines Wohnortes, Kürten, kein Fahrrad. Er qualifiziert sich durch Aussagen wie „man kann auch mal absteigen und schieben“ (geäußert z.B. auf dem Kölner Radverkehrstreff) und dass ein Fahrradhelm “Leben retten” kann – dies immer im Zuge von Unfallstatistiken bezüglich verletzten oder gar getöteten Radfahrern. Auf meinen vorherigen offenen Brief -an ihn alleine gerichtet- hat er nicht geantwortet, sondern mich auf ein Gespräch eingeladen. Diese Einladung hatte ich auch angenommen, allerdings (noch) nicht im Detail darüber berichtet, sondern nur auszugsweise.
Seine Antwort vom 21.06.2012 erreichte mich am 23.6.20120 per Briefpost:
Sehr geehrter Herr Laufenberg,
als einer der Adressaten Ihres offenen Briefes möchte ich Ihnen folgendes mitteilen:
Sowohl die Stadt als auch das Polizeipräsidium Köln haben in der Vergangenheit im Rahmen ihrer Zuständigkeiten umfassend Stellung zu den von Ihnen vorgebrachten Argumenten bezogen. Dass das in einigen Fällen nicht zu den von Ihnen erhofften zeitnahen Änderungen geführt hat, hat verschiedene Gründe. Sollte der Grund in einer abweichenden Auffassung bezüglich der Rechtmäßigkeit von bestimmten Verwaltungsmaßnahme liegen (Verkehrszeichenanordnungen etc.), was in einer pluralistischen Gesellschaft durchaus vorkommen kann und darf, haben Sie die Möglichkeit, diese Maßnahmen von den zuständigen Verwaltungsgerichten überprüfen zu lassen. Dafür bietet unser Rechtssystem einen umfassenden Rechtsschutz.
Meiner Meinung nach haben Sie mit der gewählten Ausdrucksweise in Ihrem offenen Brief den Boden einer sachlichen Diskussion verlassen. Ich möchte gerne in aller Deutlichkeit klarstellen, dass ich mich auf eine solche Art und Weise nicht instrumentalisieren lasse und ich zu einer Kommunikation auf dieser Ebene nicht bereit bin.
Es wäre so einfach: den Radverkehr einfach da lang führen, wo er hingehört, über die Fahrbahn (StVO §2 Abs. 1) und nur, wenn eine „Gefahrenlage besteht, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung […] erheblich übersteigt“ als absolute (!) Ausnahme über einen separierten „Radweg“ (StVO §45 Abs. 9). Ach so, „da fahren ja auch Autos“ ist mitnichten eine solche Gefahrenlage!
Neben der Polizei in Köln sehen diejenigen, die die Gesetze in diesem Falle umsetzen sollen, die Menschen in unserer Stadtverwaltung, das leider anders. Gemäß dem Motto „Verkehr gleich Kfz-Verkehr“ wird auf Teufel komm raus verhindert, daß auch nur ein Radfahrer zuviel der Deutschen (noch!) liebsten Spielzeuge im Wege ist….
Mittlerweile wurde die Verwaltung sogar durch die Bezirksvertretung Innenstadt von der Politik gerügt, eine linksrheinische Nord-Süd-Verbindung für Fahrradfahrer zu schaffen und zu prüfen, „wie im Tunnel Radfahrern eine sichere Durchfahrt zu ermöglichen ist“. Ihr erinnert Euch, ich bin jahrelang sicher durch den Rheinufertunnel gefahren, bis das verboten wurde. Ich berichtete darüber und zeigte mich sogar selbst an. Um vom Motto „freie Fahrt dem motorisierten Verkehr“ bloß keinen Zentimeter zu weichen, schickt man den Radverkehr prompt durch die Massen von Fußgängern -oft Touristen- über die Rheinuferpromenade. Vor ein paar Wochen wurde dort gar ein fünfjähriger Junge angefahren. Ich empfehle zur Verdeutlichung das Video in meinem Bericht.
In Köln-Mülheim, am Clevischen Ring, gibt es mal wieder eine Baustelle. Und auch wie beim letzten mal setzt man in der Stadverwaltung alles daran, die Radfahrer bestmöglichst zu schikanieren und ihre Weiterfahrt unbequem bis unmöglich zu machen. So sieht das dann aus:
Durchfahrtverbot Nummer 1
Zur Verdeutlichung: das Verkehrszeichen mit dem roten Rand und dem Fahrrad drin ist das VZ254 und es heißt „Verbot für Radfahrer„. Es gilt für die ganze Straße (die ja immer ein Konstrukt aus Gehweg, „Radweg“ und Fahrbahn ist), d.h. die Baustelle (ca. 100 Meter) mal eben über die Fahrbahn zu passieren, was ja problemlos möglich wäre, ist verboten und wäre eine Ordnungswidrigkeit. Es müßte nun eigentlich eine Umleitung ausgeschildert sein – ist es aber natürlich nicht. Warum auch? „Radverkehr ist ja kein richtiger Verkehr„, so vermutlich die Meinung bei den hierfür verantwortlichen Personen. Es wird aber noch schlimmer:
Geisterfahren angeordnet
In der Gegenrichtung ist es normalerweise verboten, den „Radweg“ zu benutzen. Und das ist auch gut so. Auf dem „Radweg“, außerhalb des Sichtbereichs von Kfz-Führern, ist es schon gefährlich genug – in Gegenrichtung zu fahren, ist aber der gröbste Fehler, den man machen kann. Hier passieren die gravierendsten Unfälle. Nun, das scheint beim Prinzip „Der Radverkehr ist ja gar kein richtiger Verkehr“ egal zu sein, denn hier wird nun einfach -ohne ersichtlichen Grund- die Benutzung des „Radweges“ in Gegenrichtung angeordnet! Wie man auf dem ersten Foto sieht, stellen sich auch bereits erste Erfolge ein!
Gottlob gibt es Querulanten engagierte Mitbürger, die sowas bei der Stadtverwaltung monieren. Das habe ich am Donnerstag, den 14. Juni 2012 also getan, selbstverständlich mit dem Ziel, den Radverkehr dort sicher über die Fahrbahn zu führen. Bereits am folgenden Tag bekam ich von Markus Pail vom Amt für Straßen und Verkehrstechnik eine Antwort, nämlich, daß die Freigabe in Gegenrichtung „in der dokumentierten Form von keinem Sachbearbeiter angeordnet worden“ ist (irgendjemand stellte also Schilder so auf, wie es ihm gerade passte – wie so oft in Köln!) und daß als „Alternativroute“ eine „entsprechende Umleitung ausgeschildert“ wurde. Diese verliefe über „folgende Strecke: Julius-Bau Straße – Adamsstraße – Buchheimer Straße – Clevischer Ring.“ Richtig, auch der Ortsunkundige wird sich fragen „so viele Straßen für 100 Meter?“. Die Umleitung ist mal eben knapp 4 mal so lang wie der zu überbrückende Weg. Was man nicht alles tut, um den Autoverkehr nicht zu behindern die Radfahrer zu schützen. Dafür nimmt man sogar mindestens die Belästigung, wenn nicht gar die Gefährdung von Fußgängern in Kauf, denn die letzten Meter über die Buchheimer Straße geht es durch eine Fußgängerzone, mit zum Schluß nur noch knapp 2 Meter Platz. Vernünftig wäre es, dort nicht zu fahren. Aber von Vernunft wollen wir besser nicht sprechen, denn es kommt noch besser:
Durchfahrtsverbot Nummer 2
Die Umleitung war deutlich ausgeschildert, an der Kreuzung Julius-Bau-Straße/Adamsstraße befand sich allerdings die zu sehende Beschilderung. Das rot umrandete runde Schild kennt wohl jeder, VZ250 „Verbot für Fahrzeuge aller Art„. Das „frei“ in „Anlieger frei“ gilt mitnichten für Fahrzeugführer, die die Stelle passieren wollen, sondern für Anlieger, die dort wohnen oder jemanden besuchen möchten. Da ein Fahrrad ein Fahrzeug ist (wie man im Amt für Straßen und Verkehrstechnik eigentlich wissen müsste) ist das fahren dort also verboten und wäre eine Ordnungswidrigkeit! Klar auf den Punkt gebracht: die Straßenverkehrsbehörde ordnet ein Durchfahrtsverbot an und gibt eine Alternativroute durch ein Durchfahrtsverbot vor! Verstanden? Es wäre mir erlaubt, mit meinem Fahrrad dort schiebend zu passieren, dann wäre ich nämlich Fußgänger. Dann könnte ich aber natürlich auch direkt zu Fuß gehen oder … mit dem Auto fahren. Kleiner Tip an die Kölner Polizei: hier ruhig mal die nächste Fahrradkontrolle stattfinden lassen, da dürfte die Fangquote wohl bei 100% liegen! Und da die Stadt die Bußgelder kassiert, ist das doch ne Win-Win-Situation!
Nun gut. Ich wies Herrn Pail am 15.6.2012 also per e-mail auf das bestehende Durchfahrtsverbot per VZ250 hin und es passierte …. nichts.
Am 20.6. fragte ich nochmal nach und Herr Pail antwortete mir, daß er meine Anfrage nur stellvertretend beantwortet und meine e-mail vom 15.06.2012 „an den für den Bereich zuständigen Sachbearbeiter Herrn Wilken zur Bearbeitung weiter geleitet“ hätte. Da scheint die interne Kommunikation ja perfekt zu funktionieren.
Herr Gunter Wilken teilte mir dann am 21.6.2012 mit: „die Fachfirma wurde von mir heute aufgefordert, die Zeichen 250+Zusatz zu entfernen“. Wir halten also fest: der Nachrang des Radverkehrs geht in Köln so weit, daß man Radfahrer eine Woche lang die Wahl zwischen Ordnungswidrigkeit und Ordnungswidrigkeit lässt und mit immensem Aufwand einfach alles tut, sie nicht dort fahren zu lassen, wo es einfach, bequem und für alle Beteiligten sicher wäre. Herr Wilken sieht das freilich anders, nämlich bei einer Umleitung über die Fahrbahn „massive Verkehrsstörungen durch die Einrichtung einer solchen Verkehrsführung“ und meint auch, daß die vervierfachung der Strecke für die Radfahrer eine „nicht wesentlich längere Umleitungsstrecke“ und somit eine „verhältnismäßige Maßnahme“ wäre. Nun denn, der Titel dieses Blogeintrags sagt ja schon alles. Ich frage mich allen ernstes, ob dieser ganze Aufwand (ausführliche Umleitungsbeschilderung, Änderung der anderen Beschilderung, e-mail-Verkehr mit der Querulanz, etc. – also letztlich der massive Einsatz von Arbeitszeit und -kraft) anstatt die Radfahrer einfach über die Fahrbahn zu leiten, eine verhältnismäßige Maßnahme ist!
Besonders schön: die Baustellenarbeiten sind heute (25.6. 2012) wieder beendet, das Durchfahrtverbot (übrigens samt Umleitung) besteht weiterhin.
Klar, man kann nun dagegen halten, daß dies -da eine Baustelle- eine temporäre Situation ist. Ändert aber nichts an der Tatsache, daß das z.B. einen Polizisten bei einer Verkehrskontrolle, im Zweifelsfall nicht interessiert, denn ich habe einer Anordnung durch ein Verkehrszeichen prinzipiell erstmal zu befolgen – auch wenn sie unsinnig ist! Und außerdem gibt es in Köln so viele Baustellen, die blödsinnig beschildert sind, daß Dutzende von temporären Situationen letztlich insgesamt eine unbefriedigende, weil vermeidbare Behinderung darstellen.
Der Nachrang des Radverkehrs geht aber nicht nur temporär, sondern auch -teilweise viel wahnwitziger, weil der Anordnung hier ja defintiv eine ausgiebige Prüfung vorausgegangen sein muß (wir wollen der Stadtverwaltung ja nicht unterstellen, daß sie die Gesetze nicht interessieren)- permanent.
In der Einleitung hatte ich ja erwähnt, wann es überhaupt nur einen (benutzungspflichtigen) „Radweg“ geben darf: wenn eine außerordentliche Gefahrenlage vorliegt. Es gibt in Köln hunderte (!) Kilometer von „Radwegen“, wo solch eine Gefahrenlage ganz sicher nicht besteht und trotzdem „Radwege“ beschildert worden sind. Ein Relikt aus den 60er und 70er Jahren, als man es schick fand, die Städte mit Beton zu verbauen und alles dafür zu tun, den Kfz-Verkehr so schnell wie möglich und ohne Hindernisse vorankommen zu lassen. 1998 wurde das Gesetz geändert und man hätte alle Straßen auf Gefahrenlagen hin prüfen müssen. Offiziell hat man das auch. Und den Radfahrern hat man weiterhin einge*bläut*, daß sie abseits der Fahrbahn sicher wären und ihren „Schutzraum“ hätten, was einfach nicht stimmt.
Ich denke, selbst der unbedarfte Leser kann feststellen, daß man auf der Germaniastraße als Fahrradfahrer auf der Fahrbahn keiner außerordentlichen Gefahrenlage ausgesetzt ist – ganz im Gegenteil: gefährdet wird man auf dem engen „Radweg“, der an Garagenhöfen vorbeiführt, aus denen jederzeit plötzlich Fußgänger oder Kfz kommen können, vom völlig desolaten Zustand des Weges einmal ganz zu schweigen. Später wird der Radverkehr letztlich über den Gehweg geführt, was Kollisionen mit Fußgängern provoziert. Und das alles nur, damit Kfz freie Fahrt haben, immerhin ist hier … Tempo 30 erlaubt!
Das Schöne aber ist, man kann sich gegen so etwas wehren und das werde ich auch tun. Da wir (gottseidank) in einer Demokratie leben, haben Bürger ihrer Verwaltung gegenüber einige Rechte und dazu gehört z.B. auch, gegen unsinnige und illegale Anordnungen vorzugehen und notfalls zu klagen. Ich lasse mir jetzt jedenfalls erstmal die Akten zukommen, in denen erläutert wird, welche Gefahrenlage in der Germaniastraße vorliegt, denn die muß ja nach den ausführlichen Prüfungen, die die Stadt Köln dort vorgenommen hat, bevor sie das Fahrbahnverbot anordnen ließ, dokumentiert worden sein. Ich bin sehr gespannt!
Natürlich könnte man annehmen, daß nach dem temporären Nachrang und dem Nachrang durch Sünde aus der Vergangenheit (die beide keine Einzelfälle sind, unsere Stadt ist davon quasi verseucht) eine Welttstadt wie Köln (immerhin Mitglied im der Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundlicher Städte) aktuell und zukünftig den Nachrang des Radverkehrs nicht mehr propagiert und umsetzt. Dem ist leider nicht so.
Von der traurigen Anahme, daß 1 Meter breite „Schutzstreifen“ Radfahrern auch nur irgendeine Sicherheit bieten würden (im Gegenteil: sie verleiten Kfz, legitimiert mit Höchstgeschwindigkeit und ungenügendem Abstand Radfahrer zu gefährden!) möchte ich hier gar nicht groß schreiben. Entgegen der Aussagen des Amtes für Straßen und Verkehrstechnik und dem diesem angehörigen Büro des „Fahrradbeauftragten“, man würde Radfahrer zukünftig nur noch über die Fahrbahn leiten, werden in Köln nämlich weiterhin „Radwege“ gebaut und vorhandene saniert, d.h. ihre Oberfläche neu gepflastert (anstatt etwa asphaltiert), was besonders bei dünnen Reifen verheerende Wirkungen haben kann). Die Sanierung mag im ersten Augenblick vernünftig klingen, genauer betrachtet ist sie aber solange unsinnig, wie das Radfahren darauf -illegalerweise- immernoch angeordnet wird und damit auch letztlich auch rausgeschmissenes Steuergeld, denn für Sicherheit sorgen diese Wege nicht und es sollte irrelevant sein, ob man auf einem sanierten oder unsanierten „Radweg“ umgefahren wird. Ich zumindest möchte mich für die sichere Fahrbahn entscheiden dürfen und rate dies als erfahrener Fahrradfahrer auch jedem anderen. Fahre dort, wo man Dich sieht! Steuern müssen es allerdings gar nicht immer sein, die ausgegeben werden, manchmal sind es z.B. EU-Zuschüsse oder aber wie im folgenden Fall Fördermittel der Bundesrepublik Deutschland:
Wir sind auf Zick-Zack-Kurs!
Zugegeben, der Clevische Ring (Ecke Keupstraße in Köln-Mülheim) ist durchaus viel befahren. Das heißt aber nicht grundsätzlich, daß dort auch eine Gefahrenlage besteht, die das Risiko einer Beeinträchtigung erheblich übersteigt. Radfahrer können dort beispielsweise sicher überholt werden und soweit man nicht zu weit rechts fährt (was man NIE machen sollte!) kam man dort mit dem fahrrad in der Vergangenheit zügig und problemlos auf der Fahrbahn voran. Nun ist man durch die Beschilderung auf den „Radweg“ gezwungen und man sieht wunderschön, das Radwegebau durchaus eine Kunstform sein kann:
„In einzigartig verschwenkter Form wird der Radfahrer aus dem Sichtbereich der Kraftfahrer in die sichere Kollision geführt, wo sich sein Blut mit dem Rot des Radstreifens im Lichte der Scheinwerfer vermischt.“ Wäre dies eine Installation auf der documenta, wären interessierte Kunstexperten sicher gewiß.
Man kann nun in abenteuerlicher Führung geradeaus fahren oder nach rechts in die Markgrafenstraße, wo der „Radweg“ allerdings nicht mehr benutzungspflichtig ist. Der an der Kreuzung ansässige Taxi und Mietwagenbetrieb „Funkmietwagen Mülheim“ hat sowohl für die Fahrradfurt, als auch für den „Radweg“ in der Markgrafenstraße schon eine bedeutendere Verwendung gefunden – sie parken dort einfach ihre Fahrzeuge.
Mietwagen-Parkplatz Nummer 1
Mietwagen-Parkplatz Nummer 2
O-Ton eines darauf angesprochenen Polizisten: „das ist denen scheißegal, wenn ich da jetzt was sage, die stehen nachher wieder da„. Auf der anderen Strassenseite vor dem Kulturverein sieht es übrigens nicht anders aus…
Angeordnetes Nicht-Durchkommen
Dies sind übrigens keine Ausnahmen, es sieht dort regelmäßig so aus. Die Benutzungspflicht wird dann auf dem Clevischen Ring nach der Kreuzung fortgeführt und endet ein paar Meiter weiter … im Nichts!
Hier ist dann Schluss!
Na gut, nicht direkt im Nichts, sondern auf dem Parkplatz der Firma Harbeke. Das ist sehr praktisch, wenn man eh grad Küchengeräte einkaufen wollte! Warum der Weg so endet und noch nicht mal zurück auf die Fahrbahn geführt wird (was wiederum viele Radler dort zum Gehwegradeln verführt), habe ich beim Amt für Straßen und Verkehrstechnik mal angefragt. Bis jetzt habe ich noch keine Antwort. Wen von Euch das auch interessiert, fragt doch mal nach! Das Amt oder der Fahrradbeauftragte müssten das wissen! Das ist übrigens der „Radweg“, auf den ich Herrn Simon, Leiter der Verkehrsdirektion der Polizei Köln in meinem offenen Brief vor kurzem nochmal angesprochen habe (nachdem ich darüber schonmal berichtet hatte, als sich der Weh im Bau befand) und um den er sich letztes Jahr im September „kümmern“ wollte.
Die Kölner werden es wissen, manch anderer mag es erahnen, denjenigen, die jetzt vielleicht etwas ungläubig den Kopf schütteln, sei versichert: diese Beispiele des Nachrangs des Radverkehrs in Köln sind keine Ausnahmen, sondern stehen nur exemplarisch für Hunderte und für eine ganze Stadt. Darüber berichten ich und andere ja nun mittlerweile seit ein paar Jahren und das teilweise gar recht ausführlich. Es ändert sich – so gut wie nichts. Traurig, aber wahr!
Ich hatte es bereits erwähnt, einem Teil meines Fahrrad-Sternfahrt-Erlebnisses möchte ich einen eigenen Artikel widmen. Vorneweg: es geht in diesem Artikel um den adfc und es geht um alte Menschen. Ich möchte klar zum Ausdruck bringen, daß ich mit dem, was ich berichte, in keinster Weise pauschalisieren möchte. Es gibt sicherlich adfc-Menschen die sich anders verhalten, als die in meiner Schilderung (ich bin selbst adfc-Mitglied) und auch das geistige Level von Menschen hat meiner Ansicht nach nichts mit deren Alter zu tun, auch wenn dieser Artikel teilweise einen anderen Eindruck erwecken könnte.
Meine persönliche 5. Kölner Fahrrad-Sternfahrt sollte mir ein paar Kilometer mehr auf den Tacho bringen, also beschl0ß ich, einen Startpunkt etwas außerhalb Kölns zu wählen. Dormagen sollte es dieses mal sein. Ca. 25 km fuhr ich an, traf unterwegs noch zwei Mitradler und so fanden wir uns kurz vor der Startzeit (11:00 Uhr) am historischen Rathaus in der Fußgängerzone in Dormagen ein. Dort hatte sich schon ein Trupp eher älterer Radler versammelt. Rüstige Menschen, die sich auf dem Fahrrad fit halten, das gefällt mir und so möchte ich im Alter auch sein. Offensichtlich handelte es sich bei fast allen um Mitglieder des adfc Dormagen – zumindest zeugten ihre quietschgelben Warnwesten mit entsprechendem Aufdruck davon.
Wir wurden freundlich begrüßt und es gab freudige Ausrufe, als man hörte, daß wir tatsächlich aus Köln angereist waren, um von Dormagen aus (nach Köln) zu starten. Auf dem Flyer der Sternfahrt war Dormagen als offizieller Startpunkt angegeben (auf der Website allerdings nicht, deswegen hatte ich per e-mail bei den Organisatoren nochmal nachgefragt und auch eine postive Rückmeldung bekommen), ich wähnte mich also auf einer „Demo“ und war ein wenig verwundert, als wir eine Einverständniserklärung unterschreiben mußten, daß wir uns an die StVO halten würden. Nun gut, ich halte mich generell an die StVO, also habe ich selbstverständlich keine Probleme, das noch einmal mit einem Kringel auf einem Blatt Papier zu bestätigen.
Mein Protest auf dem Rücken („Radwege töten“ und ein durchgestrichenes VZ237 als klare Aussage ) sorgte anscheinend etwas für Unmut. „Das auf Ihrem Rücken, das sehe ich aber nicht so“ meinte ein rüstiger Herr. Dann erzählte er etwas unzusammenhängend von einem Doktor und einer Bundesstraße. Ob der Doktor da nun totgefahren wurde oder jemanden tot gefahren hat oder einfach nur mal über die Bundesstraße gefahren ist, erschloß sich mir nicht ganz … wir fuhren dann auch mit ungefähr 20 Radfahrern los und ich mußte mich einer Grundsatzdiskussion über „Radwege“ erstmal nicht stellen.
In der Dormagener Fußgängerzone ist ab 11:00 Uhr die Durchfahrt für Radfahrer verboten. Genau genommen, kurz nach 11:00 Uhr, begangen wir also direkt eine Ordnungswidrigkeit. Ich machte sogar noch einen kleinen Scherz darüber – daß danach für eine lange Zeit erstmal „Schluß mit lustig“ sein sollte, konnte ich zu diesem Zeitpunkt allerdings noch nicht ahnen.
Am Ende der Fußgängerzone befindet sich eine Ampel, die dann von den vorne fahrenden direkt ignoriert wurde, aber immerhin wurde die dahinter folgende Fußgängerampel mit Radfahrersymbol beachtet. Genau genommen ist dies noch bis August tatsächlich das richtige Verhalten. Ich bezweifle allerdings, daß das jemand wußte, denn Ampelregelungen für Radfahrer sind derzeit wirklich kompliziert. Bei angekündigten adfc-Touren (auf solch einer befanden wir uns offensichtlich) ist es so, daß es einen Tourenleiter gibt. Der hat gewissermaßen die Verantwortung und fährt vorne weg. Dies war bei unserer Tour „Wilfried„, wie mir jemand sagte. Wilfried zog dann nach ein paar Metern auf einen sich in einer Tempo30-Zone befindlichen, viel zu schmalen mit VZ240 gewidmeten „Radweg“ – es ist ganz sicher fahrlässig, solch einen Weg mit einer Gruppe von 20 Radfahrern zu benutzen. „Das fängt ja gut an„, dachte ich mir und wählte die Alternative über die Fahrbahn, ebenso meine Begleiter. Etwas weiter beginnt der Chemiepark Bayer Dormagen. Dort gibt es rechts einen recht breiten, allerdings verwurzelten „Radweg“, der akzeptabel zu befahren ist, wenn man es nicht grad eilig hat (ich befahre diese Strecke öfters mit dem Rennrad), denn der Verkehrsfluß wird durch eine miese Ampelschaltung unterbrochen. Da fährt man auf der Fahrbahn eigentlich besser, schon gar wenn man für’s Fahrrad fahren demonstriert. Dennoch schlossen wir uns wieder der Gruppe an und wollten über die Rechtsabbiegerspur der Fahrbahn auf die Radwegefurt auffahren. Dort passierte grad ein KFZ, bevor die Gruppe diese überfuhr und die Fahrradampel zeigte „rot“ – trotzdem fuhren die Rentner über die Ampel! „Warum fahrt ihr denn bei rot?“ fragte ich einen der Mitfahrer. „Das Werk hat doch sonntags zu!„. Ok, *das* ist natürlich ein Argument! „Herr Wachtmeister, heute ist Sonntag, da gelten andere Verkehrsregeln“, das merke ich mir, sollte ich mal wegen einer Ordnungswidrigkeit in die Bredouille kommen.
Qualifizierter Rotlichtverstoss im adfc-Design
Damit das klar ist: ich kämpfe (ja, es ist ein Kampf!) seit Jahren für die Akzeptanz von Radfahrern und die Anerkennung des Fahrrads als gleichberechtigtes Fahrzeug und Verkehrsmittel. Dazu gehört für mich (und ich denke, das sieht der adfc in seinen Grundsätzen ähnlich) aber auch generell, daß Radfahrer rudimentäre Verkehrsregeln einhalten, schon gar wenn sie in einer Gruppe (wo es immer etwas unsichere und ungeübte Fahrer geben kann) unterwegs sind – vom Vorbildcharakter ganz zu schweigen. Natürlich passiere auch ich schonmal (vorsichtig, so wie die StVO es ja auch vorsieht) eine rote Ampel, wenn sie augenscheinlich defekt ist und die Induktionsschleife nicht auf mein Fahrrad reagiert oder wenn es sich um eine Schikane-Ampel handelt, die -obwohl der Parallelverkehr freie Fahrt hat- mich dazu anhält, um „grün“ zu betteln und dann eine Ampelphase zu warten. Das mache ich aber zum einen nicht bei Verkehr (direkt vor der Gruppe passierte ja ein KFZ, also fahren da wohl auch sonntags Fahrzeuge lang) und schon gar nicht in einer Gruppe von Radfahrern! Und übrigens: die Verbandsregel (§27 StVO) gilt für die Fahrbahn und nicht für „Radwege“, zudem zeigte die LSA auch für den Führer der Gruppe bereits „rot“.
Einer meiner Begleiter fuhr mal zum „Tourenleiter“ nach vorne vor und fragte ihn, was das solle. „wir fahren jetzt durch, egal wie die Ampeln sind“ war die Antwort. Hatte ich schon erwähnt, daß es sich dabei offensichtlich um den Vorsitzenden des adfc Dormagen handelt? Grandios! Da fehlte eigentlich nur noch ’ne Flasche Bier in der Hand!
Es gibt noch weitere Ampeln auf der Strecke und -selbstverständlich- hielt ich bei rot an, obwohl die Rentner auch die anderen Ampeln ignorierten. Dies führte tatsächlich dazu, daß mich ein Herr mit seinem Pedelec von hinten rammte, weil er sein Gefährt wohl irgendwie nicht unter Kontrolle hatte (ist auf dem Video unten immerhin zu hören, bevor er dann links an mir vorbeifährt)! Ich mußte unweigerlich an den Journalisten denken, der Herrn Simon auf der PK von Velo2010 fragte, „Die ganzen Rentner, die mit ihren Pedelecs mit 25 km/h über die Gehwege brettern, das muß doch der Horror für Sie sein, oder?„. Offensichtlich!
Hinter dem Bayerwerk beginnt dann Köln, Stadtteil Worringen. Und wie es sich für Köln gehört gibt es direkt einen katastrophalen „Radweg“ in unzulänglicher Breite, mangelhafter Führung und Belag, der *selbstverständlich* -in diesem Fall mit VZ241- als benutzungspflichtig ausgeschildert ist, obwohl dort auf der Fahrbahn ganz sicher keine außerordentliche Gefährdung nach §45.9 StVO besteht. Zudem ist dieser Weg dort sehr gerne beparkt, was man als Einheimischer wohl auch wissen wird und es scheint Gegenverkehr auf dem dafür viel zu schmalen Weg zu geben – ob angeordnet oder nicht, konnte ich nicht ersehen. Einen Doppelpfeil gab es in unserer Fahrtrichtung jedenfalls nicht. Als Tourenleiter -schon gar des adfc- würde ich jetzt wissen, wie ich die mir verantwortete Gruppe sicher ans Ziel führen würde – Wilfried sah das, wie bereits vermutet, aber etwas anders und lies sich nicht von seinem Stil, die Gruppe zu führen, abbringen.
Gegenverkehr auf Holperstrecke
Munter fuhr die Gruppe von 20 Radfahrern also auf diesem unzumutbaren Weg, während ich selbstverständlich die Fahrbahn nahm. Am Ende des Ortes wurde es dann fies, denn die Gruppe wechselte tatsächlich (über eine weitere rote Ampel) die Straßenseite und setzte ihre Fahrt als Geisterradler auf einem nicht in Gegenrichtung freigegebenen „Radweg“ fort! Unsere -mittlerweile nicht mehr freundliche – Meckerei ob der Geisterradlerei wurde mit „der war aber früher mal freigegeben“, „das machen wir immer so“ und „nun verderbt uns mal nicht den Spaß“ beantwortet. Nach einem guten Kilometer und mehreren Kreuzungen war der „Radweg“ dann tatsächlich linksseitig freigegeben – selbstverständlich immer noch viel zu schmal für Gegenverkehr, schon gar mit einer Gruppe! Wilfried führte diese jedoch stoisch weiter, ganz offenbar ohne sich auch nur irgendeines Fehlers bewußt zu sein. Das machen wir seit 50 Jahren so. Das kann nicht gefährlich sein.
Es kam eigentlich, was kommen mußte, in der nächsten Ortschaft blieb der ganze Trupp auf der linken Seite und befuhr etwas, was baulich klar nach einem Gehweg aussah (es war letztlich tatsächlich ein -illegaler, weil zu Unrecht gewidmeter- Radweg, allerdings in keinem Fall linksseitig freigegeben).
Gehwegradeln!?!
Da müßte nüchterner Geisteszustand eigentlich schon ausrreichen, um das zu erkennen. Nicht bei Wilfried & Co. und somit pedalierten diese also seelenruhig ihren Weg gegen die Fahrtrichtung und jeden gesunden Menschenverstand. Ich erinnerte mich an die Bemerkungen in Richtung Herrn Harzendorf gerichtet, daß viele Radfahrer gar nicht wissen, daß sie etwas falsches und gefährliches tun, weil halt immernoch viele „Radwege“ in Gegenrichtung freigegeben oder gar angeordnet sind und ein paar Meter weiter dann aber wieder nicht. Diese Unwissenheit hätte ich aber natürlich nicht bei einem Tourenleiter des adfc erwartet!
adfc Dormagen als Geisterfahrer unterwegs!
Es ging dann über ein paar Feldwege und ein Wohngebiet (war mir nicht ersichtlich, ob man dort Fahrrad fahren durfte oder nicht) und den nächsten linksseitigen „Radweg“ (über den wir drei selbstverständlich schoben) zu unserem Ziel in Chorweiler.
Tja, was soll ich noch sagen? Ich empfinde das Erlebte als schockierend. Ich betone es nochmals: ich mußte vor dem Start der Tour unterschreiben, daß ich ich mich an die StVO halte! Ich stecke sehr viel Energie, Zeit und Elan in dieses Weblog und in Fahrradpolitik, aber das dies alles ausgerechnet vom adfc konterkariert wird – macht mich fassungslos! Immerhin: fast alle hatten einen Helm auf und Warnwesten an, waren also „sicher“! Und Nein, Pfarrer Meurer war nicht mit dabei – der kommt von der anderen Rheinseite.
Hm, vielleicht hat Ramsauer also doch recht und er hat genau so einen Trupp aus dem Fond seines Dienstwagens heraus beobachtet … die Rad-Rambos und Krampfadler!
Die Kölner Polizei will ja -ernsthaft- in die Seniorenverbände gehen, um über die Gefahren von Geister- und Gehwegradeln aufzuklären. Vielleicht sollten sie zusätzlich noch in die adfc-Ortsverbände gehen – wobei die Schnittmenge in diesem Fall tatsächlich ziemlich groß sein dürfte …
Ich sende diesen Artikel an Bundes- und NRW-Landesvorstände des adfc mit der Bitte um Stellungnahme, sowie an den Kölner adfc und die Organisatoren der Fahrrad-Sternfahrt zur Kenntnisnahme. Eine e-mail Adresse des adfc Dormagen habe ich leider nicht gefunden.
Ich habe die Tour, die ca. 45 Minuten dauerte, mit einer Lenkerkamera gefilmt. Die relevanten Szenen habe ich zum folgenden Videoclip zusammen geschnitten. Der kommentierende und später teilweise arg meckernde Mann bin ich. Ich bitte ein bis zwei Sätze zu entschuldigen, aber ich war wirklich außer mir. Ich denke, das ist aber durchaus verständlich.
… der Satz in der Überschrift hat mir dann doch so einiges an guter Laune genommen.
Das war sicherlich ein Bärendienst, Pfarrer Franz Meurer auf der Kundgebung der 5. Kölner Fahrradsternfahrt am 17. Juni 2012 auf die Bühne zu lassen, um dort eine Rede zu halten. Franz Meurer, bekannt als „Don Camillo von Köln“ ist ein sehr engagierter Pfarrer, der in Vingst und Höhenberg -sozialen Brennpunkten in Köln- sehr aktiv ist und dort besonders für Kinder aus armen Familien wunderbare Arbeit leistet. Nicht nur durch das HöVi-Land -einer jährlich stattfindenen Ferienfreizeit- wurde er auch über die Grenzen Kölns hinaus bekannt und ist sicherlich ein mitreißender Redner und eine Kanzel- und Bühnenpersönlichkeit. Von Fahrradfahren und -politik hat er aber leider überhaupt keine Ahnung.
Pfarrer Meurer hielt also eine flammende Rede in der der es um Nachhaltigkeit ging und in der er z.B. betonte, daß es Blödsinn ist, Wasser aus Italien („Pellegrino“, der Pilger), Frankreich oder anderen Teilen der Welt einzufliegen und er „nur Kranenwasser“ aus der Leitung trinkt. Das wurde von der Rheinenergie auf dem Neumarkt kostenlos ausgeschenkt – aus Pappbechern, soviel zur Nachhaltigkeit. Meurer sprach in Gleichnissen -das wird er so gewohnt sein- und so verglich er dann, als er aussprach „ich bin für eine Helmpflicht!“ das Verschenken von Fahrrädern an bedürftige Kinder mit dem Tierschutz. Wir müssen also die Kinder schützen – mit Styropor! Ja, Herr Meurer, und unsere Schäfchen schützen wir am besten, wenn wir sie in Käfige stecken!? Gottlob wurde Herr Meurer -nicht nur von mir- für diese Aussage ausgebuht. Ich mußte mich dafür vor einem „Gründungsmitglied des adfc von vor 30 Jahren“ in einem Gespräch rechtfertigen. „Der sagt doch nur seine Meinung“ – ja, aber als Redner auf *dieser* Bühne sollte er einen Konsens finden können oder den Mund halten. Zumindest, wenn er keine Ahnung hat!
Ich hoffe inständig, daß die Kölner Presse es nicht fertig bringt, zu melden „Kölner Fahrradfahrer fordern Helmpflicht auf Fahrraddemo„. Ein klares Wort an die Organisatoren der Kölner Fahrrad-Sternfahrt: es kann nicht sein, daß jemand auf der Bühne der Abschlußkundgebung der Kölner Fahrrad-Demo eine Helmpflicht fordert!
Das war aber auch schon fast der einzige Tiefpunkt einer erfolgreichen Fahrrad-Sternfahrt. In Berlin sind es rund 150.000, in Hamburg über 10.000 und in Köln …. waren es dieses Jahr bestimmt über 1.000 Sternfahrer. Klar, da hinken wir zahlenmäßig deutlich hinterher, aber der Kölner kriegt den Arsch halt nur hoch, wenn mindestens Brings, Bläck Fööss oder De Höhner spielen – oder wenigstens der FC, damit wir was zu jammern haben.
Während in Berlin über die Avus und in Hamburg über die Köhlbrandbrücke, selbst in Düsseldorf durch den Rheinufertunnel gefahren wird -alles Abschnitte (in Berlin sogar Autobahn), die für Radfahrer normalerweise tabu sind- passiert in Köln allerdings nichts dergleichen. Im Gegenteil: genügend Stränge des Sterns müssen mit Mitfahrern oder Polizei gar immer mal wieder darum kämpfen, überhaupt auf der Fahrbahn anstatt auf dem „Radweg“ fahren zu dürfen.
Aber von Anfang an.
Mein persönliches Sternfahrterlebnis sollte dieses Jahr mal eine andere Route sein. Ich wohne in Köln-Mülheim und üblicherweise sieht ein Sonntag (zumal ein wohltemperierter und sonniger) für mich so aus, daß ich eine dreistellige Strecke auf dem Fahrrad zurücklege, was die Sternfahrt ab Zuhause also nicht im Ansatz leisten könnte. Letztes Jahr bin ich ab Leverkusen gefahren, die Route führt dann wieder durch Mülheim, also bekanntes Terrain – dieses Jahr sollte es mal ganz woanders lang gehen. Wipperfürth hätte mich sehr gereizt, war mir aber mit 9:00 Uhr zu früh, da hätte ich gegen 7:15 Uhr losfahren müssen. Somit entschied ich mich, um 11:00 Uhr ab Dormagen zu starten. Auf dem Hinweg traf ich noch zwei Mitfahrer und so fanden wir uns überpünktlich vor dem historischen Rathaus in Dormagen ein, wo sich eine Gruppe des adfc Dormagen bereits versammelt hatte. Nach einem Gruppenfoto ging es dann los.
Der erste Teil der Tour -bis Chorweiler- war … der blanke Horror. Das Schlimmste, was ich radfahrtechnisch seit langem erlebt habe und ich spare dies hier aus zwei Gründen aus: erstens möchte ich nicht, daß die erlebten Ereignisse offiziell mit der Fahrrad-Sternfahrt und deren rührenden Organisatoren in Verbindung gebracht werden und zweitens ist das Erlebte so schockierend, daß es einen eigenen Artikel -samt Fotos und Video- verdient hat. Der kommt morgen, spätestens Übermorgen und wird lesenswert – versprochen!
Um 12:15 Uhr ging es also ab Chorweiler, Liverpooler Platz weiter. Uns begleiteten ab dort 2 Polizei-Motorräder und es wurde zwischen Tourenleiter der Sternfahrt und Polizistinnen abgesprochen und dann angesagt, daß wir über die Mercatorstraße bis nach Longerich über den „Radweg“ fahren. Hatte ich da richtig gehört? Hatte ich! Während in Berlin also die Avus und in Hamburg eine bedeutende Brücke gesperrt werden, schaffen wir es in Köln nicht, daß -bis dato- 40 Radfahrer in Begleitung von zwei Polizei-Motorrädern über eine ausgebaute Hauptstraße fahren können – auf der zu dem Zeitpunkt so gut wie kein Verkehr herrschte (auf der Route ab Leverkusen war das letztes Jahr über die B8 allerdings problemlos möglich)! So sind wir also über den angrenzenden „Radweg“ gefahren – immerhin wurden alle Kreuzungen von den Polizistinnen abgesperrt. So wünsche ich mir das auch, wenn ich privat mit dem Rad mal auf nem „Radweg“ unterwegs sein sollte – das dürfte die Menge an Rechtsabbiegerunfällen doch deutlich mindern. Bis dahin haben wir also mal wieder eindeutig gesehen: Köln ist Provinz! Peinlich.
Polizei sichert „Radweg“ ab
„Eine Fahrraddemo auf dem Radweg“ – wofür oder wogegen demonstriert man da eigentlich? Es ist noch ein langer Weg, das Fahrrad besonders in den Köpfen als gleichberechtigtes Verkehrsmittel zu etablieren, soviel ist sicher. Ehrenhalber möchte ich erwähnen, daß die Nutzung des „Radweges“ wohl mangelnder Kommunikation geschuldet ist (fragt sich aber natürlich, zwischen wem?) und es wohl generell nicht in der Intention der Organisatoren lag, daß auf dieser (angemeldeten!) Demo „Radwege“ benutzt werden – und das auch noch in Polizeibegleitung.
Weiter ging es nach Nipppes und so langsam wurden wir viele und … immer mehr! Bald waren wir in der Innenstadt und die Gruppen aus den anderen Stadtteilen (eine sahen wir an einer Kreuzung passieren, der Lindwurm hörte einfach nicht mehr auf!) wurden schließlich alle irgendwo zwischen Rudolfplatz, Hahnenstraße und Neumarkt zusammengeführt und dieses Jahr waren es deutlich mehr als die 700, die letztes Jahr mitfuhren. Dann ging es ab 14:00 Uhr auf eine große Runde durch die Innenstadt. Erschreckend fand ich, wieviele Autofahrer kaum Verständnis zeigten und sich gar im Beisein der Polizei in die Radfahrermengen schieben wollten. Wie eilig man es in seiner Blechdose an einem Sonntag haben kann! Mein persönlicher Tiefpunkt in diesem Sinne: die Bimmelbahn voller Touristen von Wolters Reisen Köln, die sich am Dom erfolgreich in den Demonstrationszug drängte und dann von Radfahrern -mangels Polizei- an der Weiterfahrt und somit Unterbrechung der Kolonne gehindert werden mußte. Die Polizei kam mit dem Absichern von Kreuzungen kaum hinterher, es tauchten gar Polizisten auf ihren privaten Motorrollern auf und erfreulicherweise gab es genügend Radfahrer –Critical Mass erfahren- die beim Absichern behilflich sein konnten ;-).
Die Sternfahrt endete -wie in den Jahren zuvor- mit der Kundgebung am Neumarkt wo -leider- Pfarrer Franz Meurer dann wie oben erwähnt den letzten Redebeitrag lieferte. Vorher jedoch zeugte Hans-Georg Kleinmann vom VCD -wie in den letzten Jahren- mit seiner Rede davon, daß man sich durchaus traut, von der Bühne aus zumindest offene Worte zu wählen. Mit einem schönen Paris-Roubaix Vergleich beschrieb er die Möglichkeiten, die man als Kölner Radfahrer -gezwungenermaßen- hat. Ich würde mir noch ein wenig mehr Kritik wünschen, denn von der Aussage her unterschied sich seine feine Rede kaum von der des letzten Jahres – unter der Tatsache, daß sich politisch und besonders von Seiten der Stadtverwaltung in Köln seit letztem Jahr quasi nichts getan hat! „Bildet kritische Massen“ forderte er auf, z.B. bei den Critical Mass Touren („Fahrradsternfahrt ohne Stern“) jeden letzten Freitag und jeden zweiten Samstag im Monat ab Rudolfplatz. Lasst uns das tun!
Es gab auch wieder diverse Infostände von Parteien und Verbänden, unter denen sich besonders die Kölner Polizei positiv hervortat. An deren Stand konnte man tatsächlich offene Kritik an der Radwegepolitik unserer Stadt erkennen:
Wer baut solche Strassen?
Die Frage „Wer baut denn solche Strassen?“ (das Original findet sich auf Siggis Seiten) hätten die Männer direkt nebenan am Stand des Amtes für Strassen und Verkehrstechnik vielleicht am besten beantworten können. Immerhin: zumindest Teile der Polizei scheinen auf dem richtigen Weg zu sein – ein Fünkchen Hoffnung?!
Mein Fazit der 5. Kölner Fahrradsternfahrt: sehr viel Licht und ein klein wenig Schatten. Die Atmosphäre war toll und -sicherlich begünstigt durch das phantastische Wetter- es fanden doch viele auf ihre Sättel und zeigten entsprechend Präsenz auf ihren Fahrrädern. Für noch mehr Akzeptanz würde meiner Meinung nach sorgen, wenn nächstes Jahr ausnahmslos alle Routen über Fahrbahnen statt „Radwege“ geführt werden würden. Zudem wäre es sicherlich angebracht, wenn die Polizei auch mal durch ihre -angeblich ja vorhandene- „Fahrradstaffel“ Präsenz zeigen würde. Mitradelnde Polizisten, das wäre ein schönes Bild (das schreibe ich, glaube ich, jedes Jahr!?). Auch mitradelnde Lokalpolitiker oder gar ein mitradelnder Amtsleiter der Straßenverkehrsbehörde, der sich Diskussionen an der Basis stellt, würden unserer Stadt gut zu Gesicht stehen!
Über die Redebeiträge auf der Kundgebung muß man sich tatsächlich ernsthaft Gedanken machen. Hans-Georg Kleinmann sticht jedes Jahr mehr als positiv hervor, aber Pfarrer Franz Meurer war ein klares Eigentor, ebenso wie Frau Scho-Antwerpes, die vor 2 Jahren tatsächlich „mehr Radwege“ forderte – wofür sie einiges an Schelte einstecken mußte. Vielleicht gelingt es nächstes Jahr, etwas eindringlicher von der Bühne zu agieren und Menschen reden zu lassen, deren Lebenseinstellung „Fahrrad“ ist und die das für alle verständlich und in allen Facetten ausdrücken können. Viel- und Alltagsradfahrer, die praxisnah aus ihrem Alltag plaudern und vor allem sinnvolle Forderungen stellen können, gibt es in Köln jedenfalls genug!
Den vielen Organisatoren und Helfern der Kölner Fahrrad-Sternfahrt gebührt in jedem Falle ein großer Dank und auch zukünftig jede Unterstützung ihrer ganzen Mühen, diese Sache zu stemmen. Ich gehe davon aus, daß es auf ihrer Website auch von diesem Jahr in Kürze wieder jede Menge Fotos gibt – schaut also mal rein.
Eine ganz gute Möglichkeit, den Verantwortlichen des Kölner Amtes für Straßen und Verkehrstechnik einmal persönlich aufzuwarten und ggf. die Meinung zu sagen, bietet die 5. Kölner Fahrrad-Sternfahrt, die am Sonntag, den 17. Juni 2012 von verschiedenen Orten über verschiedene Routen gefahren wird. Üblicherweise ist das Amt für Straßen und Verkehrstechnik mit einem Stand bei der Abschlußkundgebung am Neumarkt vertreten.
„Das ist blinder Aktionismus„, sagte ich der Dame vom Amt für Straßen und Verkehrstechnik, Sabine Bongenberg.
Dabei fand ich die Aktion prinzipiell gar nicht schlecht, die heute am Rudolfplatz startete, nämlich Radfahrer (und andere Verkehrsteilnehmer) generell darauf aufmerksam zu machen, wo sich der „Tote Winkel“ bei LKW befindet und wo man als Radfahrer vom Fahrer entsprechend nicht gesehen wird. Zur Demonstration stand ein (sehr moderner) 24-Tonner der Firma REWE bereit und der „Tote Winkel“ war durch eine orangene Folie auf dem Boden abmarkiert. Hinten rechts, an der Laderampe des LKW prangte bereits der Aufkleber, der an Speditionen verteilt wird und auf dem deutlich steht „sicher fahre ich nur dahinter“ Damit sollen laut Pressemitteilung „die Radler auf die Gefahren durch Lastkraftwagen und auf das richtige Verhalten hingewiesen werden“.Gut, „dahinter fahren“, das speichere ich mal ab.
Aufkleber an LKW
Die Aktion lief von 10-14 Uhr, ich kam gegen 11 Uhr am Aktionsstand an, wo sich -außer den an der Aktion Beteiligten Personen, sowie Kamera-Teams vom KStA und WDR- eigentlich niemand aufhielt. Freudig stürzte man sich also förmlich auf mich, der ich Interesse an der Aktion zeigte und bot mir verschiedene Infomaterialien (die üblichen Flyer des „Fahrradbeauftragten“ und natürlich auch ein paar „Helme sind sicher“ Promo-Blättchen) an. Eine Minute später saß ich auch schon auf dem Fahrersitz des LKW und konnte selbst sehen, was der Fahrer sieht und was nicht. Der anwesende LKW-Fahrer, ein wirklich sehr freundlicher Mann, erklärte mir dann selbstbewußt, daß er bei 50 km/h über 20 Meter pro Sekunde zurück legt und er also gar keine Chance hat, wenn ich als Radfahrer im „Toten Winkel“ fahre, weswegen es natürlich viel, viel besser wäre, wenn ich dort einfach nicht fahren würde.
„Aber genau da ist doch der Radweg!„, merkte ich an.
Der LKW-Fahrer schaute ein wenig verwirrt, die Frau vom KStA-TV, die die ganze Zeit filmte, drückte mir ein Mikrofon in die Hand, damit man auch was versteht und ich erläuterte das mal aus meiner Sicht, der Sicht des Radfahrers: „da, wo der tote Winkel abmarkiert ist, befindet sich der „Radweg“, den ich hier vorne an den Ringen z.B. benutzen muß“ Das heißt also, daß die Straßenverkehrsbehörde, deren Amtsleiter und Organisator dieser Veranstaltung sich keine 10 Meter von uns entfernt befand, mich dazu zwingt, im toten Winkel zu fahren. Ich fragte den LKW-Fahrer, wie er mich denn aus seinem Führerhaus heraus sehen will, wenn ich -vorschriftsmäßig- auf dem „Radweg“ fahre. „Ich habe Sie vorher schon im Blick„, meinte er dazu. „Sie schaffen es tatsächlich, bei 50 km/h, zu sehen, was 3 Meter von Ihnen entfernt, hinter parkenden Autos und Bäumen parallel an Massen von Radfahrern fährt? Respekt!“ Viel mehr konnte der LKW-Fahrer eigentlich dann nicht mehr sagen. Da hatte man ihn wohl nicht weitgehend genug geimpft. Der Videobeitrag des KStA-TV ist bereits online und man hat meinen O-Ton auch tatsächlich so untergebracht.
Als nächstes unterhielt ich mich also mit Frau Sabine Bongenberg vom Amt für Straßen und Verkehrstechnik. Während ihr Chef, Herr Amstleiter Harzendorf, mich bereits bei der Ankunft bemerkt hatte, wußte sie erst wer ich bin, als ich mich artig mit Namen vorstellte. „Ach, Sie sind das“ meinte sie und ließ nicht unerwähnt, daß sie meinen Blog liest. Schön. Ich hoffe, sie versteht ihn auch.
Es ergab sich ein sehr spannende Diskussion mit ihr, die zwar vom eigentlichen „Toter Winkel“-Thema ein wenig abschweifte, aber ganz gut verstehen ließ, wie man im Amt für Straßen und Verkehrstechnik so tickt. Der Grundsatz scheint zu sein: „Verkehr = Kraftfahrzeuge„. Selbstverständlich (!) fährt Frau Bongenberg auch Fahrrad und kennt sich also bestens aus. Der „Radweg“ an den Ringen wäre „sicherlich nicht ganz optimal„, das hätte aber bauliche Gründe. Warum der Radverkehr denn dann nicht einfach über die Fahrbahn geführt werden würde, wie der Gesetzgeber es vorsieht, wollte ich von ihr wissen und wo da die außerordentliche Gefährdung (vgl. §45 Abs. 9 StVO) für Fahrradfahrer liegt. Mehr als „da fahren Autos“ konnte sie eigentlich nicht zum Ausdruck bringen. Was den „Toten Winkel“ generell angeht, erwähnte ich, daß nach §5 StVO es ja sogar erlaubt ist, bei ausreichendem Platz an einer Ampel rechts an Kfz vorbei zu ziehen (was ich übrigens prinzipiell kaum tue und was ein Recht ist, auf das ich gerne verzichten würde, wenn man mich denn mit dem MIV auch real gleichstellen würde), sie erwiderte „Die Regel gibt es ja auch noch nicht so lang!“. „Seit dem 1. Oktober 1988, fast ein Vierteljahrhundert, das find ich schon lang„, meinte ich dazu. Man kann nicht alles wissen.
Von selbst kam Frau Bongenberg dann auf den Rheinufertunnel zu sprechen, ein Zeichen, daß sie meinen Blog tatsächlich liest. Ihre Argumentation, warum es dort gefährlich ist, mit dem Fahrrad zu fahren (was ich fast eine Dekade lang sicher getan habe) war recht einfach zu widerlegen. Zunächst lag es an der Beleuchtung (ein verkehrstüchtiges Fahrrad ist ordentlich beleuchtet – meins hätte sogar Tagfahrlicht, wenn ich es will (will ich nicht), zudem gibt es im Tunnel Licht). Als ich fragte, was denn nun der Unterschied zwischen einem Fahrrad und einem Mofa (das den Tunnel passieren darf!) ist, war sie erst verwundert – sie wußte nämlich gar nicht, daß man das darf. „Ich kann ja nicht alles wissen.“ Nein, können Sie nicht, Frau Bongenberg! Aber ihr fiel dann doch noch was ein: „auf dem Mofa muss man einen Helm tragen!“. Triumphales Argument! Auf mein „auf dem Fahrrad kann ich ja auch einen Helm tragen“ entgegnete sie „Das ist aber nicht vorgeschrieben!“ Nein, natürlich nicht. Dann meinte sie tatsächlich „auf dem Mofa trägt man ja Schutzkleidung“. Tja, Frau Bongenberg „Das ist aber nicht vorgeschrieben!“ und außerdem „ich kann auf dem Fahrrad auch Schutzkleidung tragen“ (unabhängig davon: schaut Euch mal um, wieviele Mofafahrer (das sind die kleinen knatternden Dinger, die 25 km/h schnell fahren) Schutzkleidung tragen!) Ihr Chef, der 2 Meter neben uns stand und mit Sicherheit das komplette Gespräch mitbekam, rettete sie dann, als ihr so langsam wirklich die Argumente ausgingen, unterbrach unser Gespräch, hielt ihr ein paar Zettel hin und fragte sie was organisatorisches. Clever gemacht, Herr Harzendorf ;-).
Ach ja, so ganz alleine stehe ich mit meiner Meinung zum Rheinufertunnel nicht da – ein Nachbarblogger hat sich der Sache schon recht intensiv angenommen und -man staune- es gibt tatsächlich einen Antrag der Kölner Grünen (die hier mitregieren) in der Bezirksvertretung Innenstadt, das Durchfahrtsverbot aufzuheben.
Zurück zum eigentlichen Thema, der Tote Winkel.
Ich habe mir mal die Freiheit genommen und nachgemessen: auf Höhe der Hinterräder des aufgestellten LKW betrug der Abstand zum Beginn des „Toten Winkel“ genau 2,70 Meter. An der Kreuzung Hohenzollernring/Aachener Straße ist der benutzungspflichtige „Radweg“ exakt 3 Meter von dem Punkt entfernt, wo sich beim Beginn des Abbiegevorganges eben diese Zwillingsreifen des LKW befinden würden. Führe ich dort auf dem „Radweg“, führe ich also exakt im „Toten Winkel“! Da muß man eigentlich nicht mehr darüber diskutieren, wo ich als Radfahrer sicher fahre und wo nicht. Eine Argumentation, die Frau Bongenberg und Herr Harzendorf allerdings nicht verstehen wollen. Da sind die Köpfe aus dem gleichen Beton, aus dem man in den 1960er Jahren den Radfahrern in Köln „ihren Raum“ gegeben hat – irgendwo an der Seite, wo sie keinen stören.
Toter Winkel mit Fahrrad
Auf dem Bild sieht man es ganz deutlich: dort wo mein Fahrrad steht, befinden sich die meisten „Radwege“ und um es ganz klar zu sagen, liebe Kölner Straßenverkehrsbehörde, ich würde sehr gerne das befolgen, was auf den tollen Aufklebern steht, die nun an Dutzende von LKW geklebt werden und hinter ihnen fahren. Ich darf es nur leider nicht, weil Sie es mir verbieten!
Ich unterhielt mich noch mit einer Dame und dem Fuhrparkleiter von REWE, die mir glaubhaft erläuterten, daß ihre Fahrer gut geschult werden und auch die modern ausgestatteten LKW erklärten, die sogar automatisch anhalten, wenn sich jemand im Bereich des eingebauten Rückfahrmelders aufhält. Als ich den beiden erklärte, daß ich die Aktion generell nicht verkehrt fände (das ich „fahrradaktiv“ bin, hatten die schon mitbekommen) und sehr gerne SICHER hinter dem LKW fahren würde, die Stadt mir aber nun mal vorschreibt, daß ich irgendwo rechts im „Toten Winkel“ fahren soll, konnten die beiden der Argumentation auch ganz gut folgen und meinten dann „aber die haben uns die Aufkleber doch sogar gemacht!„. Da weiß man ehrlich gesagt nicht, ob man lachen oder weinen soll!
Ich drücke ja öfters aus, daß ich auf Schubladendenken „Rad- gegen Autofahrer“ keine große Lust habe, das habe ich auch in diesem Gespräch getan und das ist auch angekommen. Ich bin übrigens selbst lang genug immerhin 7,5 Tonner gefahren, hab gar nen C1E Führerschein und darf also auf einige Kaliber rauf. In diesem Sinne kann ich den Streß eines LKW-Fahrers, der völlig unübersichtliche Situationen im Blick haben muß, die man einfach unmöglich alle einsehen kann, vollkommen nachvollziehen. Und als LKW-Fahrer würde ich selbst die Lösung vorziehen, daß Radfahrer hinter, bzw. vor mir fahren, statt irgendwo außerhalb meines Sichtbereiches.
Der WDR bat für seinen Beitrag dann noch um ein „Gruppenbild im Toten Winkel“ und da ich weit und breit der einzig anwesende Radfahrer war, kam mir, bzw. diesmal meinem Fahrrad nochmal die Statistenehre zu. So gibt es also von meiner Seite aus (ich hab mich als 2 Meter Mann selbstverständlich nach hinten gestellt) noch den einmaligen Schnappschuß zu liefern: „Amtsleiter und Fahrrad“. Sicherlich ein seltener Anblick.
Amtsleiter (links) mit Fahrrad
Auf dem Heimweg dachte ich noch, daß ich eigentlich den von mir vermessenen „Radweg“ am Hohenzollernring noch hätte fotografieren sollen, um das Dilemma für diesen Beitrag zu nochmal bildhaft zu verdeutlichen. Dann hab ich mir mal die am Aktionsstand verteilte Broschüre angeguckt und festgestellt: das macht die Stadt Köln schon selbst:
GENAU dort *NICHT* fahren!
Und ganz zum Schluß steht in der Broschüre auch nochmal, was die Betonköpfe damit genau meinen: „Für den Radfahrer gilt daher: […] Notfalls lieber auf die Vorfahrt verzichten!“ Das hatten wir vor kurzem ja schonmal …
Mein Schlußfazit halte ich mit Herrn Harzendorf, der es in dem Beitrag des KStA-TV ja selbst ausdrückt, daß man am sichersten fährt indem man (Zitat) „hinter dem LKW bleibt und nicht neben dem LKW herfährt, als Radfahrer und wenn das alle beachten, dann können wir diese sehr schweren, sehr tragischen Unfälle vermeiden„.
Gut gesagt, Herr Amtsleiter, ich fühle mich sehr bestätigt und fahre somit auch zukünftig GANZ SICHER nur dahinter statt daneben!
Somit fuhr ich nach einem kurzen Plausch mit einer netten Polizistin von dannen, nicht ohne ihr anzukündigen, daß ich gleich ordnungswidrig die Fahrbahn des Hohenzollernrings benutzen würde. „Das kann ich verstehen„, meinte sie nur und lächelte …
Weitere solcher „Info-Veranstaltungen“ gibt es noch die ganze Woche über (12.6. 10-14 Uhr, Heumarkt – 13.6. 10-14 Uhr, Mülheim, Wiener Platz – 14.6. 8:55-10:55 Uhr, Parkplatz der Firma INEOS in Köln, Stürzelberger Weg, Köln-Worringen – 15.6. Autohof Eifeltor „Truckers Paradise“, bei „Cologne Truck Wash“ am Eifeltor und in Köln-Porz sowie auf dem Kölner Großmarkt (dort werden Aufkleber verteilt)). Vielleicht taucht ja dort der ein oder andere Radfahrer auf und stellt unbedarft ein paar unbequeme Fragen.
Nach dem heutigen x-ten „Radwege“unfall durch rechtsabbiegende Kraftfahrzeuge, bei dem unzweifelhaft klar ist, daß die Benutzung des „Radweges“ ursächlich für den Unfall ist, sehe ich mich gezwungen, einen offenen Brief an folgende Personen und Ämter zu verfassen:
Amt für Straßen und Verkehrstechnik der Stadt Köln
„Fahrradbeauftragter“ der Stadt Köln, Herr Jürgen Möllers
Die Vorsitzenden des adfc Köln, Sven Bersch & Joachim Schalke
Leiter der Verkehrsinspektion der Polizei Köln, Herr Helmut Simon
Oberbürgermeister der Stadt Köln, Herr Jürgen Roters
Sehr geehrte Damen und Herren, lieber adfc, werter Herr Simon, verehrter Herr „Fahrradbeauftragter“ & Büro, lieber Herr Oberbürgermeister Roters,
die Meldungen gleichen sich, bestenfalls ändern sich Stadtteile und Straßen – schlimmstenfalls ändern sich die Folgen: aus leichter Verletzung wird Lebensgefahr oder Tod. Die Ursache ist immer gleich:
Nachdem der „Expertenkreis Velo2010“ nüchtern betrachtet auf ganzer Linie versagt hat, die Stadt Köln eine Salami-Taktik fährt und sich mit der Polizei gegenseitig den schwarzen Peter zuschiebt, dabei den adfc -der sich offensichtlich damit begnügt irgendwie „dabei“ sein zu dürfen- möglichst klein hält, werden auf Kölns Straßen quasi täglich Radfahrer durch rechtsabbiegende Kraftfahrzeuge umgefahren!
Nach dem heutigen Unfall (www.presseportal.de/polizeipresse/pm/12415/2267873/pol-k-120608-5-k-beim-abbiegen-radfahrerin-uebersehen-schwer-verletzt) und den Unfällen der letzten Tage & Wochen (ich erspare Ihnen und mir eine genaue Statistik, durchsuchen Sie die Unfallberichte auf z.B. http://www.velo2010.de einfach selbst nach Rechtsabbiegerunfällen), sollte es auch dem letzten Droschkenkutscher klar sein, daß die Benutzung von „Radwegen“ gefährlich ist – in den allermeisten Fällen nämlich weitaus gefährlicher als das Fahren auf der Fahrbahn im Sichtbereich der KFZ-Führer.
Sie alle kennen die Statistiken und Untersuchungen diesbezüglich, Herr Schalke hat dazu schon vor Jahren einen (hervorragenden) Vortrag erarbeitet, den Sie alle *mehrmals* auf verschiedenen Veranstaltungen gehört haben. Dennoch ändern Sie so gut wie – nichts!
Anstatt zu handeln, riskieren Sie alle täglich das Leben von Radfahrern, die unter der Politik gefährdet werden, die *Sie alle* zu verantworten haben!
– Die Stadt Köln in Form von Amt für Straßen und Verkehrstechnik und „Fahrradbeauftragtem“ erzählt zwar freimütig, daß man zukünftig die „Radfahrer auf die Fahrbahn bringen“ will, lügt sich jedoch selbst etwas in die Tasche und baut munter weiter separierte „Radwege“ – im Zweifel, um Fördermittel abzukassieren.
– Anstatt die Gesetzesnovelle von 1998 (!) endlich konsequent umzusetzen, *ALLE* Radwege von der Radwegebenutzungspflicht zu befreien (die eine *Ausnahme* sein soll!) und *dann* erst die Straßen auf Gefährdung nach §45.9 zu überprüfen, wie sich der Gesetzgeber das eigentlich gedacht hat, machen Sie nach 14 (!) Jahren genau das Gegenteil und überprüfen in der Geschwindigkeit einer Nacktschnecke vorhandene katastrophale „Radweg“führungen, ob sie entschildert werden können. Herr Möllers besitzt sogar die Unverfrorenheit, die in einem Jahr geprüften 20km „Radwege“ in der Öffentlichkeit als Erfolg zu verkaufen! Herr „Fahrradbeauftragter“, das sind 5% (!) der Kölner „Radwege“ – wenn Sie in diesem Tempo weiter arbeiten, dann benötigen Sie ziemlich genau 20 Jahre, um den -laut Gesetzgeber- Soll-Zustand herzustellen! Stattdessen freuen Sie sich jährlich über den Erfolg Ihrer Dauerzählstellen – ich habe den Eindruck, daß Sie Ihre Zeit nicht damit vertrödeln sollten, täglich die Deutzer Brücke auf und ab zu fahren. Ich denke, eine Statistik mit weniger verletzten und getöteten Radfahrern ist wesentlich wichtiger, als jährlich neue Rekordzahlen präsentieren zu können, wobei sich der Eindruck aufdrängt, daß dies gerne geschieht, um den eigenen Status zu festigen.
– Herr Simon, Sie haben -seit ich Sie wahrnehme- durchaus gelernt. Immerhin sehen Sie den Fahrradhelm nicht mehr zu 100% als das Wundermittel im Kampf gegen getötete Radfahrer und besonders ihre Präsentation der Unfallzahlen und -ursachen auf der PK der Velo2010 haben mich beeindruckt – gab sie doch wenigstens die Gründe für das Dilemma korrekt wieder. Leider habe ich aber nicht den Eindruck, daß dies dafür sorgen könnte, daß Sie einmal richtig „auf den Tisch hauen“ und den Verantwortlichen die nötigen Konsequenzen aufzeigen. Stattdessen fahren Sie einen Schmusekurs mit der Stadtverwaltung und schieben sich mit ihr fein gegenseitig den schwarzen Peter zu. Die schwerwiegenden Fehler sind angeordnet und darauf angesprochen, sagt die Kölner Polizei, „wir ordnen Verkehrsschilder nicht an, wenden Sie sich an die Stadtverwaltung“, die ihrerseits darauf verweist, daß „die Polizei zugestimmt hat“. Der katastrophale „Radweg“, der Sie entsetzt hat und um den Sie sich nach unserem Treffen „persönlich kümmern“ wollten, ist mittlerweile Realität: fertig gebaut und als benutzungsplichtig ausgeschildert! Kann ich auf Ihr Wort zählen? Und wann?
Nach unserem -ja durchaus angenehmen und konstruktiven- Gespräch, bei dem wir eine mögliche Zusammenarbeit eruierten, ist mir klar geworden, daß Sie mich gar nicht brauchen, um Unfallstellen und die dortigen Gefährdungen für Radfahrer zu untersuchen. Die Gefahren sind den Verantwortlichen vollkommen klar und auch oft genug durch engagierte Bürger erläutert worden, meistens reicht schon gesunder Menschenverstand, um zu einer sicheren Lösung zu kommen. Beispiele finden sich in den Fahrradblogs zuhauf. Weder an den katastrophalen „Radweg“führungen an Lindenthalgürtel, Gleueler Straße, etc. ist nach den tödlichen Rechtsabbiegerunfällen etwas geändert worden, noch nach den allermeisten Hinweisen von Fahrradaktiven, die teilweise gar prophezeienden Charakter hatten (http://www.radfahren-in-koeln.de/2008/12/06/lebensgefahrlicher-radweg-in-koln-wahnheide-%E2%80%93-stadt-koln-findet-situation-okay) Es tut mir Leid, dies so ausdrücken zu müssen und ich möchte auch nicht bewußt sarkastisch sein, aber der einzige Unfallort, an dem an den fehlenden Sichtbeziehungen *sofort* durch das Abmähen der dortigen Büsche etwas geändert wurde, ist der Unfallort am Kuhweg, wo ein Polizeibeamter ums Leben kam.
– Der adfc -dessen Mitglied ich bin- tut sich als Radfahrerverband keinen Gefallen damit, zum (Nichts)Tun der Straßenverkehrsbehörde und der letztlichen Gleichgültigkeit der Polizei im Wesentlichen (mit einigen positiven Ausreißern in der Hauspostille) zu schweigen, indem er im „Expertenkreis“ eine Alibifunktion wahrnimmt, die sich offensichtlich auf 1,5 minütige, konsequent nichtssagende Vorträge und eine jährliche Mängeltour beschränkt. Es ist eigentlich egal, welche Mängel die „Radwege“ aufweisen, auf denen Radfahrer tot gefahren werden! Wacht auf!
Sie, Herr Oberbürgermeister, fragen sich gerade -wenn Sie es denn bis hierhin durchgehalten haben- warum Sie das alles lesen müssen und warum der Ton so scharf ist. Das erste warum kann ich Ihnen auch nicht detailliert beantworten – vielleicht liegt es zum einen daran, daß ich Sie zumindest emotional sehr schätze, zum anderen daran, daß ich denke, daß der erste Bürger meiner Stadt wissen sollte, was in seinem Staate faul ist. Das zweite warum müssten Ihnen die angesprochenen Herrschaften ganz gut erklären können. Vielleicht haben Sie Zeit und Muße, ins Detail zu gehen, sich zu informieren und gar Stellung zu beziehen. Falls nicht: danke für Ihre bisherige Zeit.
Ich verfasse diese Zeilen als offenen Brief, der zeitgleich in meinem Weblog veröffentlicht und von vielen Menschen gelesen wird und werde Ihre Antworten ebenso behandeln. Sofern Sie denn die „Eier“ haben, überhaupt Stellung zu beziehen, was ich -aus meiner Erfahrung heraus- nicht oder lediglich eingeschränkt vermute.
Ich habe in den letzten Jahren mit Ihnen allen immer versucht, fordernd, aber konstruktiv zu kommunizieren und dies auch meinen Lesern und den vernetzten Fahrradaktiven -so gut es ging- immer wieder nahe gelegt. Vielleicht ist nun der Punkt erreicht, an dem es an der Zeit ist, diesen Weg zu verlassen und eine andere Richtung einzuschlagen. Entscheiden Sie selbst!
Ich fordere:
die sofortige Aufhebung *aller* Radwegebenutzungsplichten und *sorgfältige* Prüfung auf Gefährdung für den Radverkehr _danach_.
die *strikte* Einhaltung und Ausführung ausnahmslos *aller* Gesetze und Verordnungen durch die Stadt Köln und ihre Verwaltung.
die offensive Aufklärung *aller* Bürger und Verkehrsteilnehmer, daß sie sich mit der Benutzung von „Radwegen“ (ob benutzungspflichtig oder nicht!) neben Rechtsabbiegerspuren in den meisten Fällen selbst gefährden.
die offensive Aufklärung *aller* Bürger und Verkehrsteilnehmer, daß ein Fahrrad ein Fahrzeug ist, das auf die Fahrbahn gehört, auch wenn dies kraftfahrenden Mitbürgern gegenüber unpopulär erscheint.
Ich bin gespannt, ob und was es für Antworten gibt. Ich werde berichten.
Auch und besonders in der Annahme, daß ich nicht immer richtig liege, lege ich sehr viel Wert auf die Meinung meiner Leser. Bitte kommentiert, korrigiert oder werdet selbst aktiv! Hier in den Kommentaren oder privat per e-mail. Jedes Feedback -ob positiv oder negativ- ist ausdrücklich erwünscht! Und: teilt! Nutzt Netzwerke, postet diesen Artikel, verlinkt ihn, macht ihn öffentlich! Ich bin der festen Überzeugung, daß öffentlicher Druck das einzige ist, das die Verantwortlichen endlich zum längst überfälligen Handeln zwingt!
Um festzustellen, was die prekärsten Situationen für Radfahrer sind, in denen es zu schweren Unfällen kommt, muß man noch nicht einmal selbst auf dem Fahrrad unterwegs sein. Einen ersten Eindruck kann man sich schon vom Bürosessel aus verschaffen, über die Website des „Expertenkreises Velo2010„, der sich dem Thema „Mehr Sicherheit im Radverkehr“ verschrieben hat. Dort gibt es eine Übersicht über die schweren Fahrradunfälle in Köln, sogar mit Fotos.
Über die Vielzahl der Rechtsabbiegerunfälle, oftmals durch die Benutzung von (benutzungspflichtigen!) „Radwegen“ verursacht, hatte ich kürzlich schon einen kleinen Artikel geschrieben. In den Velo 2010 Unfallberichten gibt es zum Schluß der Meldung meist ein „bon mot“, wie der Unfall hätte vermieden werden können. Daß sich damit in der Vergangenheit nicht grad mit Ruhm bekleckert wurde, sollte nicht erst seit der makabren Meldung auf Velo 2010 vom 19.8.2008 , als ein Radfahrer (vorschriftsmäßig auf einem “Radweg” unterwegs) von einem LKW tot gefahren wurde, klar sein: “Der LKW-Fahrer war nach eigenen Angaben angeschnallt. Der Radfahrer trug keinen Fahrradhelm”.
Neu ist nun aber, daß in der Schuldzuweisung am Ende einer Meldung darauf hingewiesen wird, daß man im Straßenverkehr als Radfahrer de facto keine Rechte hat. In der Unfallmeldung über einen Rechtsabbiegerunfall an der Richard-Wagner-Straße am 18.5.2012 (rechtsabbiegender LKW übersieht die auf dem „Radweg“ vorfahrtsberechtigt geradeausfahrende Radfahrerin und schleift sie mit) heißt es schließlich ganz offen:
Auch Radfahrer sollten an Kreuzungen auf abbiegende Fahrzeuge achten und zu ihrer eigenen Sicherheit auf ihren Vorrang verzichten!
Das heißt auf gut deutsch also „selbst Schuld„!
Der adfc Köln ist übrigens Mitglied im „Expertenkreis Velo 2010“ und steht somit für solche Aussagen, die hier auch in seinem Namen getätigt werden! Ich schlage -übrigens als adfc Mitglied- dem adfc vor, diesen „Expertenkreis“ zu verlassen, wie das der AStA übrigens schon vor Jahren getan hat.
Im Gastartikel von Martin Anderseck vom 3. März 2012 wurde die Situation an der Neusser Straße, Höhe Wilhelm-Sollmann-Straße ja bereits erläutert. Reaktionen aus dem Amt für Straßen und Verkehrstechnik gab es bisher –selbstverständlich ist man geneigt zu sagen- nicht.
Allerdings haben sich mittlerweile fast alle politischen Parteien zu Wort gemeldet und eindeutig und ausnahmslos deutlich gemacht, daß das dortige Fahrbahnverbot für Fahrräder nicht aufrecht zu halten ist!
Besonders die Plakatierung der GRÜNEN (Fahrradfahrerpartei!?), die eine Benutzung dieses „Radweges“ weit über die einfache Unzumutbarkeit hinaus auch noch schlicht unmöglich macht (es sei denn, man ist Einradfahrer aus dem Zirkus Roncalli o.ä.), zeigt eindeutig, daß hier von politischer Seite aus gefordert wird, daß Fahrräder dort fahren sollen, wo sie sicher sind und entsprechend hingehören – auf der Fahrbahn.
Ich möchte alle Parteien bitten, diese Handhabe bei den nächsten Wahlen gerne auch noch auf „Schutzstreifen“ und ähnliche vermeintlich sichere „Räume für Radfahrer“ auszuweiten. Vielen Dank!
… so heißt ein ziemlich alberner Film mit Tom Gerhardt und Hilmi Sözer als Kölner Polizisten. Manchmal wünsche ich mir die beiden mal auf Kölns Straßen. Ich kann mir durchaus vorstellen, daß die teilweise mehr verstehen, als ihre Pendants in der realen Welt.
Eigentlich wollte ich zwingend mal einen lobenden Artikel über die Kölner Polizei schreiben, aber mögliche Gründe dafür sind derzeit ziemlich rar. Vor zwei Wochen, beim Critical Mass Nightride, sprach unseren Verband an der Ampel ein Beamter aus seinem Fahrzeug heraus an und die Befürchtung, daß er irgendetwas zu meckern hätte, zerstreute er direkt mit den Worten „Passt gut auf Euch auf, es sind Hells Angels unterwegs, das sind böse Jungs“ um mit den Worten „Gute Fahrt noch und nen schönen Abend“ den Smalltalk zu beenden. Der war lustig und locker und freundlich drauf. Ist aber irgendwie keinen eigenen Artikel wert, so ein kurzes, nettes Gespräch an der Ampel.
Die beiden Polizisten gestern passten dann leider wieder in die Kategorie „irgendetwas müssen wir denen doch anhängen können„.
Der Critical Mass Ride war eigentlich so ziemlich vorbei, wir waren eine gute Stunde durch Köln gefahren und dabei -wie immer- StVO-konform unterwegs gewesen. So fuhren wir mit ca. 80 Fahrradfahrern für alle anderen Verkehrsteilnehmer erkennbar als geschlossener Verband in Zweierreihen auf der Fahrbahn. Ein geschlossener Verband gilt als ein Fahrzeug, weswegen für den kompletten Verband an Ampelkreuzungen das Lichtzeichen gilt, das am Anfang des Verbandes zu sehen war. Einfacher ausgedrückt: springt die Ampel auf „rot“ um, fährt der komplette Verband zügig weiter. Daß dies vielen anderen Verkehrsteilnehmern nicht bewußt ist und viele Menschen eben nicht alle Regelungen der StVO kennen, ist einzusehen, weswegen Kreuzungen üblicherweise dann auch von ausscherenden Fahrradfahrern links und rechts abgesichert werden. Dies funktioniert hervorragend und das als „Dankeschön“ zu verstehende freundliche Handzeichen, daß die motorisierten Verkehrsteilnehmer nach Passieren des Verbandes von den Absperrenden bekommen, wird meist verstanden und auch oft mit einem Lächeln oder Kopfnicken beantwortet. Da wird der ein oder andere sicher abends mal Google anwerfen und eine freiwillige Nachhilfestunde mit den Worten „Wieder was gelernt“ beenden. Man kann schließlich nicht alles wissen.
Man sollte aber alles wissen, wenn man es sich als Ordnungshüter anmaßt, eine nach StVO fahrende Gruppe anzuhalten (Kölner Ringe, Höhe Rudolfplatz) und dann von allen 80 die Ausweise zu verlangen, auch wieder mit der Aussage „den müssen sie immer bei sich tragen“ (es gibt in Deutschland immernoch keine Mitführpflicht, auch wenn Polizisten das anscheinend gerne von sich geben). Die Frage „Was wird uns eigentlich vorgeworfen und warum werden wir hier festgehalten?“ beantwortete der Beamte (wie erwartet) mit „sie sind bei ‚Rot‘ über die Ampel gefahren„. Da habe ich anfangs noch Verständnis für, würde sich der Ordnungshüter wenigstens willig zeigen und die (noch freundlich) angebotene schnelle Recherche per Smartphone annehmen. Nein, sowas wird mit den Worten „das ist hier eine polizeiliche Maßnahme!“ abgecancelt und auch ein weiterer Vorwurf wird schnell gefunden (aufgemerkt!) „Sie sind zu nah an einem Streifenwagen vorbei gefahren!“
Nochmal zum mitlesen und -denken: „Sie sind zu nah an einem Streifenwagen vorbei gefahren!„. Wo genau dieses Vergehen in der StVO (oder sonstwo) erläutert wird, vermochte der Beamte nicht zu sagen, aber „ich kenne die Straßenverkehrsordnung ganz genau“ behauptete er mehrmals. Übrigens, das was der Beamte uns da vorwarf, war genau genommen eine Ordnungswidrigkeit seinerseits: der geschlossene Verband wechselte (wegen eines verkehrswidrig haltenden Kfz) die Spur und der Polizeiwagen fuhr in den Verband hinein, was er selbstverständlich nicht darf, da der Verband als ein Fahrzeug zu behandeln ist. Man fährt ja schließlich auch nicht in einen Lastzug hinein, wenn der die Spur wechselt.
Es ging aber noch weiter und auch von Seiten der Fahrradfahrer wurde der Ton langsam etwas verschärft, wir wurden nun immerhin schon eine Viertelstunde ohne jeden Grund festgehalten und die Beamten zeigten keinerlei Willen zur Kooperation. Mehrere Videokameras liefen schon während der Tour (also sind auch der vermeintliche „Rotlichtverstoß“ und der Spurwechsel in Bild und Ton dokumentiert) und natürlich hatten in der Zwischenzeit Dutzende Menschen Ihre Smartphones gezückt und machten Fotos und Videos. Selbst die Taxifahrer am anliegenden Taxistand, die wegen der „polizeilichen Maßnahme“ nicht ihre Arbeit verrichten konnten, weil wir sie blockierten (blockieren mussten, sorry!), machten fleißig Fotos.
„Ich untersage Ihnen, mich zu filmen – zeigen Sie mir Ihren Ausweis„, sagte die Polizistin zu einem Fahrradfahrer, der neben mir stand und -für jeden ersichtlich- eine Helmkamera trug. Die Begründung für die Ausweiskontrolle war „ich möchte wissen, wer mich filmt“ und „das dürfen sie nicht„. Ja, ich kann das verstehen, daß die Polizisten sich nicht filmen lassen wollen, das könnte ja schließlich alles irgendwie gegen sie verwendet werden. Ganz so einfach ist es aber nicht, denn durch das BVwG (Urteil vom 28. März 2012, Aktenzeichen 6 C 12.11) ist es mittlerweile höchstrichterlich entschieden, daß ein Fotografierverbot nicht gilt – hier wird das ganz gut erklärt. Aber man kann es mit der Einschüchterungstaktik ja mal versuchen – ich bin mir sicher, bei nicht ganz so versierten Einzelpersonen klappt das auch weiterhin ganz wunderbar, Glückwunsch!
Die Polizistin hatte mittlerweile die Zentrale angefragt, „um das zu klären“ und so mußten wir weiter warten. Das ist schon kurios, Verkehrsteilnehmer werden also festgehalten, um mit der Zentrale zu klären, ob sie vielleicht eine Ordnungswidrigkeit begangen haben? Kurios! Unter den Augen der Polizisten überfuhren übrigens ca. 15 Kfz die doppelt durchgezogene Linie, gefährdeten gar den Gegenverkehr und es wurden mehrere Rotlichtverstöße begangen – keine Reaktion seitens der Beamten!
Irgendetwas mußten sie doch finden, also wurden schließlich noch die letzten Register gezogen: „das ist hier ein Verstoß gegen das Versammlungsgesetz!“ warf der männliche Beamte uns vor. Unter lautem Gelächter erklärten wir ihm, daß wir die „Versammlung“, die ER ja zu verantworten hat, sehr, sehr gerne auflösen würden, würde er uns nur lassen. Aufgepasst, liebe motorisierten Verkehrsteilnehmer, solltet ihr demnächst mal auf dem Weg zur Arbeit im Stau stehen oder in eine Verkehrskontrolle kommen – es könnte Euch jemand einen Verstoß gegen das Versammlungsgesetz vorwerfen!
Die ganze Sache kam dann doch zu einem unspektakulären Ende. Die insgesamt recht unfreundliche Polizistin bekam einen Anruf und wünschte uns dann -mit einem verkrampften Lächeln- eine „Gute Weiterfahrt„. Da hat also in der Zentrale jemand in der StVO nachgeschaut. Das hätten die Beamten alles wesentlich früher haben können.
Auf die Frage „Herr Wachtmeister, wäre da jetzt nicht mal ne Entschuldigung fällig, dafür, daß sie 80 Leute zu Unrecht eine knappe halbe Stunde aufgehalten haben?“ antwortete der Polizist nur „Ich habe ja gedacht, ich wäre im Recht, da muß ich mich ja wohl nicht für entschuldigen!„. Das spricht eigentlich Bände.
Achso, die ganzen Videoaufnahmen von dem Vorfall werden sicherlich NICHT bei youtube & co landen, liebe Beamten, denn WIR sind ja keine Arschlöcher!