Mit dem Fahrrad in und um Köln

Ein Watchblog für Kölner Radverkehrspolitik

Mit dem Fahrrad in und um Köln header image 2

Strassenspass!

März 3rd, 2012 · 11 Kommentare

Schon vor einiger Zeit habe ich die Möglichkeit, in diesem Blog einen Gastbeitrag zu schreiben, kommuniziert. Bei diesem Artikel handelt es sich um einen Gastbeitrag von Martin Anderseck.

Wie alles begann:
Am 18. August 2011 schrieb ich dem Amt für Straßen und Verkehrstechnik Köln eine E-Mail, in der ich mich darüber wunderte, dass auf dem Fuß-/Radweg an der Neusser Straße in Höhe Haltestelle Wilhelm Sollmann-Straße eine weiße Trennlinie aufgemalt wurde. Das passt zwar zum Zeichen 241 (getrennter Fuß-/Radweg), allerdings wird damit der von Marco Laufenberg bereits am 9. September 2009 kritisierte Zustand nur weiter verschärft. Konnte man bislang um die Lichtmasten herumfahren, wird es nun ordentlich eng, weil man die Trennlinie zum Gehweg ja nicht überfahren darf. Ich fragte, wie sich das Amt die angeordnete Benutzung vorstellt und gab gleichzeitig Hinweise, wie man die Situation verbessern könnte.

"Radweg" Neusser Straße

Wenige Tage später bekam ich von Herr Klein aus dem Büro des Fahrradbeauftragten eine Mail, dass mein Anliegen an die zuständigen Kollegen weitergeleitet worden sei. Und damit war’s das auch erst mal.

Am 12. September 2011 schrieb ich eine kurze Nachfrage an Herr Klein, das Straßenamt in Kopie, ob er mir die Kontaktdaten der zuständigen Kollegen geben könne, so dass ich dort noch einmal nachhaken kann. Keine Reaktion.

Am 20. September 2011 schrieb ich noch einmal eine umfangreichere Mail zu diesem Punkt ans Amt für Straßen und Verkehrstechnik in Köln und setzte den Landesbetrieb Straßenbau NRW in Kopie für den Fall, dass dieser an der Bundesstraße 9 befindliche Radweg wider Erwarten in deren Zuständigkeit fallen sollte. Straßen NRW hat nach 1-2 Tagen meinen Verdacht bestätigt und mein Anliegen noch einmal ans Amt für Straßen und Verkehrstechnik in Köln gerichtet. Nichts geschah.

Am 6. Oktober 2011 wagte ich den nächsten Anlauf, indem ich nun neben meinem Anliegen auch meinen Unmut über den Umgang mit eigentlich sinnvoll und nett gemeinten Hinweisen zum Ausdruck brachte. Wer hätte’s erwartet: Nichts geschah.

Ich hatte mich anfangs der Illusion hingegeben, man könnte mit zivilisierten Worten in den Dialog kommen. Na gut, wer nicht will…

Platz für alle?

Am 3. November 2011 griff ich zu härteren Mitteln: Ich erbat die Einsicht in die Anordnung der Radwegebenutzungspflicht an der Stelle nach dem Informationsfreiheitsgesetz des Landes NRW. Diese Anfrage muss binnen 30 Tagen beantwortet werden. Die Mail ging ans Amt für Straßen und Verkehrstechnik und ans Team des Fahrradbeauftragten. Vom Straßenamt bekommt man dabei übrigens grundsätzlich eine Eingangsbestätigung. Ausreden gelten da also nicht. Und wer hätte’s gedacht: Nix passierte.

Zwischendurch fand der dritte Kölner Radverkehrstreff statt, auf dem ich explizit gegenüber dem versammelten Gremium noch einmal auf die in Kürze ablaufende Frist hinwies, mindestens eine weitere Mail zu einem anderen Thema mit einer Erinnerung drin ging an den Fahrradbeauftragten. Egal.

Am 5. Dezember 2011 schrieb ich dem Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit (LDI) und schilderte die Situation. Dieser machte sich umgehend in die Spur und schrieb der Stadt eine Nachhilfe in Sachen Informationsfreiheitsgesetz. Und dann geschah erst mal wieder nichts.

Bis… ja bis ich am 29. Dezember 2011 einen Anruf von Herr Klein bekam. Es sei alles beim Team des Fahrradbeauftragten hängen geblieben, sie seien dafür verantwortlich. Von Herr Harzendorf, dem Amtsleiter, hätte ich schon einen Brief daheim (der kam erst, nachdem ich zu Weihnachten weggefahren war) usw. usf. Schließlich sagte er, er müsse dem LDI nun auch zurückmelden, wie wir weiter verfahren, ob ich trotz Brief und guter Worte noch Akteneinsicht nehmen wolle. Ja, sagte ich, klar, da sei ja so viel im Argen, dass ich das gern mal schriftlich haben wollen würde. Im neuen Jahr sollte dies in Angriff genommen werden, sprach er als Ergebnis. Und dann geschah erst mal nichts.

Am 17. Januar 2012 erwartete ich, dass soweit alle aus dem Weihnachts- und Neujahrsurlaub zurück sein dürften und wagte einen erneuten Vorstoß. Ich fragte Herr Klein, ob denn da noch etwas komme oder ob ich dem LDI zurückmelden muss, dass es doch nicht so läuft, wie angekündigt. Noch am selben Tag erhielt ich von Frau Schmitz, die offensichtlich für den Kölner Norden zuständig zu sein scheint, die Rückmeldung, dass die Akten sehr umfangreich seien, sie bislang noch nichts gefunden habe, sie aber ihre Bemühungen aufs Aktenarchiv ausdehnen werde. Ich wähnte mich auf der Zielgeraden zur Akteneinsicht. Eine Woche später fragte ich aber sicherheitshalber noch mal nach. Die 30-Tagefrist des IFG war nun selbst, wenn man den 29.12.2011 als Anfangsdatum nehmen würde, wieder mal fast um.

Und tatsächlich: Nur wenige Tage nach Überschreiten dieser inoffiziellen Frist erhielt ich am 8. Februar 2012 eine Auskunft. Allerdings eine, mit der ich nicht gerechnet hatte: Der Straßenverkehrsbehörde liegt die verkehrsrechtliche Anordnung der Radwegebenutzungspflicht an dieser Stelle nicht mehr vor! Der Radweg sei Mitte der 1980er Jahre auf Beschluss der Bezirksregierung Nippes angelegt worden, die Anordnung erfolgte damals im Rahmen der Baumaßnahme. Da aber Akten nach der Schriftgutordnung in Köln nur 20 Jahre lang aufbewahrt werden müssen, gibt es diese nun nicht mehr. Ups! Dort liegt also ganz offensichtlich eine qualifizierte Gefahrenlage vor, die durch eine Fahrt durch Ampel- und Lichtmasten kompensiert werden soll, aber keiner kann nun mehr sagen, welche Gefahr das ist. Wie passt das zur Aussage von Herr Harzendorf (u.a. beim zweiten Kölner Radverkehrstreff), dass nach der Novelle vom 1.10.1998 alle Radwege in Köln (unzureichend aber immerhin) auf ihre Breite hin überprüft wurden? Wenigstens davon müsste es doch Akten geben?

Zusatzpunkte für die Stadt gab’s auch noch: Das Verkehrszeichen ist während dieser Geschichte irgendwann im November, als ich morgens dort vorbei kam und schaute, ob sich nicht doch was getan hat, verdreht gewesen, so dass man es kaum noch sehen konnte. Sollte mir recht sein, war aber sicher nicht von der Stadt initiiert. In der abschließenden Mail von Frau Schmitz sicherte sie mir zu, dass dieser Radweg dort nun vorrangig auf die Rechtmäßigkeit der Benutzungspflicht hin geprüft werden solle. Ich antwortete, dass das nicht dringend nötig sei, weil das Schild eh verdreht sei. Es dauerte keine Woche und das Schild stand wieder so wie ursprünglich. Ich fragte noch einmal bei Frau Schmitz an, ob die Prüfung nun durch sei und wie die Gefahr lautet, die sie ergeben hat. Die Antwort kam diesmal prompt und lautete sinngemäß so: Mein Hinweis wurde aufgenommen und das Schild wurde wieder richtig montiert, da ja die Anordnung nicht aufgehoben wurde, sondern wegen der abgelaufenen Frist nur nicht mehr aufbewahrt wurde. Bis zur Prüfung bleibt die bisherige Verkehrssituation bestehen.

Slalomstangen ...

Ach ja: Laut dem Vorweihnachtsschreiben von Herr Harzendorf vom 21.12.2011 werden die störenden Lichtmaste dieses Jahr im Rahmen der Fahrbahnsanierung versetzt werden. Das Team des Fahrradbeauftragten überplane derzeit die Radverkehrsanlage. Unklar war zum Zeitpunkt des Briefes (und sicherlich auch jetzt) jedoch noch, ob die Radwegebenutzungspflicht in diesem Straßenabschnitt aufgehoben werden kann. Richtig müsste es an dieser Stelle lauten: „Es steht noch nicht fest, ob dann eine Radwegebenutzungspflicht nötig sein wird.“

Wenn derartige Wege benutzungspflichtig sind und wenn so Radverkehrspolitik aussieht, dann braucht man sich nicht wundern, wenn Radfahrer dem Klischee entsprechen und eben einfach so fahren, wie sie am besten durchkommen.

Share Button

Tags: Allgemein · Fahrradbeauftragter · Kommunikation · Radwege

11 Antworten bis jetzt ↓

  • 1 Roland Brühe // Mrz 4, 2012 at 01:08

    Es ist wirklich furchtbar, wie die Verwaltung (um die beteiligten Personen mal zu institutionalisieren) mit den Anregungen, Vorschlägen und Forderungen ihrer Bürgerinnen und Bürger umgeht. Eigentlich sollte man ja denken, dass es positiv aufgenommen werden könnte, wenn Vorschläge zur Verbesserung der Sicherheit von Verkehrsteilnehmern geäußert werden. Aber wahrscheinlich ist es vielmehr so, dass derartige Einbringungen das in sich geschlossene System „Verwaltung“ eher irritieren und deshalb Störfälle darstellen. Auch ich habe ähnliche Erfahrungen mit Anschreiben an den Fahrradbeauftragten und das Amt für Straßen und Verkehrstechnik gemacht – wenngleich ich nie so hartnäckig wie Du geblieben bin.

    Die Frage ist nun, was außer weiterer schriftlicher Kommunikation (per Post an die Verwaltung oder per Veröffentlichung über Blogs) getan werden könnte. Was bleibt einem Bürger denn an weiteren (legalen) Möglichkeiten? Demonstrationen werden kaum eine Wirkung auf die eigentlich Angesprochenen entfalten. Massenpostkarten an das Amt werden wohl eher zu Stempelverschleiß als zu Umdenken oder Kommunikation führen. Und Lobbyarbeit für einen vernünftigen Fahrradverkehr bekommt ja selbst der ADFC noch nicht einmal richtig wirkungsvoll hin. Ich weiß es auch nicht, und das lässt mich manchmal ohnmächtig fühlen (was kein gutes Gefühl ist).

    Deutlich ist für mich jedenfalls, dass die vielen warmen Worte von Seiten der Stadt über die „Förderung des Fahrradverkehrs“ recht hohl wirken, wenn man die fehlende bzw. misslingende Orientierung am Dialog mit dem Bürger betrachtet. Das Paradigma lautet vielleicht – angelehnt an Archimedes Ausruf – „Störe meine Kreise nicht“; nur, dass die Stadt hier nicht als Entwickler besonderer Fahrradverkehrskonzepte eingestuft werden kann und der derob kommunikationsbedürftige Bürger keinen römischen Soldaten darstellt, der den Ausrufenden erschlagen könnte. Die Machtverhältnisse sind andere…

  • 2 “Störe meine Kreise nicht!” – Stadtverwaltung und Bürgeranfragen « Alltag eines Radfahrers // Mrz 4, 2012 at 01:23

    […] weiße Linie auf einem getrennten Rad- und Fußweg. Martin schildert seine Erfahrungen in einem Gastbeitrag auf Marco Laufenbergs Blog. Die Lektüre sei hiermit […]

  • 3 siggi // Mrz 4, 2012 at 10:27

    Wenn es aber darum geht Radwegbenutzungspflichten anzuordnen, dann sind sie schneller.
    http://www.siggis-seiten.de/Aktion01.jpg
    http://www.siggis-seiten.de/Aktion02.jpg
    http://www.siggis-seiten.de/Aktion03.jpg
    Die Bilder zeigen eine Fahrradkotrollaktion auf de Mülheimer Brücke.
    Mich hielt man damals an weil ich auf der Fahrbahn fuhr. Als ich mir dann von den Polizeibeamten die Radwegschilder zeigen lassen wollte, war man überrascht, dass man Keine fand – wie peinlich.
    Doch . O WUNDER, eine Woche später hingen die Schilder.
    Wenn es doch beim Abschildern genau so schnell ginge.

  • 4 siggi // Mrz 4, 2012 at 21:35

    @Roland
    Du fragst dich was man noch tun kann.
    Da kann ich nur sagen, dass man nichts erreicht so lange es so weiter läuft wie es die letzten 15 Jahre gelaufen ist.
    Das Beispiel mit diesem Radweg hier zeigt es ja ganz deutlich.
    Hier weigert sich eine Stadtverwaltung beharrlich die Benutzungspflicht für einen illegalen Radweg aufzuheben.
    Was würde geschehen wenn hier z.B. ein Radfahrer gegen einen Mast fährt und zu Tode kommt. RICHTIG – NICHTS.
    Die Polizei würde vermelden, dass ein Radfahrer aus ungeklärter Ursache gegen einen Mast gefahren ist , dass er weder Helm noch Warnweste trug u.s.w..

    Nun stelle sich man das Ganze mal 1:1 auf einer Fahrbahn vor.
    Ein Stadtverwaltung weigert sich beharrlich die, mitten auf der Fahrbahn aufgestellten, Masten zu entfernen.
    Was würde geschehen wenn dann z.B. ein Autofahrer gegen einen Mast fährt und tödlich verunglückt? RICHTIG – Die Staatsanwaltschaft würde gegen den oder die Verantwortlichen der Stadtverwaltung ein Ermittlungsverfahren einleiten.

    Genau darin liegt das Problem.

  • 5 hamburgize // Mrz 5, 2012 at 20:18

    Wäre ich in Köln, würde ich dort auf der Fahrbahn fahren . . . 😉

  • 6 Martin // Mrz 5, 2012 at 21:23

    @hamburgize: Klar fahre ich dort auch auf der Fahrbahn, gar keine Frage. Wenn ich mich korrekt im Straßenverkehr verhalten soll, erwarte ich das aber auch von der Straßenbaubehörde. Deswegen hätte ich’s nicht zuletzt bei einem so eindeutigen Fall gern auch offiziell. Und wenn man sieht, unter welchen Umständen dort das Schild hängt, traut man sich eigentlich auf gar keinen (Kölner) Radweg mehr drauf…
    @siggi: Dein Kommentar fasst es perfekt zusammen, danke!

  • 7 hamburgize // Mrz 5, 2012 at 21:50

    „Fahrradfreundlichkeit“ in Deutschland – ein Beispiel aus Köln

  • 8 Starke Nerven required: Radwege in Köln | *Talradler // Mrz 6, 2012 at 09:15

    […] einem sehr lesenswerten Artikel über einen Kölner “Radweg” schildert Martin Anderseck seine Erfahrungen mit der Kölner Verwaltung. Das Video vermittelt einen […]

  • 9 Shining Raven // Apr 11, 2012 at 23:50

    Das Thema ist ja jetzt schon etwas älter, trotzdem noch eine Anmerkung: Die Schilder da sind damit ja wohl unbeachtlich, weil nichtig. „Nichtig“ ist bei Verwaltungsakten die stärkste Form der „Falschheit“ und der einzige Fall, in dem sie sofort nicht mehr anwendbar sind.

    Konkret: Ein Schild ist die Bekanntgabe eines Verwaltungsaktes der zuständigen Straßenverkehrsbehörde. Wenn der Verwaltungsakt (z.B. Anordnung einer Radwegbenutzungspflicht) rechtswidrig ist, dann kann ein Gericht Verwaltungsakt und Schild kassieren, bis dahin ist aber auch ein rechtswidrig aufgestelltes Schild zu beachten.

    Wenn es jetzt aber gar keinen Verwaltungsakt gibt, und man das auch weiss, dann ist das Schild unbeachtlich, denn ihm fehlt jede Grundlage. Schilder, die aufgestellt sind, obwohl sie nicht von der zuständigen Behörde angeordnet sind, sind nichtig.

    In diesem Fall kann man daher einfach die Schilder ignorieren….

    Wenn da jetzt (neu!) eine Radwegbenutzungspflicht angeordnet wird, dann kann man das natürlich gleich angreifen. Und nach der aktuellen VwV-StVO dürfte der Radweg nie und nimmer benutzungspflichtig werden…

    Auf jeden Fall eine tolle story….

  • 10 Wahl-O-Mat – Strassenspass reloaded! // Mai 10, 2012 at 15:24

    […] Gastartikel von Martin Anderseck vom 3. März 2012 wurde die Situation an der Neusser Straße, Höhe Wilhelm-Sollmann-Straße ja bereits erläutert. […]

  • 11 toni // Mai 11, 2012 at 22:50

    Wahrscheinlich hat Jürgen Roters von der SPD höchstpersönlich diesen Schwachsinn an der Stelle angeordnet? Oder was es der Streitberger von der CDU? Naja, vielleicht ja auch eine von den anderen Blockparteien.

Hinterlasse ein Kommentar