Mit dem Fahrrad in und um Köln

Ein Watchblog für Kölner Radverkehrspolitik

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Demo und Petition: Benutzungspflicht aufheben! #ringfrei

15. Oktober 2015 · 45 Kommentare

Zugegeben, ich bin etwas spät dran, denn die Demo fand bereits statt – am Mittwoch, den 7. Oktober 2015. Dass es in diesem Blog  darüber im Vorfeld nichts zu lesen gab, ist hauptsächlich der Tatsache geschuldet, dass ich beruflich grad ganz ordentlich unterwegs bin (so schreibe ich just in einem Berliner Hotelzimmer und an igendwelchen Flughafengates) und außerdem am Tag der Demo durch eine Erkältung so dermaßen dahingerafft war, daß ich an meinem freien Abend dringend einen Teeabend auf dem Sofa benötigte. Sonst hätte ich übrigens auf der Kundgebung auch noch ein paar Worte sprechen sollen. Gesundheit und Erholung gehen vor. Gottseidank bin ich -regelmäßigem Sport sei Dank- sonst eher selten mal krank (und auch wieder recht fit). Shit happens.

Der Grund für die Demo waren hauptsächlich die gehäuften Unfälle unter Beteiligung von Radfahrern mit (rechts)abbiegenden Kraftfahrzeugen in den letzten Wochen. Entsprechend war der Treffpunkt des Aufzuges auch die Kreuzung Hohenstaufenring/Beethovenstraße, an der eine Frau schwer verunglückte, als sie auf dem dortigen „Radweg“ von einem rechtsabbiegenden Kraftfahrzeug „übersehen“ wurde, weil sie im „Toten Winkel“ fuhr. Kein Wunder, befindet sich doch der dortige (völlig unzureichende, baulich gegen alle Regeln und Gesetze vestoßende, sich in einem erbärmlichen Zustand befindende) „Radweg“ schlicht im „Toten Winkel“. Wie den Verantwortlichen in Stadtverwaltung, Polizei und Politik auch sehr wohl bekannt ist.

Geladen zur Demonstration hatten u.a. -und das ist sehr bemerkenswert- der Kölner ADFC, der VCD, Die GRÜNEN und Deine Freunde. Und tatsächlich, was ich vor nicht all zu langer Zeit noch nicht für möglich gehalten hätte, es wurde (und wird) klar gefordert: Aufhebung der Radwegebenutzungspflicht an den Ringen und mehr noch: Tempo 30 und Aufhebung der Radwegebenutzungspflicht in ganz Köln! Aus dem ADFC als reiner Radfahrclub ist binnen 2-3 Jahren eine ernstzunehmende und durchaus laute und konstruktive Radfahrerlobby geworden! Gut so! Weiter so!

Laut Presse waren rund „200 Teilnehmer“ vor Ort, laut Veranstalter waren es allerdings (gezählt) rund 380, die dann zu einer Kundgebung auf dem Heumarkt zogen. Unschön, daß die Polizei die Gelegenheit wahrnahm, kurz vorher noch an exponierter Stelle Radfahrer zu kontrollieren und zu Beginn des Demonstrationszuges Augenzeugenberichten nach auch einzelne Teilnehmer ohne Grund und vor allem ohne Rücksicht und unter Mißachtung von Persönlichkeitsrechten filmte. Hier ist es dringend nötig, die ausführenden Beamten und die befehlenden Vorgesetzten nachzuschulen und angemessen zu sanktionieren!

Die Anzahl der Demonstrierenden (das Wetter war nicht gut und die Demo war recht kurzfristig angesetzt) ist meines Erachtens aber nicht ausschlaggebend für einen Erfolg. Die Presse berichtete (und berichtet) schnell (noch abends), auffallend objektiv und nachhaltig. Dies sorgt sicherlich für Öffentlichkeit und für den richtigen Druck auf die Verantwortlichen.

Auch aus der Politik gibt es Zeichen, so wurde tatsächlich eine Petition zur Aufhebung der Radwegebenutzungspflicht eingerichtet (und selbstverständlich fordere ich alle meine Leser auf, dort zu unterzeichnen, das haben in diesem Moment schon über 1300 Menschen getan!) und es wird einen entsprechenden Antrag im Beschwerdeausschuß geben.

Anscheinend gab es aber niemanden, der aus dem, dem Kundgebungsort naheliegenden, Rathaus mit den Teilnehmern sprechen wollte oder konnte. Immerhin hatte der Oberbürgermeisterkandidat der SPD, Herr Ott, auf Facebook zur Demo eingeladen, obwohl seine Partei für die Misere der Kölner Radverkehrspolitik maßgeblich verantwortlich ist und seine diesbezüglichen Aussagen für die Zeit nach seiner möglichen Wahl keine sonderliche Besserung erahnen lassen. Herr Ott war sogar anwesend, wie Frau Reker, die Gegenkandidatin von CDU/FDP/GRÜNEN, die die Veranstaltung auf Facebook ebenfalls teilte, auch.

Nachdem Joachim Schalke, einer der ADFC-Vorsitzenden, am Versammlungsort eine kurze Begrüßung aussprach, trug Christoph Schmidt, Verkehrspolitischer Sprecher des ADFC Köln, auf der abschließenden Kundgebung die Forderungen vor, die sich selbstverständlich im ADFC-Blog finden und die ich hier gerne wiedergebe:

Stoppt das Töten von Radfahrern!

Es liegt eine schlimme Woche hinter uns und es hört nicht auf.

– Am späten Montagnachmittag wurde in Porz-Ensen eine 42jährige Radfahrerin von einem Schwerlast-LKW überrollt und getötet.

– Die 33jährige Radfahrerin, die am Startpunkt unserer heutigen Demo an der Beethovenstraße von einem LKW erfasst und mehrere Meter mitgeschleift wurde, kämpft noch im Krankenhaus um ihr Leben.

– In Dünnwald wurde einem 73jährigen Radfahrer die Vorfahrt genommen. Auch er ist schwer verletzt.

– In Niehl wurde eine 38jährige Radfahrerin von einem mutmaßlich viel zu schnellem Rechtsabbieger erfasst und schwer verletzt. Hier war die Beschilderung so wirr, dass bis jetzt noch nicht feststeht, ob es sich um einen Zweirichtungsradweg handelte.

– Aber es trifft in unserer autogerechten Stadt auch Fußgänger. In der Bachemer Straße war eine 63jährige Frau, in stammheim ein Kind ein Unfallopfer.

– Aber auch in dieser Woche geht es weiter. Heute wurde an der Inneren Kanalstraße eine an einer Ampel auf dem Hochbord wartende Radfahrerin von einem Wohnwagen getroffen, der sich von einem Fahrzeug gelöst hatte und führerlos auf den Bürgersteig schlitterte.

Die in Ensen verstorbene Frau war der vierte Todesfall unter uns Radfahrern in diesem Jahr.

– Wir erinnern uns alle an den schrecklichen Tag im April, als zwei Radfahrer starben. Die 19jährige Miriam wurde Opfer eines Autorennens am Auenweg. Heranwachsende junge Männer messen sich im öffentlichen Straßenverkehr und zeigen keine emotionale Regung, außer es geht um die Unversehrtheit ihrer Alufelgen.

– Am gleichen Tag wurde ein Radfahrer an der Keupstraße von einer Bahn der KVB erfasst. „Radfahrer übersah Rotlicht“ vermerkte die Polizei in der Pressemitteilung. Ich habe die Unfallkommission der Stadt Köln um einen Vorort-Termin gebeten. Die rote Ampel war vom Radweg nicht einsehbar, es fehlte ein Andreaskreuz, Markierungen waren fehlerhaft. Aus unserer Sicht hatte der Radfahrer hier keine Chance.

– Und dann gab es den nächsten Raserunfall an der Aachener Straße. Wieder ein Rennen. Wieder junge Männer. Wieder wurde ein völlig Unbeteiligter getötet.

Die Polizei hat auf die Rennen reagiert und greift hier hart durch. Das befürworten und unterstützen wir auch. Aber sind es wirklich nur diese extremen Raser das Problem? Fängt es nicht schon bei kleineren Geschwindigkeitsübertretungen an? Warum werden Geschwindigkeitskontrollen angekündigt? Warum werden Schulterblicke und enge Überholabstände nicht kontrolliert?

Seit vielen Jahren fordern Kölner Radverkehrsverbände die Umsetzung von Maßnahmen zur Vermeidung von Rechtsabbiegeunfällen, doch leider passiert fast nichts.

In Köln werden Radfahrer an vielen Stellen auf völlig unzureichende Radwege gezwungen, die außerhalb des Sichtfelds der Kraftfahrzeugführer geführt werden. Man kann nur mutmaßen, aber der Unfall an den Ringen wäre höchstwahrscheinlich so nicht passiert, wenn die Radfahrerin auf der Straße gefahren wäre. Die Benutzungspflicht dieses Radwegs hätte bis zum Jahr 1998 längst durch die Stadt Köln aufgehoben werden müssen. In einem Rechtsstaat dürfen wir erwarten, dass endlich die seit 17 Jahren geltenden Gesetzesänderungen von der Stadt Köln umgesetzt werden. Durch die Radwegbenutzungspflicht an den Ringen und vielen anderen Stellen in Köln entstehen erst die gefährlichen Situationen.

Durch den Unfall am Ring wurde uns wieder schmerzlich vor Augen geführt, wie wichtig es ist, die Ringe auf eine Kraftfahrzeugspur zu reduzieren und den gewonnenen Platz – wie im Radverkehrskonzept geplant – dem Radverkehr zur Verfügung zu stellen. Ergänzend ist es zwingend erforderlich den vorfahrtsberechtigten Radfahrern einige Sekunden vor den Kraftfahrzeugen grün zu signalisieren. Dies erfolgt in Köln leider nicht, weil hier der Verkehrsfluss der Kraftfahrzeuge leider immer noch über die Sicherheit der Fußgänger und Radfahrer gestellt wird.

Viele Behörden auch in Köln unterliegen immer noch dem Mythos des sogenannten „Toten Winkels“, der heute nur noch aufgrund von Versäumnissen der Fahrzeugführer und –halter existiert. Durch die seit März 2009 auch für Altfahrzeuge EU-weit vorgeschriebenen Spiegel ist der tote Winkel ausgeleuchtet. Aber leider sind sie häufig nicht vorhanden oder nicht richtig eingestellt. Wir fordern von der Kölner Polizei, die Spiegelsysteme der LKW zu kontrollieren. Dies könnte beispielsweise an regelmäßigen Aktionstagen aber auch im polizeilichen Alltag erfolgen.

Über die lokalen Möglichkeiten in Köln hinaus, bestehen in Politik und Industrie große Versäumnisse. So besteht immer noch keine Verpflichtung zur Einführung von elektronischen Assistenzsystemen. Fahrerkabinen mit besserer Rundumsicht wurden gar von der EU aufgrund politischen Drucks und intensiver Lobbyarbeit verboten, um insbesondere den deutschen Herstellern mehr Zeit zu geben, ihre veralteten Fahrzeugkonzepte zu verkaufen.

Doch was können Politik und Verwaltung konkret tun?

– Kein Radweg in Köln entspricht den Vorschriften. Heben Sie die Benutzungspflichten aller Radwege auf.
– Schaffen Sie endlich eine grüne Welle für Radfahrer und geben ihnen an Ampeln einige Sekunden Vorsprung.
– Schaffen Sie bessere Sichtbeziehungen! Statt riesige Werbesäulen in die Kreuzungsbereiche zu bauen, ist vielmehr ein Rückbau erforderlich. Auch Parkplätze in Kreuzungsbereichen gehören abgeschafft.
– Schließen Sie die freilaufenden Rechtsabbieger. Entschleunigen Sie die Kreuzungen.
– Setzen Sie Tempo 30 in der ganzen Stadt um!
– Beim Bau von Schutzstreifen hören Sie endlich auf, die Dooring Zone als sicheren Fahrbereich zu markieren. Genau das ist er nicht!
– Setzen Sie das Radverkehrskonzept Innenstadt zügig um. Das meiste ist innerhalb von 3 bis 5 Jahren realisierbar. Das Konzept ist gut, aber ihr Zeitplan von 10 bis 20 Jahren ist lächerlich.

Wir haben in Köln 50 Jahre verfehlte Verkehrspolitik aufzuarbeiten.

Wir verlangen, dass zumindest die Kölner Behörden die notwendigen Maßnahmen nun endlich umsetzen, bevor die nächsten vermeidbaren Unfälle passieren.

Nur Radfahrer, die gesehen werden, sind sicher unterwegs.

Defintiv eine gute Rede, wie ich finde. Und bedenkt man kritisch die verkehrspolitische Positionierung des ADFC in der Vergangenheit, kommen solche Aussagen und Forderungen schon einer Revolution gleich. Ich hätte noch einen draufgesetzt und konkret Namen von Verantwortlichen genannt, hätte ich nicht verschnupft auf dem Sofa gesessen.

Die Kölner Polzei reagiert auch, morgen findet eine Informationsveranstaltung „Gefahrenradar Abbiegen“ statt, leider bin ich nicht in Köln, um zu schauen, ob das wieder so eine  dämliche PropagandaVeranstaltung wird, wie in 2012.

Man sieht also: es ändert sich was. Es ist zwar nur ein Anfang und noch ist nicht viel erreicht, aber was mir Mut macht, ist die Tatsache, daß sich immer mehr Menschen für die Aufhebung unsinniger und gefährdender Radwegebenutzungspflichten engagieren und das nicht mehr nur den „Freaks“ vorbehalten ist. Fühlt sich ein bisschen so an, als wäre das jahrelange, gebetsmühlenartige Erklären der Gefahren und rechtlichen Situation langsam erfolgreich. Dubioserweise haben die betreffenden Unfälle nämlich gar nicht wirklich zugenommen, sie werden jetzt nur von Öffentlichkeit und Presse viel eher wahrgenommen. Unsere Verwaltung, Polizei und Politik muß sich nun also wahrlich fragen (und verantworten!), wie lange sie das Töten von Radfahrern noch, ohne Konsequenzen zu ziehen, hinnehmen will.

Presseschau/Links:
ADFC-Blog zur Demonstration „Stoppt das Töten von Radfahrern
Report-K: „Radfahrer demonstrieren für mehr Sicherheit
KStA: „Diese Maßnahmen sollen Sicherheit der Radfahrer in Köln verbessern
KStA: „Demo in Köln – Radfahrer demonstrieren für mehr Sicherheit
Kölnische Rundschau: „Kundgebung in der Kölner Innenstadt – 200 Radfahrer demonstrieren für mehr Sicherheit
WDR Lokalzeit zur Petition #ringfrei vom 13.10.2015
KStA: „Petition will Radler vom Radweg auf die Straße bringen
Petition „Ring frei“ (bitte unterzeichnen!)
Plakat „Ring frei“ (zum Ausdrucken)
Unterschriftenliste „Ring frei“ (zum Ausdrucken und Auslegen)
Kölnische Rundschau: „Benutzungspflicht der Radwege auf beiden Seiten der Ringe aufheben

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→ 45 KommentareTags: ADFC · Allgemein · Innenstadt · Radwege

Kölner Polizei wertet Fahrradtour als Straftat!

24. September 2015 · 35 Kommentare

Am Mittwoch, den 1. Juli 2015 erhielt ich Post vom Staatsschutz.

Ich mußte also 45 Jahre alt werden, ein recht bürgerliches Leben mit Katze & Co, samt Mitgliedschaft im Kleingarten- sowie Radsportverein (eines Kölner Automobilbauers, übrigens), beliebt in der Nachbarschaft und integriert in meinem Viertel, führen, um tatsächlich doch noch -wenigstens für ein paar Tage- mal für einen potentiellen Staatsfeind gehalten zu werden.

Was wurde mir vorgeworfen?
Ich erhielt eine Vorladung „in der Ermittlungssache Verstoß gg. das Versammlungsgesetz vom 26.06.2015, (hier: Nichtanmeldung der Versammlung Critical Mass Köln)„, demnach wäre meine „Vernehmung/Anhörung als Beschuldigter erforderlich.“ Absender war die Kriminalinspektion ST ST2 Köln.

Was war passiert?
Nichts. Nun, zumindest so ziemlich nichts Außergewöhnliches. Ich bin Fahrrad gefahren, nach den gültigen deutschen Verkehrsregeln. Wie öfters -aber nicht immer- in den letzten 5 Jahren, bin ich am 26. Juni 2015, ab 17:30 Uhr, vom Rudolfplatz aus mit anderen Kölner Radfahrern die Critical-Mass-Fahrradtour gefahren. Knapp 1.000 Radfahrer fuhren zunächst ziemlich entspannt durch die Innenstadt, die Verkehrsregeln befolgend, friedlich und -nicht nur des tollen Wetters wegen- sehr, sehr gut gelaunt. Es gab schöne, skurrile und außergewöhnliche Räder zu bestaunen, Fahrradrikschas mit Touristen, die unsere schöne Stadt aus ganz neuer Perspektive entdecken konnten, Lastenräder mit Fotografen an Bord, die dauergrinsten ob der tollen Motive, die sich ihnen boten und sogar Livemusik wurde auf einer Rikscha gemacht! Was für ein Spaß, was für ein Ambiente! Was für ein tolles Gefühl! In den letzten 5 Jahren war es, hauptsächlich in den Anfangstagen, zwar dann und wann mal zu Diskussionen mit übermotivierten Polizeibeamten gekommen, die meinten wir würden ja irgendetwas Verbotenes machen, aber letztlich klärten sich auch diese eher unschönen Situationen relativ zeitnah auf. Als Fahrradfahrer auf Genusstour hat man ja immer mal ein paar Minuten Zeit und Muße, selbst wenn man -ungerechtfertigt- an der Weiterfahrt gehindert wird, darüber habe ich auch in diesem Blog dann und wann berichtet, z.B. hier („Die Superbullen“) und hier („Was machen sie hier?“). Diese unschönen Erlebnisse mit der Polizei waren schon eine Weile her, hatten sich am Ende (in unserem Sinne) aufgeklärt und ansonsten glänzte die Polizei entweder durch Abwesenheit oder aber sah nach einiger Zeit ein, daß wir nichts Verbotenes tun. Im Gegenteil, oft genug hörten wir von Beamten sogar Sätze wie „Das ist ja alles völlig ungefährlich, wir fahren mal weiter, schönen Abend noch“, nachdem sie uns eine Weile begleitet hatten. Bei weitaus höherer Teilnehmerzahl als bei den oben erwähnten Ausfällen, wohlgemerkt.

Nun, die Juni-Critical-Mass wurde dann doch noch etwas unentspannt. Andere sagen auch, sie wurde „lustig“. Irgendwann tauchten wohl jedenfalls Polizisten der (vermutlich) Polizeiinspektion 2 (Sülz) oder 3 (Ehrenfeld) auf (vielleicht auch ein Mix aus beiden Inspektionen), wobei letztere sich in Bezug auf Radverkehr in der Vergangenheit schon nicht grad mit Ruhm bekleckert hatten, die versuchten, von hinten in den Verband hineinzufahren. Ich fuhr recht weit vorne, ca. im vorderen Drittel und kann die Geschehnisse nur nach den Äußerungen direkt Beteiligter und der angefertigten Fotos und Videos beurteilen. Demnach fuhren die Beamten mit Kfz nicht nur in den geschlossenen Verband hinein, sondern sie versuchten auch, in recht waghalsigen Aktionen über Rad- und Gehwege (!) ohne Sondersignale oder sonstige Warnsignale, den Verband zu überholen, was natürlich alleine ob seiner Größe unmöglich war. Hierbei wurde ganz offensichtlich in Kauf genommen, daß Radfahrer inklusive Kinder (!), aber auch unbeteiligte Passanten gefährdet wurden, indem z.B. mit nur wenigen Zentimetern Abstand in hoher Geschwindigkeit an Hauseingängen vorbei gefahren wurde, etc.

Fahrt auf Bürgersteig - ohne Blaulicht (Foto: Paul Hense)

Fahrt auf Bürgersteig – ohne Blaulicht (Foto: Paul Hense)

 

Wer es nicht kennt, das Prinzip der Critical Mass ist denkbar einfach: Es wird -salopp gesagt- gemütlich durch die Gegend gefahren, indem derjenige, der vorne fährt, den Weg bestimmt. Es ändert sich natürlich permanent wer vorne fährt. Wohin es die Tour verschlägt, ist somit tatsächlich Zufall. Jeder fährt auf eigene Verantwortung mit und selbstverständlich gelten die Verkehrsregeln, die, statistisch gesehen, während einer Critical Mass von weitaus mehr Menschen eingehalten werden, als es sonst im Straßenverkehr der Fall ist. Und da bei der Critical Mass augenscheinlich viele zivilcouragierte Menschen mitfahren, werden Chaoten auf Fahrrädern meist freundlich aber bestimmt auf etwaiges Fehlverhalten hingewiesen – wie ich persönlich das im „normalen“ Straßenverkehr übrigens auch oft genug mache.

In jedem Fall: Die Polizei wollte scheinbar „etwas“. Allerdings wollte oder konnte sie das nicht zum Ausdruck bringen. Es gab keine Warnsignale, keine Lautsprecherdurchsagen, kein „Bitte folgen“ oder ähnliches. Stattdessen wurde „wilde Sau“ gespielt, Radfahrer abgedrängt und Kreuzungen abgesperrt, was dazu führte, daß die vorne Fahrenden sich zu kurzfristigen Richtungsänderungen, auch schon einmal durch einen Park (allerdings ausnahmslos immer über für Radfahrer freigegebene Strecken) entschieden. Ein Hase-und-Igel-Spiel sozusagen und -ja- das hatte teilweise durchaus die anfangs erwähnten „lustigen“ Züge. Zumindest war es reichlich skurril und hatte von motorisierter Seite ganz klar was von „Wilder Westen“. Da schienen es einige Menschen zu genießen, endlich einmal Gas geben zu können! Zum Verständnis: Bei den Teilnehmern der Critical Mass handelt es sich mitnichten um junge, adoleszente Randalemenschen, sondern es fährt ein solider Querschnitt durch die Gesellschaft mit. Rentner, Kinder, Beamte, Schüler, Studenten, Migranten, Alternative, Künstler, Arschlöcher, Rennradfahrer, Lehrer, Hausfrauen, Arbeitslose – alles. Einfach alles.

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Ein wilder Haufen von Verbrechern (Foto: Paul Hense)

 

Was ganz hinten oder ganz vorne passierte machte natürlich die Runde, das hatte was von „Stille Post“ und irgendwann kam bei mir an: „Marco, die suchen Dich!„. Hm, warum sollten die mich suchen? Und ernsthaft, ich bin ja nun bei der Polizei bekannt, sitze da dann und wann mal bei Presseveranstaltungen, habe leidlich Kontakt mit der Verkehrsdirektion, sogar der Polizeipräsident kennt mich persönlich. Wenn die was von mir wollten, warum rufen die nicht einfach an? Meine Nummer ist nun wirklich einfach rauszukriegen und mein Telefon hatte ich in der Tasche. Das konnte ich mir also nicht vorstellen und letztlich gab es ja auch gar keinen Grund, mich „zu suchen“. Warum auch? Wegen Teilnahme am Straßenverkehr?

Irgendwann wurde aus den skurrilen Situationen dann aber auch eine absurde. Kurz vor dem Zülpicher Platz (Streifenwagen hatten uns überholt, nachdem sie Warnsignale von sich gaben, woraufhin wir -selbstverständlich- sofort eine vorbildliche Rettungsgasse bildeten) wurden wir dann nicht nur kommentarlos, zumindest habe ich auch hier keine Ansagen, Hinweise, Zeichen, Anordnungen, o.ä. vernommen, aufgehalten, sondern man filmte uns auch, deutlich sichtbar, mit einer Videokamera. Die Polizei scherte sich also einen Dreck mißachtete die Persönlichkeitsrechte von fahrradfahrenden Bürgern. Und selbst wenn diese Fahrradtour eine Versammlung im Sinne des Art. 8 GG wäre, würde dies keine Videoaufzeichnungen per se rechtfertigen, denn dafür müssten tatsächliche Anhaltspunkte für erhebliche Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung vorliegen. Davon kann man bei knapp 1.000 friedlich durch die Gegend gondelnden Radfahrern wohl nur ausgehen, wenn man Verfechter des Polizeistaats ist. Ich versichere -und das können rund 1.000 Menschen bezeugen- daß es im Verband keinen einzigen Menschen gab, der auch nur annähernd eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstellte. Das unabhängige Landeszentrum für Datenschutz des Landes Schleswig-Holstein erläutert die datenschutzrechtliche Seite hier ganz plausibel. Der filmende Polizist hatte sich einem Mitfahrer vor der Filmaktion als „Herr Liedtke“ vorgestellt und sich geweigert, Fragen zu beantworten. Auf die Frage, welches Problem es gäbe, meinte er „Schauen Sie mal“ und zeigte auf die Radfahrer. Bei dieser Aktion mussten die Radfahrer unter absurden Umständen von der Fahrbahn einzeln auf den Radweg wechseln, um passieren zu können. Die Sperre fand also vermutlich nur deshalb statt, damit man die einzelnen Personen sozusagen besser im Visier, d.h. auf der Aufnahme deutlicher im Bild hat.

Was diese Eingriffe in die Persönlichkeitsrechte angeht, wundere ich mich schon sehr, hat doch die Kölner Polizei, allen voran ihr Polizeipräsident Herr Albers, derzeit sowieso ein Imageproblem und mit ganz anderen Sachverhalten zu kämpfen.

Beamter filmt Bürger (Foto: Paul Hense)

Beamter filmt Bürger (Foto: Paul Hense)

 

Obwohl es ein paar Menschen gab, denen die Polizei sichtlich Streß und Angst machte (was durchaus ein Ziel gewesen sein könnte), setzten wir unsere Tour unbeirrt fort und wurden dann auch wieder in Ruhe gelassen. Die Polizei ist am Barbarossaplatz einfach irgendwann weggefahren. Die standen da, haben nichts gesagt, und sind auf einmal wie auf ein Kommando weg, und haben weder vorne noch an der Seite gesichert. Vielleicht wurden sie zurück gepfiffen oder aber es endete hier der Einsatzbereich der Beamten? Nach nach rund zwei Stunden schließlich erreichten wir mit einer immer noch großen und bunten Masse den Rudolfplatz zum „Bikelift“. Letztlich stellte diese Critical Mass trotz des ziemlich ungeschickten Polizeieinsatzes die bis dato schönste, tollste, grandioseste und atemberaubendste Radtour dar, die diese Stadt jemals gesehen hat! Was für ein toller Tag für alle Beteiligten und übrigens auch für viele, viele Passanten, Fußgänger und Autofahrer, die uns, teils unglaublich euphorisch, zugejubelt hatten!

In den sozialen Medien, wie der Facebook-Gruppe zur Critical Mass, waren die Reaktionen geteilt. Einerseits waren alle begeistert ob der tollen Tour, andererseits herrschte -auch noch angeheizt durch einige einfache Gemüter- Angst und gar Panik wegen des Auftretens der Polizei. Vielen Menschen ist einfach nicht klar, daß die Polizei nicht willkürlich handeln darf, daß sie nicht das Gesetz ist, sondern eigentlich nur dafür zu sorgen hat, daß es eingehalten wird, und daß Beamte halt leider immer öfters die Gesetze nicht kennen oder sie aber sehr eigenwillig interpretieren, um das mal vorsichtig auszudrücken. Dass sie es tun steht außer Frage, die Frage ist lediglich, ob sie es von oben, also befohlen, tun oder ob das aus eigenem Antrieb oder durch Nichtwissen geschieht. Nichts davon wäre jedenfalls akzeptabel.

Während dieser doch recht panischen Diskussionen flatterte mir also die Vorladung ins Haus. Ich entschloß mich, das erst einmal nicht öffentlich zu machen und den richtigen Zeitpunkt für eine Veröffentlichung abzuwarten. Natürlich weihte ich einige Menschen ein und natürlich spielte ich in Gesprächen diverse Szenarien durch. Post vom Staatsschutz ist kein Kinderkram, keine Frage! Einerseits wußte ich, daß ich keine Straftat begangen habe, andererseits ist mir auch klar: „Recht haben und Recht bekommen“ – das sind zwei Paar Schuhe. Zumal, wenn Dein Gegner potentiell am längeren Hebel sitzt. Einen Anwalt zu beauftragen, der mich vertritt, hielt ich vor einer Anklage (ich war ja erst einmal „nur“ Beschuldigter) noch nicht für nötig: ich habe mich aber mit mehreren Anwälten kurz beraten, bzw. ausgetauscht. Da man mich ja scheinbar für den „Versammlungsleiter“, bzw. „Veranstalter“ der Critical Mass hielt, das war zumindest zu vermuten, war das Credo hier einfach und eindeutig: „Das ist gar keine Versammlung, also kannst Du auch kein Versammlungsleiter sein„.

Da ich an dem anberaumten Vernehmungstermin aus beruflichen Gründen nicht konnte, dauerte es noch eine Weile, bis ich im Polizeipräsidium bei KHK Benfer, der mich vorgeladen hatte, erschien. Dies war am 10. August 2015 um 10:00 Uhr der Fall. Ich war ca. eine Stunde zur Vernehmung in Herrn Benfers Büro, in dem ein weiterer Beamter seinen Schreibtischdienst tat. Ich fertigte unmittelbar nach dem Termin ein Gedächtnisprotokoll an, auf dem die folgenden Absätze basieren.

Herr Benfer, ist ca. Anfang 50, ein „Kumpeltyp“ mit Glatze und Kinnbart der Marke „Biker“ (was, wie sich später herausstellte, auch stimmt, er fährt ein Choppermotorrad), „Stars & Stripes“ auf seinem Shirt. Er ist nett, wir halten Smalltalk, er erzählt von seiner Scheidung in wenigen Tagen, als er meinen Familienstand und meine Personalien abfragt. Er will heute „drei Fliegen mit einer Klappe schlagen“, kündigt er in freundlichem Ton an. Die ganze Vernehmung darf man sich durchaus als „nettes Gespräch“ mit persönlichen Einwürfen vorstellen und nicht so wie im Krimi. Ja, ich weiß, das ist die Taktik.

Ich frage natürlich, was man mir denn überhaupt vorwirft. Herr Benfer blättert in den Akten und erklärt, daß die Polizei die Fahrradtour „Critical Mass“ für eine „Veranstaltung“ und mich für den verantwortlichen „Veranstalter“ hält. Die Polizei geht außerdem von 2.500 Teilnehmern am 26.6.2015 aus. Allerhand! Das macht mich erst mal stutzig! Dazu ist zu sagen, daß bei der Kölner Critical Mass mehrere Leute regelmäßig zählen, indem sie ein Handstoppgerät (bzw. eine Smartphone App) bedienen oder ein Video anfertigen, das dann zuhause ausgewertet werden kann. In jedem Fall liegen diese Zahlen für den 26. Juni zwischen 976 und 1.022 – da die Masse dynamisch ist, kann man eine genaue Zahl eh nicht feststellen, aber „knapp 1000 Radfahrer“ dürfte es wohl ziemlich realistisch treffen. Daß die Polizei Veranstaltungen oftmals aus Kalkül in bestimmten Größenordnungen über oder unterschätzt, habe ich schon öfters vermutet. Oder aber: sie ist im Schätzen einfach nicht so gut, kann ja auch sein.

Knapp 1.000! (Foto: "Die Fotografen")

Knapp 1.000! (Foto: „Die Fotografen“)

 

Mich hält man also für den verantwortlichen „Veranstalter“ und zwar -laut Akten- weil ich auf der Website „Critical Mass Cologne“ zu der „Versammlung“ aufgerufen hätte. Diese Website über die Critical Mass Köln wird von mir betrieben, das ist richtig. Neben mir gibt es noch weitere Autoren, die dort schreiben. Außerdem hätten Teilnehmer auf die Frage „Wer ist der Veranstalter?“ meinen Namen genannt. Auf meine Nachfrage hin, wie viele das gewesen seien, meint Herr Benfer, das wären „2-3 Teilnehmer“ gewesen. Na also! Wenn die Polizei von 2.500 Teilnehmern ausgeht, dann wären das also ein sattes Promille gewesen, das meinen Namen nennt und –zack!– schon hab ich den Staatsschutz an den Hacken! Gut recherchiert, liebe Kommissare! Andererseits -das weiß ich aus Erzählungen- haben Beamte auf der Critical Mass aber auch die Frage „Wer ist der Veranstalter?“ gestellt und aus weitaus mehr als „2-3“ Kehlen unisono ein „wir alle“ gehört, das von anderen noch durch „keiner!“ ergänzt wurde. Und das waren definitiv mehr als dieses vermeintliche Promille der Teilnehmer!

Der Versammlungsort sei die „Dürener Straße/Gürtel“ gewesen, meint Herr Benfer, jedenfalls nicht der Startpunkt der Tour, der Rudolfplatz, wie es ja für jedermann (unter anderem, aber nicht nur auf der oben erwähnten Website) einsehbar ist.

Herr Benfer sagte dann, die „Critical Mass“ sei dazu da, um für eine „autofreie Stadt“ zu demonstrieren. Hier mußte ich natürlich einhaken und erläuterte, dass das nicht stimmt. Critical Mass ist keine Demonstration, sondern eine Fahrradtour, die der Zurschaustellung eines Lebensgefühls dient. So wie er für mich den Eindruck macht, als würde er vielleicht ganz gerne mit einer Harley durch die Gegend fahren, um etwas darzustellen (Bingo, Volltreffer! Er sagt dazu dann, dass er tatsächlich Motorrad fährt), fahre ich halt gerne Fahrrad, z.B. auch mit alten, schön heraus geputzten Stahlrädern. So fahren auf der Critical Mass auch Lastenräder mit Musik, ‚Rocker‘ mit Cruiserbikes, Nackte (!), Rikschas mit Livemusik, etc. mit. Ich erläuterte auch, dass jeder auf eigene Verantwortung fährt und ich oder andere nicht für das Verhalten anderer Verkehrsteilnehmer verantwortlich sind. Ich würde allerdings durchaus auf Fehlverhalten aufmerksam machen, wie ich das in anderen Situationen (vgl. Kfz. an Zebrastreifen) auch mache. Die Polizei selbst erklärt übrigens selbst ganz plausibel, wobei es sich eben nicht um eine Versammlung nach dem Versammlungsgesetz handelt: „Volksfeste und Vergnügungsveranstaltungen sowie Veranstaltungen, die der bloßen Zurschaustellung eines Lebensgefühls dienen fallen deshalb nicht unter den Versammlungsbegriff.

Herr Benfer sagt dann, wir hätten „den Verkehr blockiert“, u.a. damit, dass wir „auf der Aachener Straße alle drei Fahrspuren belegt hätten“ und „Autos nicht hätten vorbei fahren können“ und somit hätten „hupen müssen“. Meinen Vergleich dazu, mit z.B. dem Berufsverkehr auf der Deutzer Brücke, der dann ja auch den „Verkehr blockiert“, nennt er „Äpfel mit Birnen vergleichen“. Birnen sind dann also Äpfel zweiter Klasse, so wie ich Zweiter-Klasse-Verkehrsteilnehmer bin – ich habe verstanden! Außerdem würde es doch wohl keinen „Spaß“ machen, mit mehreren durch die Innenstadt zu fahren. „Spaß“ würde es ihm machen, mit seinem „Motorrad alleine durch die Landschaft zu fahren“, da wo keiner ist, aber „nicht in der Stadt“. Schade, auch da sind wir anderer Meinung, aber „jeder Jeck es anders!“. Ich kenne genügende, die es nicht grad schön finden, daß ein Kfz „die Landschaft“ verpestet und die Ruhe mit dem Knattern eines Auspuffs stört und das auch noch einzig „aus Spaß“. Schön, daß er das trotzdem darf! „Spaß“ beim Fahren hatte vermutlich auch die Motorradstreife, die -so berichteten es viele Mitfahrer später- auf der Aachener Straße über den Bürgersteig so nah an den Häusern entlang gebrettert ist, daß er eine Mutter, die ihren Kinderwagen aus der Haustür geschoben hätte, leicht hätte mitreißen können.

Ich erläutere Herrn Benfer in Bezug auf den Vorwurf, wir hätten „alle Fahrspuren belegt“, dass der „Verkehr“ weitaus mehr „blockiert“ werden würde, würden wir alle zu zweit hintereinander fahren, da dies einen längeren ‚Lindwurm‘ von Radfahrern bedeuten würde. Ich gebe auch noch einmal deutlich zu Protokoll, dass wir die Straßen nicht „blockiert“, sondern „genutzt“ hätten und -zumindest aus meiner Sicht- nach den gültigen Verkehrsregeln gefahren sind.

Ein kleiner Exkurs: Es wird, z.B. in der Facebook-Gruppe, immer wieder diskutiert, ob wir wirklich alle 2-3 Spuren nutzen sollten. In Anbetracht der Tatsache, daß der Verband dann wesentlich kürzer ist, ist dies aber alleine schon aus Rücksicht vor anderen Verkehrsteilnehmern geboten, um deren Wartezeit möglichst kurz zu halten. Der eigenen Sicherheit ist es zudem auch noch dienlich, denn leider gibt es immer wieder -motorisierte- Verkehrsteilnehmer, die meinen, sich in den Verband drängen zu müssen, was zu brenzligen Situationen führen kann. Selbst wenn der Großteil der anderen Verkehrsteilnehmer uns mittlerweile wohlgesonnen ist und gar bejubelt: Ein Idiot reicht!

Herr Benfer meinte dann noch, es würde „Rechtsverkehr gelten“. Das ist schön, und das ist natürlich auch richtig. Dafür muss man allerdings auch wissen, was Rechtsverkehr bedeutet. Das bedeutet in jedem Fall nicht, daß man „ganz rechts“ fahren muß, sondern viel mehr, daß man „möglichst weit rechts“ fahren muß, und selbst da gibt es Ausnahmen. Wir müssen also als Fahrradfahrer nicht in die Gosse, aber – was soll ich einem Polizeibeamten die Verkehrsregeln erklären?

Herr Benfer sagte mir klar seine persönliche Meinung, nämlich, dass die Critical Mass eine Versammlung sei, die angemeldet werden müsse. Jeder Mensch darf seine eigene Meinung haben, natürlich auch, wenn Gesetze etwas anderes sagen.

Er fragte mich, wie er sich den Aufruf zu der Tour vorstellen müsse. Ich sagte ihm, dass das vergleichbar wäre, wenn er in den Flur rufen würde „wer kommt mit auf die Poller Wiesen, Fußball spielen?“ oder „Lauftraining am Aachener Weiher, wer ist dabei?“ o.ä. Und dass dies u.a. über das Internet, auf Websites, Foren, soziale Netzwerke, aber auch über persönliche Gespräche passieren würde. Herr Benfer fragte mich nach „Werbung“ und Flyern. Ich sage ihm, dass es Flyer gibt, ich diese aber nicht erstelle, sondern daß ich lediglich die Website über die CM (als „Fanseite“) betreue, bzw. als Admin-C eingetragen bin.

Nach der Vernehmung als Beschuldigter, befragte er mich noch als Zeuge zu zwei Fällen:

  • „Nötigung“ und Blockierung von Polizeibeamten, die „nicht vorbei gelassen worden“ wären. Dies sei „vorne“ passiert. Ich entgegnete ihm, dass das logischerweise „hinten“ passiert sein muss, wenn die Polizeibeamten vorbei wollten, und ich sage dann aus, dass ich mich im vorderen Drittel des Verbands aufhielt und diese Vorfälle nicht beobachten konnte. Aus Erzählungen, sowie von Fotos und Videos, weiß ich lediglich, dass Polizeibeamte mit Kraftfahrzeugen versuchten, in den Verband zu fahren und dabei Radfahrer gefährdeten, und daß sie schließlich über Geh- und Radwege unter Gefährdung von (unbeteiligten) Passanten versuchten, den Verband zu passieren. An mir fuhren erst Polizeibeamte vorbei, als diese Martinshorn und Blaulicht anmachten und wir (vorbildlich) eine Rettungsgasse bildeten. Mich hat kein Beamter angesprochen und mir auch keine Anweisungen/Anordnungen gegeben.
  • Nötigung/Körperverletzung eines Bahnfahrers: Am Zülpicher Platz sei eine KVB Bahn „an der Weiterfahrt“ gehindert worden. Der Fahrer sei dann ausgestiegen und ein „Fahrradfahrer“ hätte ihn verletzt. Ich sage aus, dass ich davon nichts mitbekommen habe und auch sonst nichts weiter gehört habe.
  • In einer weiteren Sache geht es wohl um die vermeintliche „Behinderung“ eines RTW, dazu wurde ich allerdings nicht mehr befragt. Auf der Tel-Aviv-Straße hupte ein RTW. Als er Blaulicht/Martinshorn einschaltete, wurde sofort eine Rettungsgasse gebildet, er bog allerdings nach wenigen Metern auf die Severinsbrücke ab. Dies konnte ich von vorne beobachten.

Obwohl Herr Benfer sagte, die Beamten hätten „die Tour begleitet, um uns zu schützen“, sind die Polizisten gar nicht bis zum Ende der Tour mitgefahren. Das finde ich schon komisch, denn zum einen (und das können nunmal ein paar hundert Menschen bezeugen) haben die Beamten viele Radfahrer und unbeteiligte Fußgänger durch waghalsige Aktionen gefährdet („Gefährdung“ steht für mich im krassen Gegensatz zu „Beschützen“!) und zum anderen: Wenn sie uns beschützen wollten, wovor denn eigentlich? Sollten das irgendwelche unsichtbaren Dämonen gewesen sein, so waren die dann im letzten Teil der Tour, als die Polizei eben nicht mehr anwesend war, plötzlich verschwunden?

Abschließend sagte Herr Benfer im Kumpelton, man könne das ja „als Versammlung anmelden“, das wäre ja alles gar kein Problem und man könne die Tour dann ja einfach „absprechen“. Könnte man. Wenn man es unter den Teilnehmern für nötig hielte. Dann müßte ich es aber z.B. auch für nötig halten, meine regelmäßigen Rennradausfahrten „als Versammlung“ anzumelden, die werden schließlich auch nicht alleine gefahren. Und dann könnte irgendein dicker Polizist meinen, daß er den 30er Schnitt durchs Bergische Land nicht mithalten kann oder ihm die Strecke nicht passt oder sonstwas. Und schon muß ich irgendwo lang fahren, wo ich gar nicht lang will. Und im Zweifel darf ich überhaupt nicht fahren, weil der FC spielt und nicht genügend Beamte da sind, die mich „beschützen“ können (wovor noch gleich?). Und was ist, wenn ich mit dem Auto fahre? Oder mit dem Moped? Und letztlich muß auch irgendjemand seinen Namen herhalten und rechtliche Verantwortung übernehmen. Das würde ich für andere Verkehrsteilnehmer jedenfalls nicht tun und ich wollte auch nicht, daß das jemand für mich tut!

Was den „Kumpelton“ betrifft: Auffällig, daß in den letzten Wochen aus verschiedenen Ecken Menschen auf mich zugekommen sind, die sich mit mir „mal über die Critical Mass unterhalten“ wollten und da Polizisten im Hintergrund mit am Start hatten. Privat natürlich. Ich bin nicht übermäßig mißtrauisch, aber habt ihr eigentlich nichts anderes zu tun? Verbrecher fangen, z.B.? Oder „Gefährderansprachen“ per Youtube-Clips (yo!) an die „Raserszene“ halten? Oder zumindest Teamfotos auf Kölner Bauwerken machen?

In jedem Fall ist die Sache für mich erst einmal so ausgegangen, wie ich es eigentlich auch erwartet habe: Die Staatsanwaltschaft hat das Ermittlungsverfahren gegen mich wegen einer Straftat nach §26 Nr. 2 Versammlungsgesetz am 31.8.2015 eingestellt. Es braucht mir also Niemand einen Kuchen mit einer Feile drin in den Klingelpütz zu schmuggeln, gut!

Da sind dann allerdings doch noch ein paar Fragen offen: Zum einen interessiert mich und sicherlich auch andere Bürger dieser Stadt, was mit den durch die Polizei unrechtmäßig angefertigten Videoaufnahmen geschieht und zum anderen ist natürlich auch fraglich, wie sich die Polizei denn zukünftig bei Critical-Mass-Ausfahrten verhält.

Zu den Videoaufnahmen hatte ein Kölner Bürger bereits Ende Juni, direkt nach der Critical Mass, eine Anfrage an die Polizeiinspektion 2 gestellt. Er wollte unter anderem wissen, welchen Zweck die Aufnahmen des Camcorders haben, ob und falls ja, wie lange diese Aufnahmen gespeichert werden und ob die fehlende Tonaufzeichnung andere Gründe hat, als verbale Entgleisungen der Beamten oder der Gefilmten ignorieren zu können. Im Antwortschreiben von Herrn EPHK Röder, das mir vorliegt, heißt es, „die Bewegung Critical Mass“ sei auch „bei der Polizei Köln seit geraumer Zeit bekannt“. Dies ist dahingehend bemerkenswert, als dass -nach exakt 5 Jahren Critical Mass in Köln- die BeamtInnen der PI 2 am 25.6.2015 schlicht keinen Plan hatten, was da passiert. „Was machen Sie hier?“ und „Ist das eine Demo?“ kann man zumindest kaum anders interpretieren. Noch nicht einmal den vermeintlichen „Versammlungsort“, der mir bei  meiner Vernehmung ja mit „Dürener Straße/Gürtel“ vorgetragen wurde, kannten die Polizisten, da die Critical Mass ja seit über viereinhalb Jahren am Rudolfplatz startet! Herr Röder geht dann noch weiter, indem er vorgibt, dass im „Polizeipräsidium Köln vor, während und nach der jeweiligen Critical Mass Einsatzkräfte maßvoll und lageangepasst eingesetzt“ werden. Das ist wirklich allerhand! Das liest sich so, als wäre die Kölner Polizei in den letzten 5 Jahren im Bilde gewesen, was Critical Mass ist und was dort passiert. Das Gegenteil ist der Fall! Die paar Male, die die Polizei uns überhaupt bemerkt hat, war das schlicht reiner Zufall! Da von „lageangepassten Einsatzkräften“ zu sprechen ist einfach absurd. Herr Röder rechtfertigt dann aber doch noch die ohne rechtliche Grundlage angefertigten Videoaufnahmen mit der Behauptung: „bei der Critical Mass kam es von einzelnen Versammlungsteilnehmern zu Straftaten im Zusammenhang mit dem Versammlungsgesetz. Und er ergänzt: „Die von den Einsatzkräften gefertigten Filmaufnahmen dienen zur Beweissicherung in den eingeleiteten Strafverfahren.

Zunächst bezweifle ich, das habe ich oben bereits erläutert, dass überhaupt eine Situation bestand, die eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstellte und dementsprechend rechtlich eine Videoaufzeichnung rechtfertigt hätte. Ich bin mir weiterhin ziemlich sicher, dass ich der Einzige bin, gegen den Anzeige erstattet wurde (Herr Röder schreibt jedoch im Plural!), Aufnahmen für eine weitere Beweissicherung sind somit also obsolet, da das Verfahren gegen mich eingestellt wurde. In jedem Falle sollte jeder Beteiligte also die Löschung der Videoaufnahmen fordern und wer seine Persönlichkeitsrechte verletzt sieht, dem steht im Rechtsstaat auch eine Anzeige gegen die Beamten offen. Das geht online, einfach und schnell.

Ich habe mit Veröffentlichung dieses Artikels folgendes Schreiben verfasst:

Sehr geehrte Damen und Herren:

am 26. Juni 2015 befuhr ich, zusammen mit anderen Kölner Bürgern, mit meinem Fahrrad den Hohenstauffenring in südliche Richtung. Kurz vor dem Zülpicher Platz wurde ich, deutlich sichtbar, von einem Beamten, der sich einem Mitfahrer als „Herr Liedtke“ vorstellte, mit einer Videokamera gefilmt.

Da ich durch das Filmen meiner Teilnahme am Straßenverkehr meine Persönlichkeitsrechte verletzt sehe, habe ich hierzu einige Fragen:

  1. Zu welchem Zwecke wurden diese Videoaufnahmen angefertigt?
  2. Sind davon Kopien angefertigt und verteilt worden?
  3. Wurden die Aufnahmen und eventuelle Kopien davon gespeichert und wie lange?
  4. Wurden die Aufnahmen und eventuelle Kopien gelöscht und wann ist dies geschehen?
  5. Handelte der ausführende Beamte beim Filmen eigenständig oder auf Anweisung?

Ich bitte zunächst freundlichst um zeitnahe Beantwortung meiner Fragen. Eine Strafanzeige/Strafantrag behalte ich mir selbstverständlich vor.

Mit freundlichen Grüßen,

Marco Laufenberg

Dieses Schreiben geht per e-Mail an die Polizei (Poststelle.Koeln@polizei.nrw.de) und ich kann nur jedem, der seine Persönlichkeitsrechte ebenfalls verletzt sieht, raten, ein ähnliches Schreiben dorthin zu senden.

Wie die Kölner Polizei sich „zukünftig“ bei Critical-Mass-Touren verhält, haben wir im Juli und August bemerkt. Sie war in ordentlicher Stärke anwesend und hat uns „beschützt“. Das wäre ganz sicher, wie in den letzten fünf Jahren sonst auch, nicht notwendig gewesen und geht letzten Endes auf Kosten des Steuerzahlers, was ich persönlich unnötig finde. Aber gut, die Polizei kann gerne Unnötiges machen – das ist ein freies Land! Was sie aber nicht machen sollte, ist: In Wild-West-Manier besengte Sau spielen! Immer wieder kommt es vor, das Motorräder und Einsatzwagen im ‚Affenzahn‘ über Radwege und Bürgersteige (!) in hoher Geschwindigkeit am Konvoi vorbei fahren und damit Fußgänger, Radfahrer und sich selbst in Gefahr bringen. Ein Beispiel findet sich hier in einem Video.

Hätte bei den Veranwortlichen der Kölner Polizei also irgend jemand auch nur ein Fünkchen Verstand für die Situation einer Critical-Mass-Tour, würde er sich höchstens auf sein Fahrrad schwingen und mal eine Runde mitfahren!

Gut, man muss ehrlich sagen, die Polizei hat uns in den letzten beiden Monaten im Vergleich zu den Vorkommnissen vom 26. Juni 2015 nur begleitet und sonst „in Ruhe“ gelassen, was bei vielen Teilnehmern tatsächlich zu durchaus lobende Worten geführt hat. Ändert aber leider nichts daran, dass trotzdem wieder Dinge einzelne Beamte durch Unwissen und leider auch Überheblichkeit aufgefallen sind. So hat im Juli der Motorradpolizist Herr Kaiser einen Teilnehmer der Critcial Mass, der seinen Hund mitführte, kurz vor der Aachener Straße herausgewunken, seinen Ausweis verlangt und ihm gesagt, dass für ihn und den Hund die Tour sofort beendet sei und dass er ihn anzeigen würde. Weil es verboten sei, mit Hunden am Rad zu laufen. Schade, dass Kölner Polizisten, die „lageangepasst im Einsatz“ sind, die Verkehrsregeln, in diesem Falle §28 StVO nicht kennen. Und dass das Herrchen eine „geeignete Person ist“, die „ausreichend auf den Hund einwirken kann“, konnten Dutzende bezeugen. Wirklich schade.

Aprospos: „Wer kommt mit, Fahrrad fahren?“ Die nächste Critical Mass findet schon Morgen, Freitag, den 25. September 2015 statt, wie immer ist der Treffpunkt um 17:30 Uhr am Rudolfplatz. Kommt alle mit! Denkt an ein verkehrssicheres Fahrrad (Licht nicht vergessen!) und: Nein, ich bin nicht der „Veranstalter“ 😉
Links zur Critical Mass im Juni 2015:
Sehr schönes Video vom Wuppertaler Talradler
Fotogalerie auf Mutbürgerdokus.de
Fotoalbum auf der Critical Mass Facebookseite
auf den entsprechenden Foto und Videoportalen dürften mit den entsprechenden Suchbegriffen noch weitere Fotos und Videos zu finden sein

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→ 35 KommentareTags: Allgemein · Critical Mass · Polizei

Zwischenfälle: Huch, ich hab Sie gar nicht gesehen!

18. September 2015 · 23 Kommentare

Hier noch ein kleines Schmankerl aus der Kategorie „Zwischenfälle“, geschehen im letzten Jahr, Ende April 2014.

Wie der geneigte Leser vermutlich weiß, benutze ich in den seltensten Fällen „Radwege“, aus dem Grunde, daß sie meist schlecht zu befahren sind und -und das ist das Wesentliche- mich in den allermeisten Fällen eher gefährden und in Gefahrensituationen bringen, als daß sie mich schützen würden (was sie ja eigentlich sollten). Es gibt aber ein paar seltene und halbwegs ordentliche „Radwege“, die ich tatsächlich halbwegs gerne und regelmäßig benutze. Einer davon ist der „Radweg“ an der B8 (Düsseldorfer Straße) zwischen Leverkusen und Köln-Stammheim, bzw. Mülheim, an den Bayer-Werken vorbei. Der Weg ist gute 4 Meter breit und über weite Strecken ordentlich in Schuß (bis er dann natürlich irgendwann wieder im verwurzelten Elend endet).

Ich habe (mittlerweile) ein Faible für alte, bzw. halbwegs alte Stahlrennräder und hatte über ein Rennradforum ein schönes Milanetti-Rennrad aus den 1980er Jahren angeboten bekommen. Nichts Spektakuläres, aber es passte mit einer Rahmenhöhe von 64cm zu meiner Größe (über 2 Meter), war sehr gut erhalten und sah für mein Empfinden ziemlich schick aus. Ein junger Mann aus München hatte das Erbe seines Vaters aufzulösen und freute sich, daß mit mir jemand, der das Rad in Ehren halten würde, daran Interesse hatte. Wir einigten uns auf einen Preis von 250.- Euro, dafür wollte er das Rad zu einem Freund nach Düsseldorf bringen, den er eh besuchen wollte, wo ich es dann abholen könne. Das Geld für eine Spedition war damit also gespart.

Am 28. April 2014 war es soweit und da das Rad auf den Fotos einen fahrbereiten Eindruck machte, fuhr ich mit der S-Bahn und einem Rucksack mit Pedalen, Werk- und Flickzeug, sowie einer Luftpumpe in die verbotene Stadt, um das Rad per Jungernfahrt von 45km standesgemäß zu überführen. Das Wetter stimmte, Das Rad sah auch in Natura toll aus und die Luft hielt in den Reifen. Gemütlich fuhr ich also die rechtsrheinische Route am Rhein Richtung nach Hause. An der B8 nutzte ich dann ab Leverkusen den oben erwähnten „Radweg“.

An der Kreuzung mit der Roggendorfstr. staute sich der Kfz-Verkehr durch Linksabbieger aus Richtung Mülheim kommend, sowie Rechtsabbieger aus Richtung Leverkusen kommend. Es befindet sich dort zunächst ein Fußgängerübergang („Zebrastreifen“) samt begleitendem Radweg mit Fahrradfurt links daneben (gemäß §26 StVO). Dahinter befindet sich eine Verkehrsinsel, die kombinierte Fußgänger- und Radfahrerampel, die den weiteren Überweg regelt, zeigte „grün“.

Eine Dame wollte mit ihrem Golf nach rechts in die Roggendorfstr. abbiegen. Sie stand ca. 1 Meter mit der Front ihres Fahrzeuges in die Fahrradfurt hinein ragend an dem Überweg, auf der Rechtsabbiegerspur. Ich verlangsamte bereits einige Meter vor der Kreuzung meine Fahrt auf ca. 10 km/h und wollte den Überweg passieren. Hierzu beschleunigte ich leicht, indem ich wieder pedalierte. Wenige Meter bevor ich den Übergang passierte, fuhr die Dame mit mäßiger Geschwindigkeit an, um rechts in die Roggendorfstr. abzubiegen – sie kreuzte somit meinen Weg und übersah mich augenscheinlich. Ich konnte zwar noch Bremsen und nach rechts ausweichen, einen Zusammenstoß jedoch nicht vermeiden.

Der Zusammenstoß fand seitlich, vor Beginn der Markierung des Zebrastreifens in einem Winkel von ca. 30° in Höhe der Beifahrertür statt. Die Dame kam mit der Front am rechten Ende des Zebrastreifens zum stehen. Ich kippte mit meinem Rad dann nach rechts um.

Huch, gar nicht gesehen!

Huch, gar nicht gesehen!

 

„Zack“ lag ich also da auf dem Boden. Reichlich perplex und -obwohl der Sturz wirklich langsam, quasi wie in Zeitlupe, verlief- mit Schmerzen, denn ich hatte mir beim Ausklicken den linken Fuß verdreht. Die Dame stieg aus ihrem Auto aus, entschuldigte sich mehrmals und meinte, sie hätte mich „gar nicht gesehen“. Sie wäre grad „aus der Sauna gekommen“ und sowas wäre ihr „in 40 Jahren nicht passiert“. Ich rief sodann die Polizei, um den Unfall aufnehmen zu lassen. Irgendwie war ich der Meinung, daß das doch wohl alles „professionell“ aufgenommen werden sollte.

Die Dame machte einen leicht verwirrten Eindruck, vielleicht war sie aber auch einfach nur etwas geschockt. Einige Minuten später betrat ein junger Mann den Unfallort, der mit der Dame offensichtlich bekannt war (im Nachhinein stellte sich heraus, daß es ihr direkter Nachbar war). Er redete ihr zu, dass er gesehen hätte, dass sie mit dem Fahrzeug gestanden hätte und nicht gefahren wäre, er würde ihr dies bezeugen. Er behauptete dann, ich wäre in ihr (folglich auf dem Zebrastreifen) stehendes Kfz gefahren.

Ok. Der Mann meinte also, ich wäre also freiwillig und absichtlich gegen ein Auto gefahren. Suicidal cyclists. Coller Name für ne Band, würde ich sagen.

Gedanklich spielte ich schon mal verschiedene Szenarien durch und dachte mir bereits (2 gegen 1!), daß es vielleicht doch keine so gute Idee gewesen war, die Polizei zu rufen. Die kam dann ein paar Minuten später und vermaß umständlich und ausführlich die Beifahrertür des Golf und suchte dort akribisch nach Schrammen und Beulen (es gab keine). Der Schaden an meinem Rad (ein Achter im Vorderrad) wurde lapidar zur Kenntnis genommen. Daß die Dame keinen Führerschein bei sich trug („ich komme ja nur aus der Sauna“) hatte keine Konsequenzen, über meinen fehlenden Helm gab es aber eine kurze, sicher sehr gut gemeinte Belehrung. Wenn ich mich recht erinnere, habe ich dazu nur freundlich gesagt, „der Helm hätte den Unfall vermutlich auch nicht verhindert und mich auch nicht vor den Schmerzen im Knöchel geschützt“.

Sorgen machten mir eher, daß dieser junge Mann der Dame so sehr zugeredet hatte, daß ich in ihr stehendes Auto gefahren wäre, daß sie das nun selbst glaubte. Im Beisein der Beamtinnen sagt der Mann allerdings, er hätte mit seinem Fahrzeug hinter dem zweiten Pfeil auf der Rechtsabbiegerspur, also mindestens 5 Fahrzeuge hinter der Dame, gestanden. Es ist zu bezweifeln, dass der Mann aus dieser Entfernung gesehen hat, ob das Fahrzeug der Dame „gestanden“ hat, zumal er sich ja auch auf den Verkehr („stop & go“) hat konzentrieren müssen – wenn, dann aber bevor sie wieder angefahren ist und mich dann übersehen hat.

Nach einiger Zeit und dem guten Ratschlag der Polizistinnen, „fahren Sie jetzt mal ins Krankenhaus und lassen sich durchchecken“, setzte ich meinen Weg fort und fuhr nach Hause.

Es dauerte nur ein paar Tage und ich bekam Post von der Polizei. Eine Vorladung zur Vernehmung, denn -so stand es da schwarz auf weiss- ich war angezeigt worden, wegen „Vortäuschung eines Verkehrsunfalls„.Hui! Als wäre ich also Mitglied von so etwas wie einer „Autobumser-Bande„, um Versicherungen zu betrügen!

Der Polizist, der mich vernahm, war schon was älter und sehr nett. Er fragte mich gerade heraus, „sie haben den Unfall nicht zufällig gefilmt, sie fahren doch öfters mit einer Kamera herum?“. Er kannte also meinem Blog und fügte noch hinzu, „das würde mir meine Arbeit etwas erleichtern„. Nein, hatte ich nicht (diesbezüglich hatte ich den fehlenden Helm selbst schon bereut, da wäre die Kamera nämlich potentiell dran montiert gewesen). Ich hatte aber einen GPS-Track mit meinem Fahrradcomputer mitgezeichnet, der immerhin eine Richtungsänderung und die Reduzierung meiner Geschwindigkeit belegen konnte.

GPS Track

GPS Track

 

Einen  Screenshot und die komplette GPS-Datei (die würden die „Spezialisten“ bei der Polizei schon interpretieren können) schickte ich dem Beamten später am Tage also noch per e-Mail.

Ich mache es kurz, das Verfahren gegen mich wurde eingestellt. Vielleicht, weil ich glaubhaft versichern konnte, daß ich nicht gegen ein stehendes Fahrzeug gefahren bin, sondern beim Abbiegen „übersehen“ wurde. Vielleicht aber auch nur, weil an dem PKW keine Schäden festgestellt wurden und der Schaden an meinem Rad mit ein paar Minuten am Zentrierständer behoben werden konnte. Vielleicht aber auch nur, weil keiner Lust hatte, weiter zu ermitteln. In jedem Fall überlege ich mir das nächste mal ganz genau, ob und wie ich so etwas zur Anzeige bringe – das kann ganz offensichtlich auch nach hinten losgehen. Und übrigens, sollte ich mich künftig doch noch dazu entscheiden, ungesetzlich zu werden und Versicherungen zu bescheissen, dann werde ich dafür keinen alten 250-Euro-Stahlbock nehmen, sondern dann hole ich das aktuelle Kohlefasergerät mit elektronischer Schaltung aus dem Keller. Das soll sich ja dann auch lohnen! 😉

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Sicherheit geht vor!

10. September 2015 · 12 Kommentare

In Zusammenarbeit mit der AWR Abbruch GmbH präsentiert Ihnen die Stadt Köln (fahrradfreundliche Stadt in NRW!!11EINS!1ELF!!) die neuesten Errungenschaften im Bereich Nervenkitzel im urbanen Raum:

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90cm „Sicherheitsraum“ müssen reichen!

 

Der 90cm breite Schutzstreifen sorgt nicht nur für Flattern, wenn Kfz mit den zwingend in der Innenstadt vorgeschriebenen „50km/h+x“ zentimergenau an Ihnen vorbei fliegen, sondern auch für extra Nervenkitzel (gratis!!!), sobald ein Lkw mit seinem Außenspiegel in den sogenannten „Schutzraum“ drängt und Ihnen eine neue Frisur verpasst! Sollten Sie das Gleichgewicht verlieren, versuchen Sie nach rechts zu fallen – die dortigen Warnbaken (wir halten uns nicht an die RSA95, in Köln gelten eigene Gesetze, Regeln und Verordnungen!) und der längs aufgebaute Zaun werden schon verhindern, daß Sie mit Ihrem Sturz Fußgänger oder gar Kraftfahrer behindern! Genießen Sie außerdem die Fliehkräfte, wenn Sie direkt nach der Baustelle in einer 90° Kurve auf engstem Raum 20 Meter vor einer Seitenstraße durch eine Parkbucht über den Bordstein auf den Gehweg geführt werden, wo Sie ein gut durchdachter Slalom-Parcours durch Fußgänger verschiedenster Breite erwartet!

Aber: aufgepasst! Die Rennleitung kontrolliert dort besonders oft und gerne, daß Sie nicht vom Weg abkommen und außerdem: Sicherheit geht vor! #dankhelm sind Sie natürlich vor allen Gefahren geschützt!

Sicherheit geht vor!

Sicherheit geht vor!

 

Und wenn Sie denken, das Radverkehrskonzept Köln-Innenstadt hätte keine weiteren Aufgaben für Sie parat, dann irren Sie! Denn direkt hinter der Kurve wartet noch der Taxi-Slalom. Mit Pech ist es nur ein Fahrzeug, dem Sie ausweichen müssen, mit etwas Glück sind es bis zu 5!

Tax-Slam. Bald olympisch?

Taxi-Slalom. Bald olympisch?

 

In diesem Sinne: mit Sicherheit nach vorne!

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→ 12 KommentareTags: Allgemein · Baustellen · Fahrradbeauftragter · Innenstadt · Kölner Stadtteile · Radwege · Satire · Taxi

Baugenehmigung? Bruche mer nit!

4. September 2015 · 8 Kommentare

Köln kann alles! Z.B. eine Oberbürgermeisterwahl mit ungültigen Stimmzetteln ausführen (so daß die Wahl mal eben für eine schlappe Million Euro um über einen Monat verschoben werden muß), Wählerstimmen von SPD und CDU vertauschen (und sich mit Händen und Füßen gegen eine Neuauszählung wehren!), durch den Versuch eines U-Bahn-Baus eine halbe Stadt ins Chaos (und in die Tiefe) stürzen und eine Oper so sanieren, daß das Wort „Bauskandal“ eine komplett neue Bedeutung erhält.

In Köln kann man aber trotzdem schnell und unkompliziert mal was bauen – so unbürokratisch, daß eine Genehmigung gar nicht erteilt werden muss! Echte Fründe ston zesamme!

Ich hatte bei der Stadt per Antrag auf Akteneinsicht gemäß Informationsfreiheitsgesetz (IFG) ja in Erfahrung bringen wollen, wer die Genehmigung für die Werbesäule der Firma Ströer an der Mülheimer Brücke erteilt hat, die Radfahrer und Fußgänger gefährdet, indem sie die Sichtbeziehungen komplett nimmt und zudem eine Ampelanlage fast vollständig verdeckt. Ähnliche Beispiele finden sich (immer noch) im kompletten Stadtgebiet.

Ich erhielt am 7.8.2015 -per e-Mail- relativ schnell (zumindest für Kölner Verhältnisse, üblicherweise wird das IFG von Kölner Verwaltungsmenschen sehr gerne mißachtet und schlicht ignoriert) von Frau Christina Land aus dem Bauaufsichtsamt Antwort. Die Antwort erschütterte mich durchaus einigermaßen (auch wenn mich in Köln eigentlich kaum noch etwas erstaunen kann):

mit E-Mail vom 20.07.2015 haben Sie ein Foto zu einer vor Ort befindlichen Werbeanlage übersandt und ausdrücklich zu dieser Anlage u. a. um Akteneinsicht gemäß IFG NRW gebeten. Meine Recherchen haben ergeben, dass es für die von Ihnen beschriebene Litfaßsäule keine Baugenehmigung gibt. Daher ist keine Übermittlung der von Ihnen gewünschten Informationen möglich, weil nicht existent.

Oops! Damit hatte ich nicht wirklich gerechnet – dieser e-Mail nach hat die Firma Ströer die betreffende Litfaßsäule also ohne Baugenehmigung aufgebaut! Allerhand! Frau Land fügte noch „rein informell“ an, daß zu der übrigen von mir „aufgeworfenen Thematik“ auf „dem Postweg eine Antwort in Kürze erfolgt“.

Da diese elektronische Post ja vermutlich noch #Neuland für die Verwaltung ist, wartete ich also auf die Briefpost. Die kam dann auch am 14.8.2015 (witzigerweise datiert vom 7.8.2015, dem Tag an dem die e-Mail versandt wurde). Frau Land teilte mir zunächst einmal mit, daß ich hier „keine subjektiv öffentlichen Rechte in der Sache gegenüber der Baufsichtsbehörde“ besäße. Daraus ergebe sich, dass ich „keinen Anspruch auf ein Einschreiten der Bauaufsichtsbehörde und daher keinen Anspruch auf eine Detailüberprüfung in der Sache selbst“ habe. Soso! Klingt für mich erstmal wie „Halten Sie den Ball flach!“ oder „Belästigen Sie uns nicht!„, was -wieder einmal- die Frage aufwirft, wem so eine Stadt eigentlich gehört. Vielleicht doch den Menschen, die in ihr leben? Und ist die Verwaltung nicht nur einfach eingesetzt, um die Stadt für eben diese Menschen zu verwalten? Ich habe mitnichten gesagt, daß mich diese Werbesäulen generell stören, ich erkenne in ihnen sogar eine gewisse Notwendigkeit. Diese Notwendigkeit, die kommerzieller Natur ist, darf aber in keinem (!) Fall über der Sicherheit von Menschen stehen, soviel ist klar!

Frau Land führte weiter aus, daß keine Baugenehmigung bestünde, wie sie das ja auch schon per e-Mail mitgeteilt hatte, jedoch eine Baugenehmigung für einen anderen, etwas weiter vom Fahrradweg entfernten Standort erteilt wurde. Eine Besprechung mit den Beteiligten vor Ort hätte ergeben, daß die Werbeanlage versetzt werden solle. Somit war es scheinbar so, daß es die Firma Ströer mit der erteilten Baugenehmigung nicht so genau genommen hatte und sich einfach einen anderen, werbewirksameren Standort ausgesucht hatte. Rein versehentlich, natürlich. Fällt schon nicht auf, wir sind ja in Köln!

In den folgenden Tagen passierte (wie man das gewohnt ist) nichts. Die Werbesäule stand weiter im Weg (ich fahre da regelmäßig vorbei) und war noch nicht mit Werbung bestückt. Mir wurde allerdings schon von mehreren brenzligen Situationen berichtet und eine (Fußgänger, der hinter der Säule hervortrat und von Radfahrer touchiert wurde) konnte ich selbst beobachten. In der letzten Woche wurde die Werbesäule dann allerdings tatsächlich in Betrieb genommen, was mich dazu veranlasste, gestern, 3.9.2015, folgendes Schreiben an Frau Land, bzw. das Bauaufsichtsamt aufzusetzen:

Ihre Information, daß es für die betreffende Werbesäule gar keine Baugenehmigung gibt, werde ich hier nicht weiter kommentieren.

In Ihrem Schreiben teilen Sie mir mit, daß es für den Standort keine Baugenehmigung gibt, diese aber vorliegt „für einen etwas weiter vom Fahrradweg entfernten Standort der Werbeanlage“.

Hiermit beantrage ich Akteneinsicht nach Informationsfreiheitsgesetz (IFG NRW) in folgende Unterlagen:

– an weldher Stelle genau die Errichtung der Werbeanlage genehmigt wurde
– wann die Errichtung der Werbeanlage von der Stadt Köln so genehmigt wurde
– wer die Errichtung der Werbeanlage genehmigte

Ich wünsche, die Informationen niedergeschrieben, aufbereitbar und nachvollziehbar zu erhalten. Dies nach Ihrem Gusto per Post an meine Adresse oder per e-mail an marco@radfahren-in-koeln.de. Aus Umweltschutzgründen würde ich die elektronische Variante präferieren.

Ich gehe davon aus, daß es sich um eine einfache Akteneinsicht handelt, die nicht gebührenpflichtig ist.

Sie teilen mir mit, daß ich „keine subjektiv öffentlichen Rechte der Sache gegenüber der Bauaufsichtsbehörde“ hätte und sich daraus kein „Anspruch auf eine Detailüberprüfung in der Sache selbst“ hätte. Unabhängig davon, daß ich dies bezweifle, ist dies aber auch irrelevant. Die Werbesäule gefährdet Verkehrsteilnehmer, gleichermaßen Fußgänger und Radfahrer sowie Kraftfahrer. Die Gründe hierfür sind für Jedermann deutlich zu erkennen, ich habe Ihnen diese außerdem auch genannt. Ebenso liegen mir bereits Berichte von konkret stattgefundenen Gefahrensituationen vor. Auch die Tatsache, daß die Werbesäule noch nicht versetzt und mittlerweile sogar in der letzten Woche bestückt wurde, zeigt, daß die ausführenden Parteien keinerlei Interesse an der Unversehrtheit der gefährdeten Verkehrsteilnehmer haben. Ich fordere Sie nochmals auf, die Werbesäule umgehend zu entfernen.

Eine entsprechende Strafanzeige/Strafantrag werde ich gesondert erstatten.

In den letzten Wochen sind mir weitere (dutzende) Werbeanlagen aufgefallen, die in ähnlicher Weise den Verkehr behindern und gefährden, indem sie Sichtbeziehungen be- und verhindern, Lichtsignalanlagen verdecken, etc.

Gibt es für diese Werbeanlagen allesamt Baugenehmigungen? Soll ich diese einzeln erfragen oder genügen hier Hinweise auf die Werbeanlagen als Liste?

Das Schreiben schickte ich (wie das vorherige auch) in Kopie an den ADFC Köln zur Info, den „Fahrradbeauftragten“ zur Info und mit Bitte um Maßnahme, die Polizei Köln mit Bitte um Inaugenscheinnahme, Maßnahme und Information über die Ergebnisse und die Fa. Ströer zur Kenntnisnahme. Keine Stunde später erhielt ich (und auch die anderen, von mir angeschriebenen Empfänger) vom Blackberry des Geschäftsführers der Firma Ströer Deutsche Städte Medien, Hermann Meyersick, eine e-Mail mit den knappen Worten:

In Abstimmung mit der Stadt wird die Säule bereits heute noch auf den baugenehmigten Standort versetzt. Schönen Tag noch.

Danke, den schönen Tag hatte ich. Und gute drei Stunden später passierte ich die Werbesäule und – sie war tatsächlich versetzt:

versetzte Söule

versetzte Säule

 

Komisch, wie schnell Dinge umgesetzt werden können, wenn man Nägel mit Köpfen („Ich werde Strafanzeige erstatten“) macht. Bleibt die Frage, wie die Baugenehmigung tatsächlich aussah (das interessiert mich dann doch, ich warte mal die Antwort auf meine IFG-Anfrage ab) und vor allem: wie sieht es mit den zahlreichen anderen, ähnlich gefährdend platzierten Werbeträgern aus? Wurden die ebenfalls einfach so, ohne Baugenehmigung aufgestellt? Ich werde da -zumindest bei Strecken, die mich tangieren- weiterhin tätig bleiben und auch der ADFC ist aktiv und kann weiterhin Eure Mithilfe gebrauchen! Wem Werbeträger auffallen, der schickt bitte eine e-Mail mit dem Betreff „Werbesäulen“ an radverkehr@adfc-koeln.de (am besten mit Foto und mit genauer Ortsbeschreibung). Die Firma Ströer hat einige Werbeträger gleich selbst fotografiert und auf ihrer Website dokumentiert – dort findet man sogar eine detaillierte Standortkarte. Wie praktisch. Und auf ihrer Facebookseite freut man sich auch über die Megasäulen – und bestimmt auch über Kommentare.

Fazit: die betreffende Säule ist versetzt und steht nun an einem halbwegs akzeptablem Ort. Es gibt allerdings Menschen, die behaupten, die Firma Ströer verstoße bewusst und permanent gegen die erteilten Genehmigungen und baue die Säulen oftmal so auf, daß der Standort -ohne Rücksicht- verbessert ist, was dann vom Bauaufsichtsamt geduldet wird. Hört sich nach starkem Tobak an und -selbstverständlich!- „in dubio pro reo“, andererseits: wer den Filz in unserer Stadt kennt, der weiß, daß das so undenkbar nicht ist. Das gilt es also herauszufinden.

Der Vollständigkeit halber: von „Fahrradbeauftragtem“ und Polizei habe ich in dieser Sache nicht einen Satz gehört. Wahrscheinlich hat die „Inaugenscheinnahme“ da noch nicht stattgefunden – die sind da manchmal was langsamer. Aber schön: der ADFC kümmert sich!

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Auf Augenhöhe

2. September 2015 · 7 Kommentare

Ich staunte nicht schlecht, als ich gestern nachmittag die Mülheimer Brücke passierte und mich (aufrecht auf meinem Trekkingrad sitzend) beinahe ein temporäres Verkehrsschild am Kopf touchierte.

Ein Schild auf Kopfhöhe

Ein Schild auf Kopfhöhe

 

Ohne einen Maßstab (ich war eigentlich in Eile) ist es auf dem Foto wohl nicht so deutlich erkennen, aber das Schild hängt tatsächlich auch noch bei kleineren Radfahrern auf Stirnhöhe und -natürlich- über die Hälfte des „Radweges“ (links der Linie). Dahinter hängt noch eines (im Bild verdeckt), nur wenige Zentimeter höher. Ich staunte auch nicht schlecht, als ich nur wenige Meter weiter, auf dem Gehweg stehend, ein ziviles Polizeifahrzeug sah, in dem zwei Beamte saßen, die eine Geschwindigkeitskontrolle des Kfz-Verkehrs vornahmen. In der Annahme, daß denen das ja eigentlich schon hätte auffallen können, fuhr ich an die Beifahrerseite vor, um kurz einen Hinweis auf diese Gefährdung zu geben. Sichtlich gelangweilt kurbelte der Beamte auf dem Beifahrersitz das Fenster runter und hörte sich mein Anliegen, daß ich mit den Worten „da vorne ragen zwei Schilder auf Kopfhöhe in den Radweg, könnten Sie sich bitte da drum kümmern?“ vortrug, an.

„Sind Sie nicht der Herr Laufenberg?“ meinte der Beamte und stieg dann umgehend aus dem Fahrzeug aus, um sich das anzuschauen. Es mag also an meinem lokalen Bekanntheitsgrad unter Drei-Sterne-Polizisten liegen, daß auf einmal -gemäß dem Polizeimotto „Professionell. Bürgerorientiert. Rechtsstaatlich“- doch ein Interesse an der Situation vorlag. Er forderte mich auf auf, ihm „das mal mit dem Fahrrad“ zu zeigen, indem ich da lang fahre. Machte ich und er fotografierte also, wie ich in fahrposition vor dem Schild stand und der Teil meines Kopfes über den Augen von dem Schild verdeckt wurde. Der Beamte stellte sich dann unter das Schild und meinte „das geht ja gar nicht, ich bin 1,85 groß und komme da dran“, als er sich damit einen Scheitel zog. Er sagte dann zu, „der Stadt Bescheid zu geben“, meinte aber auch, „das kann was dauern bei denen“. Kenne ich. Vermutlich wird das Schild am 7.9.2015 entfernt.

Ach so, die drei geisterfahrenden Radfahrer, die die Brücke während meiner Überfahrt passierten (einer davon während wir an dem Schild zugange waren) interessierten die Beamten nicht. Wenn die einen Auftrag haben, kümmern sie sich halt um nichts anderes.

[Nachtrag 3.9.2015:]

Am 3. September waren die Schilder dann tatsächlich so montiert, daß man mit dem Kopf nicht mehr dagegen stößt.

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Köln kann kein Konzept!

27. August 2015 · 5 Kommentare

Ja, ich habe mich bisher in der Berichterstattung rausgehalten, was das „Radverkehrskonzept Köln-Innenstadt und Deutz“ (RVKI) angeht. Herr Möllers, der „Fahrradbeauftragte“ der Stadt Köln fuhr mit mir bei der Fahrradsternfahrt 2014 ein paar Kilometer zusammen und war ganz aufgeregt ob der Konzepte, die von zwei Planungsbüros mit Hilfe der Bürger erarbeitet werden sollten. Und -obwohl er noch vor einigen Jahren auf den letzten Moment erfolgreich meine Teilnahme am „Expertenkreis Velo 2010“, zu dem mich der damalige Leiter der Verkehrsdirektion der Polizei Köln, Helmut Simon, eingeladen hatte, verhindern konnte– war er auch sehr euphorisch, Menschen „aus dem Volk“ dabei zu haben, Er sprach davon, daß „die Blogger unbedingt“ dabei sein müssen und räumte dafür 2 Plätze und somit einen für mich im Arbeitskreis ein. Und ob mir noch was einfallen würde? Radsportler? Migranten? Senioren? Ich könne mich jederzeit melden, wenn mir noch was einfallen würde, wen man da ins Boot holen könnte.

Nun ja, es gab eine (öffentliche) Auftaktveranstaltung, an der ich auch teilgenommen und meine Vorschläge (umgehende (!) Umsetzung der Anforderungen der StVO und aller weiterer Regelwerke bzgl. des Radverkehrs) unterbreitet habe. Und ich bin tatsächlich zu allen weiteren (internen) Facharbeitskreissitzungen (wenn ich mich recht erinnere, waren das zwei) eingeladen worden. Ich wäre auch hingegangen, hätte ich die Zeit dafür gehabt – leider war ich aber beruflich verhindert und mir dafür frei nehmen wollte ich nicht. Ich gebe es ehrlich zu, ich habe kein Vertrauen (mehr) in unsere Verwaltung, als daß ich glauben könnte, daß bei diesem Konzept am Ende sonderlich zählbares rauskäme. Oder dies zumindest in absehbarer Zeit passieren würde. Allerdings haben viele recht kluge Köpfe mitgewirkt und Vorschläge für das Konzept gemacht – u.a. engagierte Mitglieder des neu erstarkten Kölner ADFC. Ich möchte diesen Menschen die Illusion nicht nehmen, aber ich habe durchaus im Hinterkopf, daß es der Verwaltung damit, daß sie „auf einmal“ Bürger an Planungen teilhaben lässt (Planungen wohlgemerkt, keine Entscheidungen!) um eine Art „Greenwashing“ geht. Getreu dem Motto „wir haben das mit den Bürgern zusammen erarbeitet“, das muss also „gut“ sein und ist somit vom Volk abgenickt. Denn kritische Menschen -wie ich und es werden in Köln erfreulicherweise immer mehr!- gehen denen in der Verwaltung gehörig auf den Sack, da bin ich mir sicher (und das ist gut so!)! Und so kriegt man diese Menschen vielleicht halbwegs ruhig oder sie kommen gar nicht auf die Idee, kritisch zu sein.

Wie dem auch sei, das was von den erarbeiteten Konzepten und Vorschlägen bisher bekannt ist (siehe Forderungen auf der ADFC-Website), liest sich gar nicht mal so schlecht. Mit vielen Dingen bin ich persönlich nicht einverstanden, aber anderes ist für Köln schon „revolutionär“, wie der „Fahrradbeauftragte“ Möllers das ausgedrückt hat. Und es ging ja auch schon durch die Presse („Köln plant Fahrrad-Autobahnen„, „Köln kriegt Rad-Bahn„), es wird dem MIV einiges an Platz weggenommen werden (müssen), wenn man denn tatsächlich vorhat, den Radverkehr konsequent und zukunftstorientiert zu fördern. Ich schreib’s nochmal, weil’s so schön ist: man wird den Autos Platz wegnehmen müssen! Und das, wo Köln doch seit ein paar Tagen endlich mal einen Titel hat, den man ins Stadtwappen schreiben kann: Köln ist die neue Stau-Hauptstadt! Jeder Kölner Autofahrer steht demnach pro Jahr 65 Stunden im Stau (ich nicht!).

In den Facharbeitskreisen hat man also Vorschläge für das Radverkehrskonzept gemacht und die beteiligten Planungsbüros haben ein Konzept erarbeitet. Und „im Herbst“ sollten dann die ausgearbeiteten „Handlungsempfehlungen“ ausgesprochen werden. Per Newsletter des Büro des „Fahrradbeauftragten“ kam dazu am 31.7.2015 die Einladung,

Das Radverkehrskonzept Innenstadt geht in die „heiße“ Phase: am 01.09.2015 findet die Abschlussveranstaltung im Wallraf-Richartz-Museum statt, dazu laden wir Sie herzlich ein: http://www.stadt-koeln.de/leben-in-koeln/freizeit-natur-sport/veranstaltungskalender/radverkehrskonzept-innenstadt-2

Schön. Ein Termin endlich mal mit 4 Wochen Vorlauf angekündigt, da kann man sich den Tag dann tatsächlich einmal freihalten. Dachte ich.

Gestern, 26.8.2015, also 5 Tage vor der Veranstaltung, also im wahrsten Sinne „auf der Zielgeraden„, wurde genau dieser Termin nämlich per Pressemitteilung wieder abgesagt. Die Begründung im Wortlaut: „Bei den Vorbereitungen hat sich kurzfristig ein zusätzlicher Bearbeitungsbedarf in Bezug auf die Priorisierung von Maßnahmen, die Projektausarbeitung und die mögliche Umsetzung ergeben.“ Aha! Da hat aber jemand geplant! Was mag das für ein atemberaubender Handlungsbedarf sein, daß er sich erst 5 Tage vor Verkündung der Handlungsempfehlungen, an denen man 1,5 Jahre gearbeitet hat, ergibt? Ich bin gespannt!

Mich hatte das eh gewundert, daß solch ein bahnbrechendes Konzept so kurz vor der Wahl zum Oberbürgermeister (am 13. September) vorgestellt wird – inklusive dem entsprechendem Tamtam in der Presse („Stau-Gefahr„, „Radfahrer nehmen Autos den Platz weg!„, „Jetzt müssen alle mit Tempo 30 durch die Stadt schleichen!„. In Köln ist Wahlkampf und neben ein paar Randkandidaten treten Jochen Ott (SPD) und Henriette Reker (parteilos, unterstützt von CDU/GRÜNE/FDP) an, letzterer werden wohl derzeit die größten Chancen eingeräumt. Und die Vögel zwitschern es von den Dächern: das Konzept ist heiß, das passt eher nicht in die Zeit vor der Wahl, denn viele Wähler fahren halt …. Auto. Und Amtsleiter haben in Köln üblicherweise ein Parteibuch – das Parteibuch des Amtsleiters des Amtes für Straßen und Verkehrstechnik kann man leicht recherchieren.

Bleibt zu hoffen, daß am Montag nicht allzu viele Bürger umsonst vor dem Wallraf-Richartz-Museum stehen. Die Basis hat die Stadt Köln -z.B. durch einen Newsletter des „Fahrradbeauftragten“ nämlich noch nicht informiert. Schade.

 

[Nachtrag 15:30 Uhr]

Als hätten sie’s gelesen, kam dann tatsächlich grad der Newsletter vom Fahrradbeauftragten:

Sehr geehrte Damen und Herren,

leider müssen wir Ihnen mitteilen, dass die für den 01.09.2015 um 18 Uhr geplante Bürgerveranstaltung zum Radverkehrskonzept Innenstadt  im Wallraf-Richartz-Museum auf einen neuen Termin im Herbst, voraussichtlich Ende Oktober, Anfang November verschoben werden muss, da sich ein zusätzlicher Bearbeitungsbedarf  ergeben hat. In Bezug auf Maßnahmenpriorisierung, Projektausarbeitung und Umsetzung sind weitere vertiefende  Arbeiten erforderlich geworden.

 

Der neue Termin wird Ihnen rechtzeitig per Newsletter, in der Presse und auf den Internetseiten der Stadt Köln bekannt gegeben.

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Graf Zahl lässt sich feiern

26. August 2015 · 7 Kommentare

In der letzten Ausgabe des „Kölner Wochenspiegel“ (kostenfreie Werbewochenzeitung) war der „Fahrradbeauftragte“ der Stadt Köln, Jürgen Möllers, zu sehen, wie er sich für eine neue Radfahrerzählstelle am Niederländer Ufer feiern lässt:

Der Zählmeister in der Zeitung!

Der Zählmeister in der Zeitung!

 

Den Artikel gibt es auch online. Erwähnenswert hierbei ist, daß Herr Möllers bei jeder sich bietenden Gelegenheit immer wieder und mit sichtlichem Stolz und voller Freude betont, daß man immer mehr und mehr Radfahrer in Köln zählt. Daß dies ein allgemeiner Trend ist und mit Sicherheit nichts mit Maßnahmen der Stadtverwaltung zu tun hat, erwähnt er dabei allerdings nicht. Im Gegenteil, man müßte eigentlich sagen, daß der Radverkehr wächst, trotzdem die Stadtverwaltung irgendwelche eher gefährdenden Maßnahmen trifft, wie zu enge „Schutzstreifen“ oder eine als „Shared Lane“ bezeichnete Kfz-Parkspur am Kümpchenshof (für schlappe 700.000 Euro), die dann aber fein als „fahrradfreundliche Umgestaltungen“ verkauft werden.

Nun wird also gezählt. Und man hat in den ersten Wochen schon viele Radfahrer gezählt, sehr viele. Hoffentlich hat man dabei auch den mehr als mangelhaften Zustand des „Radweges“ bemerkt, dessen Pflastersteine -z.B. durch die dort regelmäßig und massiv illegal fahrenden Kfz (Lieferverkehr, Wohnmobile, etc.)- über weite Strecken zerstört oder verwurzelt sind. Ein paar Kilometer weiter Richtung Norden am Rhein entlang, am Molenkopf, ist der Weg dann so verwurzelt, daß dem ein oder anderen Radfahrer (es handelt sich um einen touristischen Radweg, die Rheinroute) schonmal der Lenker aus der Hand geschlagen wird.

Aber in Köln wird lieber erstmal gezählt.

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Bauliche Trennung

5. August 2015 · 19 Kommentare

Als Vorreiter in Sachen „Sicherheit“ und führendes Ehrenmitglied in der „Arbeitsgemeinschaft Fahrradfreundlicher Städte“ (agfs) läuft in Köln derzeit ein Feldversuch, die nach den Regelwerken vorgesehene bauliche Trennung bei mit VZ241 angeordneten „Radwegen“ für dort verunfallende Radfahrer angenehmer zu gestalten:

Nachhaltige bauliche Trennung

Nachhaltige bauliche Trennung

 

„Die neuartige bauliche Trennung kann kurzfristig kostengünstig verwirklicht werden“, so Amtsleiter Klaus Harzendorf. Der Rohstoff würde in kürzester Zeit angemessene Höhen erreichen und selbst bei mutwilliger Beschädigung durch Fahrradrambos binnen weniger Wochen nachwachsen. Auch seitens der Umweltverbände erwarte man keine Einwände, da der benutzte Werkstoff komplett recyclebar sei. Jürgen Möllers, der „Fahrradbeauftragte“ Kölns freut sich: „durch die polsternde Wirkung der Trennung brauchen wir die gesetzliche vorgeschriebenen Mindestbreiten der ‚Radwege‘ (der -selbstverständlich in beide Richtungen benutzungspflichtige- ‚Radweg‘ rechts im Bild hat eine Breite von ca. 1,50 Metern) nicht weiter zu beachten!„. Das spare „Zeit, Geld und Ärger mit querulierenden Fahrradaktivisten und Lobbyverbänden„. Nach einem ersten Testlauf im letzten Jahr hat man sich jedoch gegen bauliche Trennungen auf Kopfhöhe entschieden und beschlossen, diese nur bis zur Schulterhöhe auszuführen.

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Der dickste Mittelfinger von Köln!

22. Juli 2015 · 45 Kommentare

Den oder eigentliche DIE dicksten Mittelfinger von ganz Köln zeigt unsere Stadtverwaltung den Kölner Radfahrern derzeit zusammen mit der Firma Ströer Media SE, die seit Anfang 2015 die Außenwerbung in Köln gänzlich erworben hat. Seit einigen Wochen werden in ganz Köln also neue Plakatwände und Litfasssäulen aufgebaut und installiert. Ich entdeckte vorgestern in meinem Veedel folgendes Konstrukt:

Litfasssäule im Sichtfeld

Litfasssäule im Sichtfeld

 

Die Litfasssäule steht an einer der für Fußgänger und Radfahrer undurchsichtigsten und gefährlichsten Ecken Köln-Mülheims, dem Clevischen Ring Ecke Mülheimer Brücke. Zum Verständnis: von links kommen Fußgänger und Radfahrer (trotz ausgeschilderter NRW-Veloroute (Beschilderung mit StVO Status) eigentlich illegal, die wollen schnell noch die Grünphase der Ampelschaltung, die hier (natürlich!) vollkommen ungünstig ist (es ist kaum möglich, in einer Ampelphase beide Übergänge des Clevischen Ringes, das Foto zeigt den zweiten, zu passieren) schaffen. Von rechts kommen Fußgänger aus der stark frequentierten „Einkaufsmeile Buchheimer Straße“ und auch aus der Sparkasse, bzw. vom dort stehenden Geldautomaten. Die stehen dann genau hinter der Liftfaßsäule, für den Radfahrer nicht sichtbar! Von vorne rechts kommen durchaus schnelle Radfahrer von der hier abschüssigen Mülheimer Brücke. Das ist zwar nicht erlaubt, interessiert aber Stadtverwaltung, Polizei und viele Radfahrer einen feuchten Kehricht (das könnten aber natürlich auch schnelle Tretroller oder Skateboarder, also Fußgänger, sein). Die Ampel, die hier trotz fehlender Haltelinie auch für den Radverkehr gilt, da von links Fußgänger den „Radweg“ kreuzen, wird von der Litfasssäule vollständig verdeckt und ist erst im letzten Moment sichtbar! Das dürfte übrigens auch für den Fahrbahnverkehr auf dem Rechtsabbieger gelten.

Man könnte insgesamt meinen, diese Einschränkungen von Sichtbeziehungen stammt aus den dunkelsten Sechziger Jahren, als man allgemein die autogerechte Stadt plante und noch nicht vorhatte, den Modal Split bis 2025 auf 2/3 ÖPNV/Rad zu 1/3 Kfz zu bringen oder gar Radverkehrskonzepte zu planen, aber -nein- diese Konstruktion wurde am 20. Juli 2015 errichtet, also in den Monaten vorher geplant und -vermutlich- irgendwann vom Baufaufsichtsamt und der Straßenbehörde in der Kölner Stadtverwaltung genehmigt. Vielleicht ist das ja schon ein Teil des Radverkehrskonzeptes?!

Ich habe mir die Mühe gemacht und vorgestern folgendes Schreiben an das Amt für Straßen und Verkehrstechnik und den „Fahrradbeauftragten“, sowie per cc: an die Kölner Polizei, den ADFC und die Firma Ströer geschickt: 

Sehr geehrte Damen und Herren, lieber „Fahrradbeauftragter“,

an der Kreuzung Clevischer Ring / Mülheimer Brücke befindet sich seit kurzem auf der rechten Seite in südliche Fahrtrichtung eine Litfasssäule / Werbezylinder der Firma Ströer von mehreren Metern Höhe.

Wie Sie dem anhängenden Bild entnehmen können, befindet sich die Säule *exakt* in der Sichtachse zwischen der Ampel und Radfahrern, die den „Radweg“ in südliche Richtung benutzen, sowie Fußgängern, die den Fußgängerüberweg über den Clevischen Ring benutzen, sowie Radfahrern, die von der Mülheimer Brücke kommen.

Radfahrer, die von der Mülheimer Brücke kommen, fahren hier abschüssig und schnell, zudem versuchen sie oftmals, die LSA noch bei „grün“ zu erreichen.

Der Fußgängerüberweg ist stark frequentiert, da hier die „Einkaufsmeile Buchheimer Straße“ beginnt, sich eine Sparkasse/Geldautomat in unmittelbarer Nähe befindet, sowie auf der anderen Seite des Überwegs die KVB-Station „Wiener Platz“ (Linien 4, 13 und 18) von vielen Menschen erreicht werden möchte. Fußgänger, die den Überweg in Richtung Wiener Platz passieren, stehen nun *direkt* hinter der Litfassäule und sind für Radfahrer (und auch Kraftfahrer) nicht sichtbar. Zudem sind Fußgänger (und auch Radfahrer aus Richtung Wiener Platz kommend) hier schnell unterwegs, da die Ampelschaltung denkbar ungünstig ist, um die beiden Überwege in einem zu überqueren.

Ebenso ist die LSA in südlicher Fahrtrichtung für Radfahrer durch die Litfasssäule *nicht*, bzw. erst im letzten Moment sichtbar, dies gilt vermutlich auch für den Kfz-Verkehr.

Ich bitte Sie, die Litfasssäule umgehend zu entfernen.

Desweiteren beantrage ich hiermit Akteneinsicht nach Informationsfreiheitsgesetz (IFG NRW) in folgende Unterlagen:

– wann die Errichtung der Litfasssäule von der Stadt Köln so genehmigt wurde
– wer die Errichtung der Litfasssäule genehmigte

Ich wünsche, die Informationen niedergeschrieben, aufbereitbar und nachvollziehbar zu erhalten. Dies nach Ihrem Gusto per Post an meine Adresse oder per e-mail an marco@radfahren-in-koeln.de. Aus Umweltschutzgründen würde ich die elektronische Variante präferieren.

Bitte leiten Sie diese Anfrage ggf. an die Zuständigen Personen weiter.

Hochachtungsvoll,

Marco Laufenberg

Ich bin gespannt ob und was ich für Antworten bekomme. Auf die Frage, wer die Litfasssäule genehmigte, kann ich mir die Antwort schon denken, zumindest gab der jetzige Ordnungsamtsleiter Engelbert Rummel, der vorher Leiter des Baufaufsichtsamtes war, auf die Frage eines Journalisten beim letzten „Fahrradaktionstag“ der Stadt und Polizei Köln nach der Genehmigung eines vergleichbaren Hindernisses, lachend an, daß er im „letzten Jahr für den Vertrag mit diesen Werbeträgern zuständig war“. So läuft das in Köln.

 

(Übrigens: meinen Artikel zum „Fahrradaktionstag“ am 26.3.2015 werde ich irgendwann noch posten – ich warte einfach noch auf Erläuterterungen zu meinen Fragen an die Kölner Polizei, die scheinbar so kompliziert sind, dass deren Beantwortung „etwas“ länger dauert). Und letztlich gibt Herr Rummel hier auf die Frage eines Medienvertreters nach Werbeträgern an den Ringen deutlich und konkret Auskunft, wer die Baugenehmigung erteilt hat – gute 2 Minuten, die man sich genau anhören sollte:

 

Kein Problem also, das wurde alles von „den Verkehrsexperten“ geprüft! #Harzendorfgate

In sozialen Netzwerken wird dieser Fall bereits diskutiert und es wird dabei offensichtlich, daß die ganze Stadt derzeit von ähnlichen Bauwerken durchzogen wird, wie z.B. hier:

Kleiner Auszug von Behinderungsmaßnahmen

Kleiner Auszug von Behinderungsmaßnahmen

 

Der ADFC Köln ist bereits ebenfalls an der Sache dran, will Fototouren machen und erstellt derzeit eine Karte, auf der entsprechende Litfasssäulen und Werbetafeln verzeichnet werden. Es wird um Mithilfe durch aussagekräftige Fotos der Sichtbehinderungen mit Locationangabe und Betreff „Werbesäulen“ an radverkehr@adfc-koeln.de gebeten. Fallen Euch also in Eurem VeedelWerbeträger auf, die die Sichtbeziehungen zwischen MIV und Fußgängern/Radfahrern, bzw. untereinander beinträchtigen, zückt bitte Euer Handy und helft bei der Aufklärung dieser Grotesken – vielen Dank!

Zum guten Schluß noch ein kurzes Video vom Clevischen Ring aus subjektiver Sicht, aufgenommen abends, wenn da nicht mehr viel los ist. Tagsüber ist es dort richtig unübersichtlich und voll.

Alleine in meiner Umgebung gibt es derzeit auf gutes halbes Dutzend Baustellen, die auf ähnlichen Blödsinn schließen lassen. Willkommen in der „fahrradfreundlichen Stadt“ Köln!

(Danke an Andreas K. für die Inspiration zum Titel dieses Beitrages)

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