… ist gar nicht mal so einfach!
Die Geschichte kennt wohl so ziemlich jeder aus seiner Jugend: da gibt es zu einem besonderen Anlaß oder auch einfach zwischendurch von der Oma oder einer eigentlich eher nervigen alten Tante 50 Mark zugesteckt. „Toll!“ denkt man sich, wenn da nicht der begleitende Satz wäre: „das gibst du aber für was Vernünftiges aus!“ Schallplatten fallen da also schonmal weg, denn die Tante kontrolliert das sicherlich und will womöglich den Kassenbon sehen. Süssigkeiten schon gar nicht! Oder vielleicht mit etwas Wohlwollen vom Wechselgeld …
Die supercoolen Turnschuhe oder die noble, angesagte Jeans sind für das Geld viel zu teuer, bleibt also nur noch der karierte Pullunder, von dem die Tante meint, daß er jetzt ganz modern ist – hat schließlich „so ein Modexperte“ gesagt. Und da die Tante ihr Geld möglichst bald gut angelegt sehen will, wird der dann auch gekauft – vermutlich, um im Kleiderschrank in der Ecke für „Modesünden“ zu vermotten.
So oder so ähnlich muß man sich das vorstellen, was in Köln-Mülheim derzeit passiert. Die „alte Tante“ ist in diesem Fall die EU und aus den 50 Mark werden 40 Millionen Euro, die „für sinnvolle Projekte zur Entwicklung eines benachteiligten Bereichs der Stadt bereit“ liegen. Früher gingen solche Summen immer ins Ruhrgebiet, jetzt ist das benachteiligte Köln mal dran. Aber: die alte, nervige Tante EU rückt das Geld leider nur raus, wenn es schon bald -nämlich bis Ende 2013- ausgegeben und abgerechnet ist. Unter dem Titel „Mülheim 2020“ sollen nun also soziale, bildungspolitische und auch stadtgestalterische Projekte umgesetzt werden.
Was also tun, wenn man diesen Batzen Geld zur Verfügung haben könnte, aber eigentlich nicht ganz genau weiß, was man damit überhaupt anfangen soll?
Richtig! „Radwege“ bauen!
Entschieden ist noch nichts, aber erste Pläne sehen „mehr Platz“ für Fußgänger und Fahrradfahrer und eine Flaniermeile vor. Das berichten eine Pressemitteilung und der Kölner Stadtanzeiger und diese Pläne wurden auch bereits in einer -gut besuchten- Informationsveranstaltung den Bürgern vorgestellt.
Dazu muß man sagen, daß die Frankfurter Strasse als „Einkaufsstrasse“ zwischen Wiener Platz und Bahnhof Mülheim größtenteils Bäckereien/Backshops (9 Läden auf 1,2 km), Ein-Euro-Shops/Outlet-Billig-Stores (9), Apotheken (7), Handyläden/Internet-Cafés (9), Casinos/Spielhallen (5), Döner-und Fast-Food-Läden (10) sowie Friseure/Nagelstudios (8) bietet. Dazu kommen noch 2 Pfand-/Leihhäuser, 6 Büdchen und 3 Geldverschickungsläden (Western Union u.ä.), sowie 4 Kneipen, eine Videothek und ein Kifferutensilienladen. Dem stehen allerdings gegenüber: immerhin 2 Eisdielen und die Gastronomie am Wiener Platz. Immerhin noch ein paar Fachgeschäfte und zwei Supermärkte. Alles in allem nicht wirklich eine Meile, die großartig zum „flanieren“ einlädt und -machen wir uns nichts vor- das Klientel für ambitionierte Außengastronomie findet man hier auch eher weniger, es sei denn vielleicht, McD stellt ein paar Tische auf den Bürgersteig.
Die Geschäfte in der anliegenden „Galeria Wiener Platz“ sind von der Wertigkeit her vergleichbar.
Zur Flaniermeile kommen noch ein paar weitere eher kontroverse Pläne, die z.B. einiges an Verkehr durch zwei ruhige Wohnstraßen umleiten wollen, um einen zusätzlichen „Platz mit Außengastronomie“ zu schaffen. Direkt zwischen Jobbörse, Methadonarzt und Altglascontainer übrigens – das lädt zum Flanieren doch geradezu ein!
Um es klar zu sagen: ich freue mich sehr, daß der Stadtteil in dem (der Leser ahnt es vermutlich bereits) ich lebe mit sinnvollen Projekten in seiner Entwicklung gefördert werden soll. Und mir fallen da ad hoc auch jede Menge unterstützenswerter Dinge ein: die Renovierung der ziemlich maroden, aber immernoch gut besuchten Stadthalle Mülheim, die Schaffung von Freizeitmöglichkeiten im anliegenden Park, die Aufwertung des Wiener Platzes als zentralen Treffpunkt nicht nur für saufende Jugendliche, etc. Zudem natürlich jede Menge sozialpolitischer Punkte im Zusammenhang mit Drogen- und Alkoholabhängigkeit, Arbeitslosigkeit, Perspektivlosigkeit der Jugend, etc. Nicht zu vergessen die Kultur und Subkultur (Bürgerzentrum und Kulturbunker fallen mir da ein).
Dies ist ein (rad)verkehrspolitischer Blog, somit möchte ich auf die Verkehrspläne zurück kommen. Die derzeitige Situation ist die, daß die Frankfurter Straße vierspurig ist, wobei auf der rechten Spur fast komplett (gebührenpflichtig) geparkt werden kann, was auch ausnahmslos getan wird. Es herrscht reger Verkehr, der sich meist selbst reguliert und durch Masse und Ampelschaltungen meist kaum schneller als 30 km/h ist. Entschleunigt wird der Verkehr zusätzlich durch Parkplatzsucher und Anlieferverkehr der Geschäfte. Man kann auf der Frankfurter Straße auch Studien betreiben, wie man nicht in eine Kreuzung fahren soll (und lt. StVO auch nicht darf!) – Kreuzungen werden hier generell nicht freigehalten, was für zusätzliches Chaos (und letztlich Entschleunigung) und zudem Behinderung der Fußgänger an Überwegen sorgt. Mehrere Buslinien der KVB befahren die Strecke mit Zieharmonikabussen, besonders der Wiener Platz ist ein Knotenpunkt, da hier viele Menschen von, bzw. in die U-Bahn umsteigen. Dadurch entstehen an den Haltestellen Reibungspunkte mit dem Fußgängerverkehr. Es ist unmöglich, als Fußgänger die Bushaltestellen ohne Komplikationen zu durchschreiten, da diese (erst vor kurzem) an hierfür äußerst ungünstige Postionen (um)gesetzt wurden.
Ich befahre die Frankfurter Strasse zwischen Wiener Platz und Bahnhof Mülheim meist mehrmals am Tag mit dem Fahrrad und kann versichern, daß die Strecke alleine durch die reduzierte Geschwindigkeit des KFZ-Verkehrs problemlos und sicher zu befahren ist. Es hat in den letzten Jahren auch -soweit ich weiß- keine relevanten Unfälle mit Radfahrern gegeben. Nachts sind die Ampeln (z.B. an der Merkerhofstraße) so geschaltet, daß nicht gerast werden kann. Für Fahrradfahrer gibt es zudem auch eine akzeptable parallele Alternativstrecke über die Jan-Wellem-Straße und Sonderburger Straße (rot beschilderter NRW-Radweg).
Die Aussagen in den folgenden Absätzen sind im Wesentlichen der Pressemitteilung und dem oben schon erwähnten Artikel im KStA entnommen. Meine Kommentare setzen also voraus, daß diese Aussagen und Pläne so stimmen.
Im Zuge des Umbaus zur „Flaniermeile“ soll die Frankfurter Straße mit einer 9 Meter breiten Fahrbahn zweispurig bleiben, neben jeder Fahrspur wird jeweils ein 1,75 Meter breiter „Radweg“ eingerichtet. Daneben folgt eine zwei Meter breite „Multifunktionszone“ auf der „sich Außengastronomie, Baumscheiben und Parkplätze abwechseln“. Zusätzlich werden Übergänge mit Verkehrsinseln geschaffen. „Tempo 30“ kann man sich wohl durchaus vorstellen (was nicht so schwer ist, schneller kann man dort eh kaum fahren).
Konkret will man den Autofahrern also vermutlich mindestens ein Drittel, vermutlich eher zwei Drittel der begehrten Parkplätze nehmen, was für zusätzlichen „Parplatzsuchverkehr“ sorgen dürfte und zudem die Seitenstraßen diesbezüglich noch mehr belasten wird, als es jetzt schon der Fall ist. Ein 1,75 Meter Radweg wird dann zum Kurzparken oder Anliefern geradezu einladen, was den Radverkehr dann tatsächlich behindert oder gar gefährdet.
Der KStA nennt Guido Hartmann als einen der vom Amt für Straßen und Verkehrstechnik beauftragten mitverantwortlichen Architekten dieses Plans. Das ist also der „Modexperte“ vom Anfang dieses Artikels. Nach Google könnte es dieser Guido Hartmann (etwas weiter unten) aus dem Architekturbüro Coersmeier sein (die dann auch schon an anderen städtebaulichen Projekten in Köln und Köln-Mülheim mitgewirkt hätten).
Guido Hartmann läßt sich zitieren mit den Worten „Radfahrer müssen hier schon mutig sein.“.
Ich habe keine Ahnung, wie der Bildungsgang des Herrn Hartmann aussieht, ich vermute, daß er studiert und hoch dotiert ist. Ich möchte ihm auf gar keinen Fall zu Nahe treten, kann ihm in diesem Falle jedoch aus Sicht eines (Viel)Radfahrers attestieren, daß er von Radverkehr ganz offensichtlich keine Ahnung hat.
Die Frankfurter Straße zwischen Wiener Platz und Bahnhof Mülheim mit dem Fahrrad zu befahren ist nicht gefährlicher, als jede andere Straße in Köln mit dem Fahrrad zu befahren. Vorausgesetzt, man hält sich an die Verkehrsregeln und an die 10 goldenen Regeln des Radfahrens.
Die Nachteile und die Gefahr durch „Radwege“ will ich hier nur noch einmal kurz anreißen: Die Ghettoisierung der Radfahrer in ihren „eigenen“ Verkehrsraum sorgt für Unaufmerksamkeit der KFZ-Führer und fördert zudem Spurdenken. Dies begünstigt z.B. Überholen mit zu geringem Seitenabstand und/oder unangepaßter Geschwindigkeit. Gefährdungen durch rechtsabbiegende Fahrzeuge sind vorprogrammiert, ebenso Konflikte mit parkplatzsuchenden Fahrzeugen und Lieferfahrzeugen. Dazu der stark frequente Busverkehr und die dazugehörigen Massen an Fahrgästen, die vermutlich den „Radweg“ kreuzen werden. Sollte sich tatsächlich Außengastronomie wirksam ansiedeln, besteht auch hier Konfliktpotential mit Gästen, die dann direkt neben dem „Radweg“ ihren Kaffee trinken.
Gott sei Dank kann eine Straßenverkehrsbehörde nicht so einfach „Radwege“ anordnen, weil sie Lust dazu hat oder Geld verpulvern muß – es müssen bestimmte Voraussetzungen dafür da sein, die z.B. in §45 Abs. 9 der StVO geregelt sind. Demnach darf die Anordnung eines „Radweges“ nur zur Wahrung oder Erhöhung der Verkehrssicherheit erfolgen. Im konkreten Fall müßte also belegt werden, daß eine erhöhte Unfallgefahr besteht, was stark bezweifelt werden darf. Der Zwang zur Benutzung eines solchen Weges ist also prinzipiell auf dem Rechtswege anfechtbar – und das mit guter Aussicht auf Erfolg! (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. November 2010)
Es muß sich also eigentlich nur noch jemand engagiertes finden, der gegen die geplanten „Radwege“ klagt und somit ggf. gar die komplette Planung und damit auch die Verwendung der schönen EU-Fördergelder aufs Spiel setzt. Und diesbezüglich bin ich wirklich SEHR, SEHR guter Dinge!
Am 16. März 2011 findet um 20:00 Uhr in der Aula des Genoveva-Gymnasiums in der Genovevastraße 56-62, 51063 Köln-Mülheim eine weitere Informationsveranstaltung statt. Die Veranstaltung ist öffentlich und OB Jürgen Roters hat seine Teilnahme angekündigt, damit wird wohl auch einiges an Presse vertreten sein. Dies könnte also eine gute Möglichkeit sein, ein wenig Aufklärungsarbeit aus radverkehrspolitischer Sicht zu betreiben. Wer also Zeit und Lust hat …
Hier noch einige weiterführende Links:
Kölner Stadtanzeiger: „Frankfurter Straße als Flaniermeile“
Kölner Stadtanzeiger: „40 Millionen Euro ohne Abnehmer“
Strukturförderprogramm „Mülheim 2020“ auf koeln-muelheim.de
Webauftritt der Stadt Köln zu „Mülheim 2020“ mit Handlungskonzepten, Sachstandsberichten, etc.
Tags: Allgemein · Mülheim · Radwege
Ein Leitartikel sollte es sein. So dachte ich mir das Anfang des Jahres, wahrscheinlich sogar in der Silvesternacht. Ein fahrradrelevanter Artikel in meinem kleinen Weblog zum Start in das Jahr nach „Velo 2010„, dem Jahr in dem alles sicherer sein sollte.
Nun, wo der erste Monat des neuen Jahres schon bald vorbei ist und ich -wie erwartet- schon genügend frustrierende Erlebnisse auf dem Fahrrad hatte, merke ich, wie auch mir dann und wann der Elan fehlt. Immerhin betreibe ich diesen Blog als Hobby oder Sport oder … manchmal sicher auch zum Frustrationsabbau. Ganz im Gegensatz zum Maskottchen „Fahrradbeauftragten“ der Stadt Köln, der für seine Arbeit ja bezahlt wird und von dem man ein gewisses Engagement sicherlich erwarten kann. Dazu später mehr – spätestens im Laufe des neuen Jahres!
Die guten Nachrichten vorneweg: man kann auch im Winter Rad fahren! Ist eigentlich gar nicht schwer und in der Gruppe macht es gar richtig Spaß! Eine gute Gelegenheit, aktiv zu werden, ist in diesem Sinne schon Übermorgen, nämlich die
Critical Mass am Freitag, den 28. Januar 2011!
Treffpunkt: Um 17:30 Uhr auf der Wiese am Aachener Weiher, ungefähr hier.
Dies ist eine herzliche Einladung, zusammen mit anderen auf die Rechte der Radfahrer hinzuweisen. Die Wettervorhersage meint „trocken und kalt“, also einfach dick einpacken und auf geht’s! Eine gute Erläuterung über die Critical Mass als Protestform bietet der Wikipedia Artikel. Jeder fährt für sich selbst und auf eigenes Risiko. Erscheint bitte mit verkehrssicherem Fahrrad, insbesondere einer funktionierenden Beleuchtung. Es ist meist auch jemand mit Werkzeug für kleinere Reparaturen vor Ort – freundliche Menschen für nette Gespräche sowieso!
Daß Fahrrad fahren auch im Winter geht, hat sich anscheinend noch nicht in allen Teilen der Bevölkerung rumgesprochen. Während die halbe Stadt über Schlaglöcher und fehlendes Streusalz klagt, käme ich aus dem Protestieren eigentlich gar nicht mehr heraus, würde ich mich jeder zusätzlichen Unzulänglichkeit für den Radverkehr im Winter widmen!
Für die mitlesenden (auch) Autofahrer: das, was Euch auf den Straßen nach ein paar Wochen Frost zusätzlich zugemutet wird, ist für uns Radfahrer das komplette Jahr über quasi Standard! Ich fahre in 80% der Fälle auf einer typischen Schlaglochfahrbahn mit dem Rad sicherer und bequemer, als auf einem üblichen Kölner „Radweg“. Der Unterschied ist nur, daß das -bis auf ein paar Freaks– jeder so hinnimmt und kaum jemand moniert. Schon gar nicht, die, von denen man es eigentlich erwarten müßte, wie die „Initiative Velo 2010“ oder Der „Fahrradbeauftragte“ der Stadt Köln.
So ein großes Problem habe ich mit diesem Umstand dann auch gar nicht. Werden die Radwege im Winter nicht oder nicht ausreichend geräumt, fahre ich selbstverständlich nach §2 Abs.4 StVO sicher auf der Fahrbahn. Dumm ist dabei nur, daß -mangels Lobby- der Großteil der anderen Verkehrsteilnehmer dafür kein Verständnis hat und mich selbst auf glatter Fahrbahn meint erziehen zu müssen – durch Abdrängen und absichtliches Schneiden, enges Überholen, Anhupen und ähnliche, oftmals vorsätzliche (!) Gefährdungen.
Gibt man bei Google am heutigen Tage (26.1.2011) die Worte „Schlaglöcher“ und „Köln“ ein, erhält man Dutzende Treffer und Links auf eine Vielzahl kritischer Artikel und Initiativen. Der Kölner Express hat die Schlaglöcher gezählt oder zumindest geschätzt, IHK und Stadt Köln haben „Schlagloch-Hotlines“ eingerichtet, Junge Union und CDU fordern Aktionsprogramme, die CDU rief gar zum Fotowettbewerb auf: „Wer fotografiert Kölns größtes Schlagloch?“, und noch vieles mehr.
Es geht -und das muß man nochmal ausdrücklich hervorheben- bei all diesen Initativen ausschließlich um den Autoverkehr. Ich bemängele das gar nicht, ganz im Gegenteil, sicherlich eine gute Sache! Ich würde mir solch eine Lobby, solch eine Presse und solch ein Engagement aber auch für den Radverkehr wünschen! DAS wäre eine Aufgabe für unsere „Fahrradbürgermeisterin“ Frau Scho-Antwerpes! Oder für die „Sicherheitsinitiative“ Velo 2010! Oder für Herrn Möllers und seine Gehilfen! Genauso unbürokratisch und schnell, wie man fleissige Straßenarbeiter die monierten Schlaglöcher flicken läßt, genauso schnell sollte man alle „Radwege“, die holprige Buckelpisten sind, gefährlich geführt werden oder schlicht den gesetzlichen (!) Mindestanforderungen nicht entsprechen, ohne Wartezeit dicht machen!
Wo ist sie also, die Lobby der Fahrradfahrer, die der uninformierten Allgemeinheit immer wieder eintrichtert, daß Radfahrer auf der Fahrbahn immer erst einmal der Normalfall sind und laut Gesetz ein „Radweg“ ein Sonderweg, also eine Ausnahme ist, die zudem der Sicherheit der Radfahrer und nicht der Bequemlichkeit (freie Fahrt!) der KFZ-Führer dienen soll?! Daß man ein einspuriges Fahrzeug umsichtig, mit angepasster Geschwindigkeit und einem ausreichenden Sicherheitsabstand überholt?! Daß ein Fahrrad ein Fahrzeug ist, mit dem auch in unserer Stadt täglich Tausende von gleichberechtigten Menschen ihre Wege erledigen?!
Wo ist die Lobby, die die regelmäßigen schikanösen Zustände für Radfahrer bei Baustellenführungen moniert und sie beseitigt – schon gar wo sie das könnte!?!
Diese Lobby gibt es nicht und die, die sich dafür halten, werden entweder gar nicht oder aber erst auf mehrmaliges Hinweisen nach Monaten aktiv oder sie suhlen sich im Eigenlob über rechte sinnfreie Aktivitäten, die ich eher schon als Verschwendung von Steuergeldern bezeichnen würde!
Der „Expertenkreis“ Velo 2010, der übrigens nicht so wirklich kritische Stimmen in seinen eigenen Reihen duldet, gründete sich 2005, um „den Lebensraum Straße rücksichtsvoller und partnerschaftlicher von allen Verkehrsteilnehmern in Köln zu nutzen“ und um „Unfälle mit verunglückten Radfahrern um mindestens 30 % bis 2010 zu reduzieren“. Nun, 2010 ist vorbei und betrachtet man sich die Statistiken auf der Velo 2010 Website, kommt man dann wohl auch als Laie recht schnell zu dem Ergebnis, daß der „Expertenkreis“ versagt seine hehren Ziele doch mehr oder weniger knapp (je nach Sichtweise und Schönreden) verfehlt hat. Vielleicht sollte man selbige nochmal korrigieren, mit der Initiative „Velo 2011“? Oder besser doch … „Velo 2020„!
Man muß weder als Laie noch als „Experte“ großartig suchend durch Köln fahren oder laufen, um vermeidbare Gefährdungen ausfindig zu machen. Ein einfaches Beispiel, an dem vermutlich auch Entscheidungsträger und ähnliche potentielle Fahrradlobbyisten öfters vorbei kommen, findet sich seit einigen Monaten (!) an der Universitätsstrasse, Ecke Dürener Str. in Richtung Universität, ungefähr hier.
Dort wird für „uns und der der Umwelt zuliebe“ durch die „Stadtentwässerungsbetriebe Köln, AöR“ der Kanal „Universitätsstraße u. Liliencronstraße“ neu gebaut. Selbstverständlich hat man für die Baustelle („Baubeginn Oktober 2010, Bauzeit 7 Monate“) den „Radweg“ einfach mal gesperrt und zusätzlich per Zeichen 254 die komplette Straße für den Radverkehr unpassierbar gemacht. Dieses vorsorglich bereits ein paar Wochen vor Baubeginn schon im September und später dann mit einem eigens angefertigten Schild:

Schild an Baustelle Universitätsstrasse
Diese Eigenkreation ist mittlerweile (Stand Anfang Januar) umgedreht und somit also momentan nicht gültig (ob beabsichtigt oder nicht?), geblieben ist aber das diletantische Umleitungsschild (ein Zusatzschild rechts im Bild, mit aufgemalten Z237 und dem Wort „Radweg“, über dessen verkehrsrechtliche Relevanz ich mir nicht wirklich im Klaren bin):

Die Relevanz dieses Schildes?
Über die Fußgängerampel (Wartezeit um die 2 Minuten) wird der Radverkehr also auf die linke Straßenseite geführt, dort soll es weitergehen:

Gegenverkehr von links UND rechts!
Interpretiert man das fälschlicherweise angeordnete Z237 (da gehört wohl eher ein Zeichen 241 hin – Fußgänger links, Radfahrer rechts) so, daß das rot gepflasterte Konstrukt rechts der den Fahrradfahrern vorbehaltene Verkehrsraum ist, wird der Radverkehr hier auf ca. 1,60 Meter Breite in beide Richtungen geführt. Führe ich dort, blieben mir bei Gegenverkehr also ca. 80 cm Platz (dort ist -da universitätsnah- selbst bei schlechtem Wetter viel Radverkehr). Erschwerend und außerordentlich gefährdend kommt aber hinzu, daß der KFZ-Verkehr dort mit „Tempo 70“ fahren darf, was in der Realität heißt: „Tempo 70+X„! Dort fahren auch KVB-Busse, deren Spiegel leicht über den Fahrbahnrand hinaus und somit in den „Radweg“ hinein ragen, wobei sicher nicht nur mir als 2 Meter Mann angst und bange wird! Selbstredend war dieser „Radweg“ zusätzlich in den letzten Wochen nicht von Schnee und Eis geräumt, was die Benutzung noch gefährlicher machte, als sie eigentlich ist. Nicht nur deswegen kann man es den Radfahrern kaum verübeln, daß sie -verbotenerweise, aber quasi „von oben erzwungen“- den Fußweg benutzen – zu Lasten der noch schwächeren Verkehrsteilnehmer, den Fußgängern.
In Höhe der Bachemer Straße ist der Spuk die Baustelle dann zu Ende und es geht wiederum über die Ampel (selbstverständlich mit mehrminütiger Wartezeit) zurück auf die rechte Straßenseite. Die übliche unbürokratische Radverkehrsgeschwindigkeitsentschleunigung baut sich dort dann oft genug von selbst ein:

Ende der natürlichen Selektion
Ein wesentlich einfachere und vor allem sicherere Lösung wäre es gewesen, den Radverkehr ganz einfach über die Fahrbahn zu leiten, wie es z.B. auch das Ministerium für Bauen und Verkehr in NRW vorschlägt. Diese Broschüre liegt laut dem „Fahrradbeauftragten“ der Stadt Köln übrigens aus und wird auch regelmäßig angefordert und verteilt. Statistische Erhebungen, ob sie auch gelesen wird, gibt es bisher nicht.
Ach ja, ein kleiner, vielleicht nicht ganz unbedeutender Nachsatz zu diesem einen (!) Beispiel an regelmäßiger, konkreter Gefährdung von Radfahrern in Köln:
Es handelt sich um einen Streckenabschnitt von ganzen 260 Metern!
Ein Schelm, wer vermutet, daß auf Kosten unserer Sicherheit auf einem Viertel Kilometer einfach nur „freie Fahrt für freie (motorisierte) Bürger“ gewährleistet werden soll!
In diesem Sinne: allseits gute Fahrt, haltet immer schön die Augen auf und laßt Euch auch 2011 nicht alles gefallen!
Tags: Allgemein · Critical Mass · Fahrradbeauftragter · Radwege
Seit Ende Juni findet in Köln regelmäßig am letzten Freitag des Monats einen „Critical Mass“ statt. Der Termin für diesen Monat ist also:
Freitag, der 26.11.2010 um 17:30 Uhr am Aachener Weiher
Der Treffpunkt liegt auf der Wiese vom Weiher in Richtung Uni-Mensa – dort hängt in einem Baum ein Fahrrad-Reifen. Auf Google Maps ungefähr hier.
Es ist ungemein wichtig, daß wir aktiven Radfahrer auch im Winter unseren Arsch auf den Sattel bekommen, um Präsenz zu zeigen, in diesem Sinne „schwingt Euch auf die Sitze!„. Regen, Kälte und Schnee zählen nicht, dafür gibt’s dicke Klamotten! Wer Lust hat: dieses Mal gibt es im Anschluß im „Café Chaos“ Glühwein, Kakao, etc. zum Selbstkostenpreis. Da kann dann also noch mit Gleichgesinnten gefachsimpelt und der Erste Advent vorgefeiert werden.
Aber auch ein paar Kilometer weiter südlich wird gefahren, denn in Bonn gibt es nun auch eine Critical Mass. Der aktuelle Termin ist also:
Freitag, der 26.11.2010 um 18:00 Uhr am Aufgang zum Alten Zoll (Brassertufer)
Weitere Informationen zur Critical Mass in Bonn gibt es hier.
Für diejenigen, die mit dem Begriff „Critical Mass“ nichts oder nicht so viel anfangen können, verweise ich nochmal auf den Wikipedia-Artikel und auf meinen Artikel vom Juli.
Erscheint zahlreich!
Tags: Critical Mass
„Rote Fahrradampeln sind oft nur reine Schikane!“

Richter spricht frei
Dr. Helmut Knöner (62) fordert neues Gesetz: bis dahin werde ich keinen erwischten Rotsünder verurteilen. So der Titel heute im Kölner Express. „Ich habe den Verdacht, dass Ampeln für Radfahrer oft nur Schikane sind, besonders dort, wo sie um grünes Licht per Knopfdruck betteln müssen“, sagt Knöner zum EXPRESS. Aus Protest spricht er jetzt einfach alle Rotsünder frei.
Tags: Allgemein
… dann brauchen wir mehr Fahrradwege!“
Das war für mich der Kernsatz in der Rede der „Fahrradbürgermeisterin“, Frau Elfi Scho-Antwerpes, auf der Abschlußkundgebung der 3. Kölner Fahrrad-Sternfahrt am 19.9.2010 auf dem Neumarkt.

Radwege töten!
Meine Meinung speziell dazu habe ich in diesem Blog oft genug und auch heute vor Ort etwas plakativer kundgetan. Frau Scho-Antwerpes hat eine flammende und aufopfernde Rede gehalten, das auch noch an ihrem Geburtstag, dafür gebührt ihr vollster Respekt und innigster Dank. Leider hatte sie inhaltlich nicht viel zur Gleichberechtigung und wirklichen Förderung von Radverkehr beizutragen und wirkte in meinen Augen und Ohren kontraproduktiv. Schade, wird eine Bürgermeisterin doch von Außen (z.B. der Presse, Passanten, etc.) sicherlich wesentlich besser wahrgenommen, als ein Fahrradblogger oder ein Aktionsbündnismitglied. Ehrlich gesagt, habe ich mich von Frau Scho-Antwerpes gar nicht vertreten gefühlt und wäre gar an der ein oder anderen Stelle Buhrufen gegenüber nicht abgeneigt gewesen.
Zurück auf die Straße!
Das war’s aber vorerst mit der Meckerei meinerseits, denn Hans-Georg Kleinmann riss es mit seiner Rede wieder raus! „Zurück auf die Straße“ forderte er ganz keck und bemerkte u.a. folgerichtig, daß es bei Partnerschaft zwischen Radfahrern und motorisiertem Verkehr darum gehen muß, daß der Stärkere sich anpaßt und zurücksteckt und außerdem, daß das „Radwegekonzept der Stadt Köln für die Massen nicht mehr geeignet“ ist. Er brachte noch eine Menge weiterer vernünftiger Argumente und trug sie vor allem in einem Tonfall vor, der einerseits fordernd, andererseits aber auch verständlich und plausibel war. Vielen Dank dafür!
Zu den Fakten: die 3. Kölner Fahrrad-Sternfahrt war sicherlich ein großer Erfolg. Mit ca. 600 Teilnehmern hat sich die Anzahl im Vergleich zum letzten Jahr quasi verdoppelt. Das Wetter spielte mit, es war herbstlich frisch, blieb aber trocken und später wärmten uns gar ein paar Sonnenstrahlen. Die Tour aus Düsseldorf anzufahren (was ich einfach eine geniale Idee fand) paßte mir zeitlich dann doch nicht, somit fuhr ich mit Simon nach Leverkusen, um dort zu starten. Gute 30 Radfahrer machten sich also -begleitet von 2 Motorradpolizisten- auf den Weg über die B8 -natürlich auf der Fahrbahn- in Richtung Flittard und Mülheim. In Mülheim kamen noch ein paar Fahrer dazu und in Deutz war dann der erste große Zusammenschluß der rechtsrheinischen Touren. Klar im dreistelligen Bereich machten sich auch die ersten „Spezialisten“ bemerkbar, u.a. mehrere Liegeräder und ein Velomobil. In der Tour aus Brück gab es wohl Diskussionen mit dem begleitenden Polizisten, der die Sternfahrtteilnehmer tatsächlich über „Radwege“ schicken wollte. Nach stichhaltigen Argumenten zeigte sich die Ordnungsmacht einsichtig und es wurde auch hier auf der Fahrbahn gefahren.
Über die Deutzer Brücke ging es auf die linke Rheinseite, zum Zusammenschluß am Rudolfplatz. Hier zeigte sich, daß dieses Jahr doch einige mehr Radfahrer am Start waren, als bei den ersten beiden Ausgaben der Fahrrad-Sternfahrt. Es hatten sich Schulen beteiligt, aber man sah schönerweise z.B. auch Fahrradkuriere, die ihren freien Tag ebenfalls auf dem Rad verbrachten. Selbst Lastenräder mit Musikanlagen waren vor Ort und halfen mit, eine sehr relaxte Atmosphäre zu schaffen. Dazu ein paar Rennradfahrer und viele Kinder, gar eine Handbikerin im Rollstuhl – wirklich ein schöner, bunter Mix!
Autofreier Sonntag!
Ich glaube nicht, daß der angekündigte „autofreie Sonntag“ in irgendeiner Weise offiziell existierte, aber wir gestalteten ihn trotzdem immerhin teilweise. Die Hahnenstraße war von Rudolfplatz in Richtung Neumarkt für eine knappe halbe Stunde gesperrt, als wir auf den Zusammenschluß aller Gruppen warteten. Im weiteren Verlauf der Fahrt durch die Stadt, kam an uns definitiv kein Kraftfahrzeug vorbei, was aber wohl hauptsächlich an der mittlerweile massiven Polizeipräsenz (um die 8 Motorräder, ein Polizist in Uniform gar auf (s)einem zivilen Roller) lag. Die Polizisten sicherten sogar die Kreuzungen, die wir als geschlossener Verband und somit teilweise bei „rot“ querten. Was übrigens genügend Fußgänger nicht davon abhielt, sich todesmutig zwischen die Räder zu begeben, um Straßen zu überqueren.
Irgendwie blöd, daß Radfahrer von der Polizei „beschützt“ werden müssen, aber bei solch einer angemeldeten Fahrt geht das wohl nicht anders. Ohne „Polizeischutz“ finden tatsächlich die Critical Mass Touren in Köln statt, jeden letzten Freitag im Monat um 17:30 Uhr am Aachener Weiher – somit also diesen Freitag, den 24. September 2010!
Ich hätte es ganz gut gefunden, wären auch ein paar Beamte der Fahrradpolizei auf ihren Rädern anwesend gewesen. Wäre ja eine schöne Möglichkeit gewesen, einmal etwas Präsenz zu zeigen. Immerhin waren die freundlichen Jungs der DRK Fahrradstaffel vor Ort!
Nach einer guten Runde durch die Stadt fand dann also die Abschlußkundgebung, dieses Mal auf dem Neumarkt statt. Mir hatte der Roncalliplatz, direkt am Weltkulturerbe Kölner Dom, letztes Jahr wesentlich besser gefallen. Es gab Stände, z.B. von Greenpeace, VCD, ADFC, Polizei und dem Oberbürgermeister in Form des Amtes für Straßen- und Verkehrstechnik. Dessen Maskottchen der „Fahrradbeauftragte“ der Stadt Köln glänzte leider im 3. Jahr in Folge mit Abwesenheit. Ja, ich finde das erschreckend und peinlich!
Fazit: eine prinzipiell gelungene Veranstaltung und dafür gebührt den Organisatoren und Helfern innigster Dank.
Es gibt aber auch jede Menge Kritikpunkte, an denen man arbeiten kann und sollte. Das fängt bei der oben erwähnten kontraproduktiven Rede an, geht über die Wirksamkeit und Wahrnehmung der Forderungen von Radfahrern in der Öffentlichkeit und endet in der Form der Veranstaltung. Und machen wir uns nichts vor, 600 von 1 Mio. sind eine kleine Fahrradtour und vielleicht ein Anfang, können aber nie ein Ziel sein!
Ich habe –wie im letzten Jahr– gefilmt, werde es aber aus beruflichen Gründen nicht schaffen, den Film zeitnah zu schneiden. Bebilderte Impressionen reiche ich also in einer knappen Woche nach.
Tags: Allgemein · Fahrradbeauftragter · Polizei · Radwege · Sternfahrt
Verkehrspolitische Hetzparolen ruft der Kölner EXPRESS seit einigen Tagen, teilweise sogar auf seiner Titelseite aus.
Im weitesten Sinne geht es um die bewußte Vorrangschaltung von Ampelanlagen für den ÖPNV durch die Straßenverkehrsbehörde, welche zu Lasten der Autofahrer geht, die „dadurch im Stau stehen“. Laut EXPRESS wird der Nachrang der KFZ von der StVB bewußt vorgenommen, um Autofahrer zum Umsteigen auf Bus und Bahn zu bewegen. Dies stellt selbstverständlich eine Schikane und Bevormundung dar, die sich in einer großen „Stau-Wut“ äußert. Man mag meinen, daß ganz Köln zutiefst leidet und gegen Einschränkungen zugunsten ökologisch sinnvolleren Verkehrs komplett auf die Barrikaden geht. Dies bezeugen auch die täglich mehreren abgedruckten Leserbriefe verzweifelter Seelen, die es erscheinen lassen, als wäre es eine Zumutung, innerstädtischen Verkehr wohlmöglich auch nur ansatzweise ohne Auto stattfinden zu lassen. Dabei wird -bei einer rot-grünen Regierung- sogar die Trumpfkarte „Umweltschutz“ gespielt, denn die rot-grünen Gipsköpfe sind selbstverständlich schuld, wenn Autos keine „grüne Welle“ haben und an der Ampel die Luft verpesten. Zur Not sind die KVB-Bahnen ausschließlich alle verdreckt, bzw. fahren nie. Was vermutlich nur Mitmenschen zu behaupten wagen, die das letzte mal vor 20 Jahren eine Bahn betreten haben.
Was das alles in einem Fahrradblog zu suchen hat? Nun ja, ich bin sehr, sehr gerne dabei, wenn es darum geht, das Amt für Straßen- und Verkehrstechnik zu kritisieren. Auch ich halte -ganz wie der Kölner EXPRESS und suggestiv seine komplette Leserschaft- die Mehrheit der Menschen dort für ignorant und unfähig – allerdings aus ganz anderen Gründen.
Wenn Du, lieber EXPRESS, Dich mal als Organ Schwächerer geben würdest, dann würdest Du feststellen, daß man als Autofahrer in Köln auf Rosen gebettet wird, im Vergleich dazu, wie man uns Radfahrer über gefährliche Todesfallen und in abstruse Situationen schickt! Darüber findet sich leider nie etwas im Lokalteil, geschweige denn als täglicher Fortsetzungsroman, selbst wenn jemand totgefahren wird.
Stattdessen wird feinste Lobbyarbeit betrieben und die ADAC-Studie (!) seit nunmehr knapp 2 Wochen zum lokalpolitischen Thema Nummer 1 aufgebauscht. Wir Radfahrer haben leider keine so einflußreiche Lobby, als daß berechtigte Forderungen für die Sicherheit von Radfahrern es auf die Titelseite schaffen würden.
Solche Gedanken äußern EXPRESS-Leser nicht in ihren Briefen, als würde es die Aspekte gar nicht geben. Somi versende ich Teile dieses Artikels als Leserbrief an die EXPRESS-Redaktion, ich gehe fast jede Wette ein, daß dieser nicht abgedruckt wird, denn das würde ja nicht ins Bild der armen, gegängelten Autofahrer passen, apropos:
Ich finde ausdrücklich, daß die Vorrangschaltung des ÖPNV das Einzige ist, für das man unsere StVB tatsächlich einmal loben kann!
Statt Forderung nach „Grüner Welle“ und der aggressiven Forcierung von „Stau-Wut“ in der Bevölkerung, sollte man den Menschen klar machen, daß sie ihr Auto besser so oft wie möglich stehen lassen. Den Kölner EXPRESS habe ich übrigens in 34 Minuten Bahnfahrt von Köln-Mülheim nach Hürth durchgelesen. Praktisch, oder?
Einem Modellversuch in Bamberg, Halle, Dortmund und Karlsruhe nach, gibt es ein enormes CO2-Sparpotential beim Umstieg vom Auto aufs Fahrrad für Kurzstrecken: 3,9 Mrd PKW-Kilometer, bzw 1 Mio Tonnen CO2. Und der gesundheitliche Aspekt ist hier noch gar nicht berücksichtigt!
Eine Headline in 5 Zentimeter großen Buchstaben, „Kölner gegen den Kollaps, wir steigen um auf Bus, Bahn und Fahrrad“ ist aber leider sicherlich Utopie … oder?
In diesem Sinne: Burn fat, not oil!
Tags: Allgemein · Presse
Am 19. September 2010 findet die 3. Kölner Fahrrad-Sternfahrt statt. Alle Informationen gibt es auf der Website.
Ich hatte über die letztjährige Fahrrad-Sternfahrt einen -durchaus kritischen- Bericht samt Video angefertigt und bin entsprechend gespannt, ob und welche Fortschritte es dieses Jahr gibt. Immerhin wurde aus der Forderung nach mehr „Radwegen“ dieses Jahr das Verlangen nach „eindeutiger, sinnvoller und sicherer Radverkehrsführung“. Besucht man die Website, steht im Titel allerdings immernoch „Fahrraddemo für ein besseres Radwegenetz“.
Ich mache keinen Hehl daraus: „Radwege“ sind böse und gefährlich und in diesem Sinne werde ich auf gar keinen Fall dafür demonstrieren!
Andererseits kann es nur gut sein, wenn ein paar Hundert (Tausend wäre wohl eine Illusion, sieht man sich die Teilnehmerzahl des letzten Jahres an (280)) Radfahrer Zeichen setzend unterwegs sind, insofern werde ich in jedem Fall am Start sein – damit es so richtig Spaß macht, in der verbotenen Stadt startend ;-).
Ich bin also sehr gespannt, ob die Veranstalter aus den -ich schreibe mal „Ungeschicktheiten“- des letzten Jahres lernen und der neue Kundgebungsort Neumarkt (statt Roncalliplatz vor dem Dom) für mehr Aufmerksamkeit sorgen kann. Auch eine etwas offensivere Ausrichtung gegenüber der breiten Öffentlichkeit wäre sicherlich wünschenswert.
Ach übrigens, am 19. September 2010 ist laut Pressemitteilung auf der Website der Kölner Fahrrad-Sternfahrt der autofreie Sonntag! Gibt man bei Google (oder auf der Website der Stadt Köln) „autofreier Sonntag Köln 2010“ ein, findet man – nichts! Außer einigen Ergebnissen über den „autofreien Sonntag“ des letzten Jahres. Ich bin also sehr gespannt, wie autofrei genau der Sonntag dann wird …
Tags: Allgemein · Sternfahrt
Nach der schönen Tour Ende Juni wird es am letzten Freitag im Juli auch wieder eine Critical Mass geben. Merkt Euch also bitte den 30. Juli 2010 und erscheint zahlreich! Treffpunkt ist um 17:30 Uhr am Aachener Weiher, auf dem Hügel am bunten Fahrradreifen – wird (hoffentlich) nicht zu übersehen sein.

Flyer Critical Mass Köln
Generelle Infos darüber, was eine Critical Mass eigentlich ist, gibt der Wikipedia-Artikel. Folgende Punkte sollten aber noch einmal gesondert hervorgehoben werden:
- Die Gruppe fährt auf der Fahrbahn auf einer Spur und hält sich an die Verkehrsregeln, besondere Berücksichtigung des §27 StVO (geschlossener Verband), auch in Bezug auf Lichtzeichenanlagen und Einmündungen (Wenn die ersten Fahrzeuge eines Verbandes in eine Kreuzung eingefahren sind, müssen die restlichen Fahrzeuge folgen, auch wenn die Ampel zwischendurch auf „Rot“ umspringt)
- Die Gruppe bleibt kompakt und beisammen um durch den motorisierten Verkehr nicht zerrissen zu werden.
- Alles bleibt friedlich und lässt sich durch aggressive Autofahrer nicht provozieren. Der Verkehr wird nicht absichtlich gestört, es geht nicht um Verkehrsbehinderung anderer, sondern darum, sich als unmotorisierter Verkehrsteilnehmer ein Stück öffentlichen Lebensraumes, die Straße, zumindest zeitweilig zurückzuerobern.
- Das Motto lautet: Wir behindern nicht den Verkehr, sondern sind Verkehr!
- In diesem Sinne auch: keine Angst vor der Polizei! Unsere Freunde und Helfer kennen -wie wir- die Verkehrsregeln und Gesetze genau und werden sich entsprechend kooperativ verhalten!
- Es gibt keinen Organisator oder Anführer.
- Die Geschwindigkeit bleibt moderat (ca.15 km/h).
- Jeder der mitfährt ist natürlich für sich selbst verantwortlich.
- Jeder Mitfahrer sollte insbesondere ein verkehrssicheres Fahrzeug führen (intakte Beleuchtungsanlage, Bremsen, etc.
Also: möglichst bunt, zahlreich, laut und gut gelaunt mitradeln!
Tags: Critical Mass · Innenstadt
„Ich bin ja auch nur ein Mensch …“ sagte der Polizist, der mich dieser Tage mit dem Streifenwagen beinahe umnietete, als er in Köln-Mülheim am Wiener Platz, ohne auf den rückwärtigen Verkehr zu achten, aus der Parklücke auf die Fahrbahn zog. Ich fuhr ihm winkend hinterher, was ihm -trotz zweimal Abbiegen- wohl nicht auffiel (vgl.: Schulterblick, Rückspiegel). Lustigerweise hielt er 20 Meter hinter meinem Haus.
Schön, die Gewissheit zu haben, daß ein Polizist auch nur ein Mensch ist. Schade, daß eine Person mit Vorbildfunktion die gleichen Statements von sich gibt, wie jeder andere Verkehrsrüpel auch, „… aber es ist ja nichts passiert!„
Tags: Polizei · Verkehrsrüpel
Kurzfristig, nämlich 2 Tage vorher, erreichte mich über ein paar Ecken die Information, daß am Freitag den 25.6.2010 eine Critical Mass in Köln stattfinden solle. Treffpunkt war die Wiese hinter Jacques Weindepot an der Aachener Strasse und ein Aufruf fand sich im Weblog der Fahrrad-Guerilla.
Das Prinzip der Critical Mass möchte ich hier nicht detailliert erläutern, es gibt im Netz genügend Erklärungen, beispielhaft verweise ich auf den Wikipedia -Artikel. Ich hatte die Idee für eine Critical Mass in Köln schon länger im Kopf (habe beispielsweise die Domains www.critical-mass-koeln.de und www.critical-mass-cologne.de registriert) und war in diesem Sinne sehr erfreut, daß es Gleichgesinnte gibt, die mir nun zuvor gekommen waren!
Ein Grüppchen am Treffpunkt war (ob einiger eindeutiger Plakate) schnell ausgemacht und nach einer kleinen Vorstellung ging es dann mit ca. 20 Radlern los. Viel Wohlwollen und Gejohle lösten wir bei unser kleinen Runde über die Wiese am Aachener Weiher bei Grillern und Fußballfans aus und letztlich schlossen sich noch ein paar Leute der Aufforderung „fahrt mit“ an.
Etwas über 30 Fahrräder rollten somit straßenverkehrsordnungskonform Richtung Kölner Ringe. Eine Route war nicht festgelegt worden, schließlich handelte es sich ja um eine Fahrradtour und nicht etwa um eine organisierte Demonstration, somit ergab sich der Fahrtweg von selbst. Wir hatten lediglich vereinbart, uns selbstverständlich an die Straßenverkehrsordnung zu halten, insbesondere in Bezug auf §27 StVO. Dies gelang auch -bis auf ein unumsichtiges Wendemanöver- mit Bravour.
Einige Teilnehmer der Critical Mass machten mit Sprechchören durchaus auf ihre Gesinnung („ob mit oder ohne Hut, Fahrrad fahren ist gut!„) aufmerksam. Auch dies darf man keinesfalls als etwa organisierte Demonstration werten. Ich hab übrigens auch -in Honoration der uns zujohlenden Fußballfans und Nachtschwärmer- „Go Spanien, go!“ und „England verrecke“, sowie „Jogi Löw ins Amt für Straßen- und Verkehrstechnik!“ gerufen! „Mann, was für tolles Wetter!“ habe ich von Mitfahrern ebenso vernommen.
Die Critical Mass dauerte ca. eine Stunde und relativ schnell eskortierte uns ein Motorrad der Kölner Polizei, indem es uns brav (übrigens mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 8 km/h) überall hin folgte.
Tatsächlich 100 Meter vor Ende unserer Tour wurden wir auf der Aachener Straße dann doch noch von einem Einsatzwagen der Polizei auf der Fahrbahn gestoppt. Zwei sehr freundliche Polizisten (der „Chef“ hatte 4 Sterne) mutmaßten, daß wir ja sicherlich nur eine „unorganisierte Fahrradtour“ unternommen hätten und wiesen uns -mit absoluter Berechtigung- darauf hin, daß bei einigen Teilnehmern der Tour die Beleuchtungsanlagen nicht in Ordnung wären und das das nächste mal 15.- Euro kosten würde. Dann wünschten sie uns eine gute Fahrt und wir ihnen einen schönen und ruhigen Abend, nicht ohne ausdrücklichen Gruß an den freundlichen Motorradpolizisten für die nette Begleitung.
Fazit: ein netter Abend und eine schöne Aktion mit freundlichen Menschen. Die anderen Verkehrsteilnehmer haben sich fast ausschließlich kooperativ verhalten, die meisten hupten, johlten und winkten uns freundlich zu, nur ein paar Taxen mußten Hektik verbreiten und die freitagabendlichen Vollgasproleten, die ihr Urlaubsgeld in Super bleifrei investieren, konnten wir wahrscheinlich zum Nutzen für die Allgemeinheit mal für ne Stunde vom Rasen über die Kölner Ringe abhalten ;-).
Die Critical Mass soll in Köln zukünftig jeden letzten Freitag im Monat stattfinden. Bleibt zu hoffen, daß das wächst und gut funktioniert – auch wenn es regnet und wieder Winter wird. Vielen Dank also an die Iniatoren und einen besonderen Dank an die Kölner Polizei für das besonnene Verhalten. Und übrigens: genügend Critical Masses haben mit weitaus weniger als 30 Teilnehmern begonnen – insofern war der gestrige Abend ein voller Erfolg!
Tags: Critical Mass · Innenstadt · Kölner Stadtteile · Polizei