Mit dem Fahrrad in und um Köln

Ein Watchblog für Kölner Radverkehrspolitik

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Verkehrsrüpelerziehung (1)

April 13th, 2009 · 9 Kommentare

Der Frühling naht. Meteorologisch und kalendarisch ist er bereits da – ein paar schöne Tage gab es schon und sicherlich wird es nicht mehr lange dauern, bis die Temperaturen dauerhaft angenehmer werden. Für den Alltags- und Allwetterradfahrer heißt das, daß die wasserdichte Winterkleidung samt dicken Handschuhen langsam eingemottet werden kann. Die Rennradler putzen an ihren Boliden und drehen die ersten schnellen Runden des Jahres und die TorkelGelegenheitsradler bevölkern bereits die „Radwege“, die Gehwege, die Promenaden und die Parkplätze – und das mit Sicherheit in allen Richtungen, ob erlaubt oder nicht – wahrscheinlich jedoch immer mit Helm, wegen der Sicherheit! Was sarkastisch klingen mag, erfreut mich eigentlich generell: wenn Menschen das Fahrrad als Fortbewegungsmittel nutzen, sei es auch nur für wenige Kilometer und auch nur bei Sonnenschein. Weniger schön ist es allerdings, wenn dies dann wider jeglichen Verstand und alle Verkehrsregeln passiert.

Frühling heißt auch, daß die Presse -für uns Kölner sind das z.B. „Express“, Kölner Stadt-Anzeiger“, „Bild“, etc. aber natürlich auch die „ADAC Motorwelt“- das Fahrradfahren für ihre Schlagzeilen entdeckt. Und neben Ratgebern, wie man das Fahrrad „frühjahrsfit“ macht, wird es schon bald die unvermeidlichen „Rad-Rambo“ Berichte geben, in denen man reißerisch moniert, daß die bösen Radfahrer alle ohne Licht fahren, bei Rot über die Ampel fahren, nicht auf Radwegen fahren und sich generell an keine Verkehrsregeln halten. Und selbstverständlich werden natürlich  bestimmt auch Kennzeichen für Radfahrer gefordert!

Ich sag es ganz klar: ich bin strikt für die Einhaltung elementarer Verkehrsregeln und somit ganz sicher gegen Rotlichtverstöße, Mißachtung der Vorfahrt und besonders das Fahren gegen die Fahrtrichtung. Vor kurzem gab es z.B. in der Nähe der Uni Köln eine Verkehrskontrolle, in der Fahrradfahrer, die gegen die Fahrtrichtung fuhren, angehalten und mit einem Bußgeld belegt wurden. Man konnte durchaus den Aufschrei „Abzocke“ vernehmen. Meine Aussage dazu lautet ganz klar: „noch mehr Kontrollen!“, denn eklatantes Fehlverhalten anderer Verkehrsteilnehmer, egal auf wieviel Rädern, ist die größte Gefahr für jeden Radfahrer.

ABER -und das ist der Punkt, der in der Sensationspresse niemals behandelt wird- es gibt unzählige Situationen, in denen Verkehrsrüpeltum von Seiten der Verkehrsplaner quasi anerzogen wird. Linksseitige benutzungspflichtige Radwege, die im Nichts enden – viele Radler fahren oftmals, ohne sich Gedanken zu machen, einfach geradeaus auf dem Gehweg weiter. Und überhaupt: den einen Weg muß man links benutzen, beim nächsten Weg zahlt man links ein Bußgeld – das ist durchaus nicht für jeden Gelegenheitsradler so einfach zu verstehen. Ampelschaltungen, die -oftmals komplett unsinnig- einzig zum Vorrang des KFZ-Verkehrs geschaltet sind (ich kenne in Köln eine Kreuzung, an der ich  als Radfahrer 7 (!) Ampeln queren muß, obwohl ich geradeaus fahren möchte!) oder an denen man per Bedarfsampel um „Grün“ betteln muß, obwohl weit und breit kein Fahrzeug in der Nähe ist. Da verleitet es natürlich, einfach bei „Rot“ zu fahren. Ebenso, wenn der Parallelverkehr auf der Fahrbahn „Grün“ bekommt, der Radfahrer aber nicht.

Bei meinen Touren in Köln fallen mir öfters Radverkehrssituationen auf, in denen man quasi gezwungen wird, gegen Verkehrsregeln zu verstoßen. Einige davon möchte ich in lockerer Folge aufzeigen.

Folgende Situation besteht am Militärring in Höhe des Höninger Wegs, also zwischen Klettenberg, bzw. Zollstock und dem Grüngürtel, genau hier. Der Höninger Weg führt vom Tierheim, bzw. Sportzplatz aus kommend an die Militärringstr., dort befindet sich eine Ampel. So sieht die Kreuzung aus:

Höninger Weg Ecke Militärringstraße

Ich fahre diesen Weg oftmals zweimal die Woche, ausschließlich abends nach 19:30 Uhr und zu allen Jahreszeiten und möchte geradeaus die Militärringstr. in den Unteren Komarweg queren. Mit allen benutzten Rädern (zwei Trekkingräder, ein Rennrad mit Alurahmen, ein Rennrad mit Stahlrahmen) reagiert die Induktionsschleife offenbar nicht, man wartet und wartet und wartet … und die Ampel wird einfach nicht „Grün“! Es gibt nun verschiedene Möglichkeiten, um den Weg fortzusetzen:

– bei „Rot“ über die Ampel fahren
– Absteigen, bzw. rechts auf den Gehweg fahren und den Druckknopf für die Fußgängerampel benutzen
– Warten bis ein KFZ kommt und die Induktionsschleife auslöst (da kommen allerdings kaum KFZ vorbei)

Es ist wohl fast unnötig zu erwähnen, daß ich mich tatsächlich regelmäßig für die erste Variante entscheide. Obwohl ich entschiedener Gegner von Verkehrsrowdytum jeglicher Art bin, oute ich mich hiermit also als Rotlichtsünder und sogar als mehrfacher Wiederholungstäter! Und ja, ich habe die Ampelschaltung gestestet und einmal tatsächlich knapp 11 Minuten gewartet, bis es mir dann doch zu bunt wurde …

Ein nicht zu unterschätzender pädagogischer Aspekt ist die Tatsache, daß der Höninger Weg direkt vom anliegenden Sportplatz wegführt, wo viele Jugend-Fußballmannschaften trainieren. Ich konnte sehr oft beobachten, daß Kinder und Jugendliche -vom Training kommend- auf ihren Fahrrädern die Ampel bei „Rot“ querten (die Militärringstraße ist übrigens durchaus viel befahren) – was sollen sie auch machen, wenn es nicht „Grün“ wird? Warum sollen sie denn nun an anderen Ampeln bei „Rot“ warten, wenn sie  hier aus eigener Erfahrung gelernt haben, daß das sinnlos ist? Richtig ironisch wird es, wenn man sich einmal genauer anschaut, wie es geradeaus weitergeht:

Militärringstraße Ecke Unterer Komarweg

Der „Untere Komarweg“ ist also sogar eine Fahrradstraße! Na dann!

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Tags: Verkehrsrüpel · Zollstock

9 Antworten bis jetzt ↓

  • 1 Hilmar Steinhauer // Apr 13, 2009 at 21:36

    Ja, es gibt mehr als reichlich verkehrplanerische Benachteiligungen für Radfahrer in Köln, und fast immer wirken die wie von Dir beschrieben: der Radler fühlt sich quasi genötigt die Verkehrsregeln zu übertreten. Das wird dann auch schnell zur Gewohnheit, und auch in Situationen angewandt, wo objektiv gar keine Benachteiligung existiert.

  • 2 Holger Müller // Apr 14, 2009 at 13:43

    Ein nettes Beispiel für „Verkehrserziehung“ habe ich am Donnerstag kennen gelernt, als ich linksrheinisch von Leverkusen in die Kölner Innenstadt wollte und dummerweise der Radbeschilderung gefolgt bin.
    Dadurch gelang ich auf den Niehler Damm, an der Ecke Boltensternstrasse/Amsterdammerstrasse wollte ich links in die Amsterdammer einbiegen.
    Da ich dem Radweg folgte, wurde ich über 8!!! Fahrbahnüberquerungen gelotzt.
    Natürlich waren die so beampelt, dass diese wechselseitig Rot zeigten!
    Als Autofahrer hätte ich lediglich eine Ampel beachten müssen.
    Ähnliches passiert einem am Messekreisel in Köln-Deutz, wenn man Ortsunkundig ist und von Norden kommend (Radweg Pfälzischer Ring linksseitig!) nach links in die Deutz Mühlheimer Strasse möchte und dort gegen den Uhrzeigersinn (also wie üblich rechtsfahrend den Kreisel umkreist) -> 5 Querungen mit wechselnder beampelung, gegenüber einer Einfahrt in den Kreisel als KFZ-Führer

  • 3 siggi // Apr 14, 2009 at 23:05

    Hier mal ein Beispiel wo man, als Radfahrer, praktisch gezwungen ist einen Rotlichtverstoss zu begehen. Macht man es nicht wird man nicht überleben.
    Auch auf der Fahrbahn gelten für Radfahrer die Fahrradampeln – na dann viel Glück.
    http://siggis-seiten.de/b/Kreuzung-Bayerkreuz.jpg

  • 4 Hans // Apr 20, 2009 at 14:32

    Entspricht ganz genau meinen Erfahrungen. Allerdings noch eine Ergänzung: Der richtige Fahrradfrühling ist aus Sicht der Medien erst dann eingeläutet, wenn irgendwo die erste Meldung mit dem Tenor „Radfahren macht impotent“ erscheint (meist mit einem halbdebilen oder gleich gänzlich selbst erfundenen Urologen als Testimonial).

  • 5 Wünsche der Taxifahrer // Apr 21, 2009 at 10:52

    […] XHTML ← Verkehrsrüpelerziehung (1) […]

  • 6 Du kommst hier nicht durch! // Jul 2, 2009 at 12:47

    […] ich habe in beiden Fällen weder die Bahn genommen, noch geschoben, sondern mich im Rahmen der Kölner Verkehrsrüpelerziehung illegalerweise über Zeichen 254 hinweggesetzt und mein Fahrrad tretenderweise Richtung nach Hause […]

  • 7 Ein Zollstocker // Sep 8, 2009 at 12:34

    Der Höninger Weg in Zollstock wurde vor fast 2 Jahren neu gestaltet und unter anderem mit einem rot markierten Radfahrstreifen versehen. Dennoch gibt es sehr viele Radfahrer, die den relativ schmalen Bürgersteig zwischen Herthastraße und Zollstocksweg befahren und die Fußgänger gefährden. Fußgänger werden nicht selten angepöbelt.

    Da die Polizei personell nicht in der Lage ist, das Unwesen zu stoppen, sollte die Stadt Köln dem Ordnungsamt die Zuständigkeit für die Fußwege übertragen.

  • 8 Marco // Sep 8, 2009 at 13:12

    @ „Ein Zollstocker“:

    das sehe ich so ähnlich, ich befürworte zumindest generell Die Kontrolle von „Bürgersteigradlern“, ebenso wie die Kontrolle von „Geisterradlern“ und auch das Verhängen von Ordnungsgeldern an Selbige.

    Ich fahre nicht all zu oft den Höninger Weg entlang, möchte aber anmerken, daß die Radfahrstreifen auf dem Höninger Weg auch nicht wirklich für mehr Sicherheit der Radler sorgen, verleiten sie doch den KFZ-Verkehr in „ihrer Spur bleibend“, OHNE angemessenen Sicherheitsabstand zu überholen (vgl. StVO §5 Abs. 4). Als Radfahrer Abstand zum Bordstein zu halten ist auch nicht möglich und -soweit ich mich erinnere- kommt man den Straßenbahnschienen desöfteren gefährlich nahe, was verheerend sein kann, wird man grad von einem spurdenkenden KFZ-Führer überholt.

  • 9 Notizblog » Intelligentere Verkehrsführung spart Kameras // Sep 9, 2009 at 10:25

    […] schön: Wahlplakate mitten im Weg oder mit Vorliebe auf Kopfhöhe der Radfahrer. Und Ampeln, die auf ewig Rot […]

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