Mit Behörden ist oftmals wahrlich nicht so einfach zu kommunizieren und es ist von außen teilweise auch verwunderlich, welche Gänge eine e-Mail in einer Behörde nimmt – das scheint für viele Menschen dort im 21. Jahrhundert wohl tatsächlich immer noch #Neuland zu sein. Ich habe so z.B. schon von der Kölner Polizei per e-Mail Schreiben bekommen, die (offensichtlich) mit Word aufgesetzt, dann ausgedruckt, eingescannt und als .pdf versandt wurden. Kein Scherz! Ich habe auch schon Word-Dateien (die ggf. mehr als den einfachen Inhalt beinhalten) bekommen und das dann per e-Mail von einem ganz anderen Absender als dem Unterzeichner – da weiß man eigentlich gar nicht, mit wem man kommuniziert. Aber immerhin: viele Polizeibeamte kommunizieren tatsächlich per e-Mail und -was ich ausdrücklich bemerken möchte- im Gegensatz zur Stadtverwaltung und dem „Fahrradbeauftragten“ bekommt man bei der Polizei immer eine Antwort.
Nach meiner Beschwerde über eine, bzw. drei Polizeibeamtinnen, die mich bezichtigten, durch die bloße Teilnahme am Straßenverkehr mit dem Fahrrad die „Autos zu behindern“, bekam ich also umgehend eine Eingangsbestätigung und rund zwei Wochen später eine e-Mail von Bernd Lichtenberg von der Direktion Gefahrenabwehr der PI6. Herr Lichtenberg würde mich „gerne telefonisch kontaktieren“ und wollte meine „Erreichbarkeit“ wissen. Nun ist es einerseits so, daß ich, seit ich vor einem knappen Jahrzehnt, in den Anfangstagen dieses Weblogs, von einem mit mir telefonierendem Polizeibeamten mal -salopp gesagt- am Telefon ganz gewaltig verarscht wurde, schriftliche und somit verwertbare und zitierfähige Stellungnahmen bevorzuge und dies bei einer Dienstaufsichtsbeschwerde auch für nötig erachte. Andererseits war ich Ende November beruflich zunächst noch sehr eingespannt, um mir dann -wie jedes Jahr- ein paar Tage Auszeit zu nehmen: den Traum einer Reise mit Frau und Schwiegereltern nach New York und kurz daraufhin die alljährliche Jahresend/anfangsflucht zum Rennrad fahren nach Mallorca. Herrn Lichtenbergs weitere e-Mail ein paar Tage später, in der er anmerkt, daß er mich „leider bisher nicht“ erreicht hätte, beantwortete ich dann auch mit „Grüßen aus New York City“, daß ich einige Zeit außer Landes bin und zunächst seine „schriftliche Bearbeitung meiner Dienstaufsichtsbeschwerde“ präferier. Dann machte ich mich auch schon auf den Weg, um unter balearischer Sonne ordentlich Kilometer abzuspulen und das Jahr ausklingen zu lassen.
Zwischenzeitlich hatte ich nun eine Beantwortung meiner Dienstaufsichtsbeschwerde erhalten. Auf dem gutem alten Postweg (siehe ersten Absatz) schrieb mir Herr Polizeidirektor Reischke, er hätte sich den Anlass meiner „Beschwerde nachbereiten“ und sich “ das Ergebnis vortragen lassen“. Er führte weiterhin aus, ich hätte „ein persönliches Gespräch abgelehnt“, was so natürlich gar nicht stimmt. Mit zwei Sätzen geht Herr Reischke schließlich auf meine Dienstaufsichtsbeschwerde, die immerhin sieben Punkte enthält ein:
Zu Recht erheben Sie den Anspruch, dass Polizeibeamte Kenntnisse der aktuellen Rechtslage besitzen und diese anwenden.
Ich habe veranlasst, die Pflicht zur oder die Befreiung von der Radwegnutzung zu verdeutlichen.
Dazu kommt noch der Wunsch, daß ich „allzeit gute und sichere Fahrt“ mit meinem Fahrrad habe und das war’s dann also schon. Kein Wort über das „Verkehrshindernis“, die „Behinderung von Autos“, usw. Und auch kein weiteres Bedürfnis nach einem „persönlichen Gespräch“, das ich Frau A. vor Ort ja schon durchaus angeboten hatte. Ich schrieb Herrn Reischke und Herrn Lichtenberg dann noch einmal eine e-Mail:
vielen Dank für Ihr Schreiben vom 20.12.2016, das mich per Briefpost erreichte.
Sie nehmen darin schriftlich Stellung zu meiner Beschwerde und bemerken, ich hätte „ein persönliches Gespräch abgelehnt“.
Dies ist nicht richtig. Ich habe mir *zunächst* eine schriftliche Antwort erbeten, dies schließt ein weiteres persönliches Gespräch natürlich nicht aus. Ich gehe zudem davon aus, daß Dienstaufsichtsbeschwerden generell schriftlich bearbeitet werden, bzw. werden müssen.
Dies teilte ich Herrn Lichtenberg mit, ebenso, daß ich mich einige Zeit im Ausland aufhielt, weswegen ein persönliches Gespräch gar nicht möglich war.
Sie teilen mir mit, sie hätten veranlasst, Frau A. und ihren Kolleginnen „die Pflicht zur oder die Befreiung von der Radwegnutzung zu verdeutlichen“. Beinhaltet dies auch die weiteren Beschwerdepunkte vom 11.11.2016? Ich bat in meiner Dienstaufsichtsbeschwerde darum, daß Frau A. darüber aufgeklärt wird,
– daß ein Verkehrsteilnehmer kein Hindernis darstellt, auch nicht, wenn er „nur 20 km/h“ oder noch langsamer fährt
– daß es einem schnelleren Verkehrsteilnehmer zuzumuten ist, einige Augenblicke zu warten, wenn er einen mit 20 km/h oder weniger fahrenden, langsameren Verkehrsteilnehmer nicht sofort überholen kann
– daß ein Radfahrer immer genügend Abstand zu den sich potentiell öffenenden Türen von parkenden Kfz einhalten sollte, dies in jedem Falle aber darf und er sich nicht selbst gefährden muss
– daß ein „Radweg“ nicht „immer benutzt werden muss, wenn er vorhanden ist“, sondern nur, wenn er ausnahmsweise gemäß StVO §2.4 und §45.9 bei „qualifizierter Gefahrenlage“ als benutzungspflichtig angeordnet wurde und darüberhinaus auch benutzbar und zumutbar ist
– daß ein Radfahrer nicht durch bloße Anwesenheit die „Autos behindert“ wenn er die Fahrbahn benutzt
– daß ein „Radweg“ nicht dazu da ist, um die Fahrbahn frei von vermeintlichen „Hindernissen“ für Kraftfahrzeuge zu halten
– daß ein Fahrrad ein Fahrzeug ist und darüberhinaus, daß ein Fahrrad ein gleichberechtigtes Fahrzeug istSehr gerne stehe ich für ein persönliches Gespräch zur Verfügung. Ich schlage hierzu allerdings vor, einen sachverständigen Bürger hinzuzuziehen. Ich hatte bei Frau A. und ihren Kolleginnen nicht den Eindruck, daß sie sich von einem profanen Bürger belehren lassen möchten, deswegen schlage ich vor, Herrn Joachim Schalke zu einem Gespräch hinzuzuziehen. Herr Schalke ist Polizeibeamter und 1. Vorsitzender des hiesigen ADFC, d.h. er dürfte gleichermaßen fachlich versiert und auch fähig und moderat sein, Ihnen und Ihren Beamtinnen auf Augenhöhe zu begegnen.
Mit freundlichen Grüßen,
Das fand (und ich finde ich noch immer) eine gute Gesprächsgrundlage, ich hatte es schriftlich, daß meiner Beschwerde -wenn auch wohl eher halbherzig- nachgegangen wurde und bot ein persönliches Treffen im Beisein eines Mediators an. Letztlich geht es mir darum, daß Frau A. und ihre Kollegen in Zukunft wissen, was Radfahrer dürfen und was nicht und dies auch besonders aus der Sicht dessen, der sein Fahrrad als ausschließliches Verkehrsmittel nutzt.
Die Antwort von Herrn Reischke ließ dieses mal nicht lange auf sich warten und kam auch, dem 21. Jahrhundert angemessen, per e-Mail. Er bedauerte die fehlgeschlagene Kontaktaufnahme, bedankte sich für mein „freundliches Angebot der thematischen Befassung“ und teilte mir dann mit:
Nach der umfassenden und abschließenden Erörterung Ihres Vorbringens in meinem Haus sehe ich für weitergehende Diskussionen keinen Bedarf.
Das übersetzt sich wohl von selbst.
9 Antworten bis jetzt ↓
1 Norbert // Jan 31, 2017 at 21:39
Auch als harmloser Bürger einer anderen Stadt habe ich vom kölner Fahrradbeauftragten auf eine einfache Sach-Frage nie eine Antwort bekommen.
2 Sabine // Feb 1, 2017 at 14:52
„… sehe ich für weitergehende Diskussionen keinen Bedarf.“
Den merk ich mir für die nächsten Diskussionen um Radwegebenutzerpflicht … mit wem auch immer.
3 Jochen G. // Feb 3, 2017 at 15:12
Und welcher Vorschrift soll dieser polizeilich abschließende Dreizeiler, den ich mir eher als als Klassifizierungsstandard für dienstliche Arroganz vorstellen kann, entsprechen?
4 Dietmar // Feb 14, 2017 at 13:08
Die knappe Antwort kann man durchaus positiv interpretieren: wenn ein Polizeibeamter vom Direktor deine letzte Mail als abschließende Erörterung weitergeleitet bekommt, kommt das einem „Einlauf“ gleich.
Allerdings gebe ich zu, dass bei mir hier ein gewisser Optimismus mitschwingt… 😉
5 Karl Kreidbaum // Feb 19, 2017 at 17:51
OOT: Kennt jemand Fälle, in denen es in Köln gelungen ist, Radwegbenutzungspflichten erfolgreich wegzuklagen? In diesem Blog werden regelmäßig Behörden (Amt für Straßen und Verkehrstechnik und Polizei) analysiert, was aber ist über die Kölner Gerichte eigentlich bekannt?
6 Karl Kreidbaum // Mrz 4, 2017 at 23:30
Hm, ich stelle mal die Gegenfrage: Kennt jemand Fälle, in denen jemand bei Klagen gegen die Stadt Köln verloren hat, als er / sie versuchte, Radwegbenutzungspflichten wegzuklagen?
7 Ralf // Mrz 8, 2017 at 17:22
@Karl
Ich habe doch einige Klagen eingereicht. Eine hängt noch in der Revision, alles andere ist eher gescheitert. Hier und da mal kleine Korrekturen versprochen, ganz wenige davon umgesetzt und noch weniger Benutzungspflichten aufgehoben. Teilweise wurden welche auch nur auf dem Papier aufgehoben. Die Schilder sollen seit 2 oder 3 Jahren entfernt werden, sobald mal Zeit ist.
8 Marco // Mrz 8, 2017 at 23:18
@Ralf: wenn etwas „auf dem Papier aufgehoben“, aber nicht umgesetzt wurde, dann solltest Du besser aktiv werden.
9 Ralf // Mrz 10, 2017 at 14:38
@Marco
Ich bin dieses Jahr bisher einmal Fahrrad gefahren…Mir ist die Lust am Radfahren vergangen.
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