Mit dem Fahrrad in und um Köln

Ein Watchblog für Kölner Radverkehrspolitik

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In eigener Sache: Fahrrad fahren!

Oktober 12th, 2014 · 6 Kommentare

Drei Monate ohne Artikel. Und ich bin in Kommentaren, per e-Mail und auch persönlich nach dem ersten Lebenszeichen gegrüßt worden, mit den Worten „schön, daß Du wieder da bist!„. Natürlich war ich aber nie weg.

Ich mache mir nichts vor, die Arbeit, die dieses Weblog verdienen würde, ist ein Fulltimejob – selbstverständlich unbezahlt, da ehrenamtliches Engagement- man darf sicherlich sagen „Aktivismus“. Auch wenn mir persönlich dieses Wort immer zu sehr mit der erhobenen Faust daher kommt und man damit leicht in eine Schublade gesteckt wird, womit ich ein ernstes Problem hätte. Anyway, ich werde auch weiterhin jedes Angebot, Werbung zu schalten oder bezahlte Artikel (z.B. über Produkte wie Helme, *lol*) zu schreiben, ablehnen und meiner Linie treu bleiben. Dazu gehört vor allem: unabhängig zu sein (was nicht heißen soll, daß ich keine Hilfe oder Unterstützung annehme) und ein gewisses journalistisches Level zu halten. Dazu gehört Recherche und die ist zeitaufwendig und -wenn man es mit Verwaltung oder Polizei in Köln zu tun hat- auch nervenaufreibend. Und natürlich habe ich ein Berufs- und ein aufregendes Privatleben, womit ein großer Teil meiner Zeit abgedeckt ist. Dazu kommt noch die schönste Sache der Welt, der ich so oft wie möglich nachgehen möchte: Fahrrad fahren! Und obwohl dies ja ein „verkehrspolitisches Weblog“ ist, möchte ich davon heute tatsächlich einmal berichten – ein kleiner Exkurs darf mal sein!

Ich habe also den Sommer (für mich beruflich generelle eine etwas auftragsärmere Zeit) genutzt, um einige großartige Erlebnisse auf dem zu Fahrrad haben. Vor ein paar Jahren hatte ich ja schon einmal von dem tollen Gefühl berichtet, 10.000 Jahreskilometer auf dem Fahrrad vollgemacht zu haben – das ist mittlerweile nichts aufregendes mehr, in den letzten Jahren waren es immer 15-16000km und sofern ich keinen gesundheitlichen Einbruch erleide, werden es dieses Jahr wohl eher 17-18000km sein. Das Ziel war dieses Jahr eher, konstant ein Level zu halten, sowohl was die Fahrleistung, besonders aber die körperliche Leistung angeht. Das ist mir in jedem Fall gelungen – ich bin so fit (und so leicht) wie noch nie in meinem Leben und mein Hausarzt ist stolz auf mich. Was will ich mehr nach 18 Jahren des Kettenrauchens (fast auf den Tag vor 7 Jahren damit aufgehört)?

Meine Hausrunde auf dem Rennrad ist 80km lang mit etwas über 1.000 Höhenmetern, die fahre ich 1-2 mal die Woche und zwar so, daß ich -im Vergleich zu früher- danach eben nicht platt bin, sondern bereit für die Aufgaben des täglichen Lebens. Dazu kommt mittwochs eine oftmals knackige und auch ambitionierte 100km Runde mit der Chaingang durch’s Bergische Land, die auch schonmal einen Schnitt von 33km/h haben kann – da schmecken Pizza und Weizenbier danach ganz besonders, während das (leichte!) Zwicken in den Beinen am nächsten Morgen schnell vorbei ist.

Dieses Jahr stellte ich mich -radsportlich- dann aber noch besonderen Aufgaben. Erlebnis Nummer 1: Mit dem Rennrad in die Alpen. Aus einer Schnapsidee wurde zunächst ein Plan und dann tatsächlich Wirklichkeit. Am 14. Juli 2014 startete ich, nur mit leichtem Gepäck im Rucksack, auf dem Rennrad nach Gerlos ins Zillertal. Die Route hatte ich vorher am PC ausgearbeitet, über ein Rennrad-Forum ein paar Tips erfragt und dann noch einmal etwas überarbeitet. Auf dem Papier, bzw. meinem Fahrradcomputer stand nun also ein Track von 880km Länge mit über 12.000 Höhenmetern – diesen wollte ich in vier Tagen fahren, dann einen Tag dort dort bleiben, um am nächsten Tag mit dem Auto zurück nach Hause mitgenommen zu werden.

Gesagt, getan und morgens um 11:24 Uhr (viel zu spät!) gestartet. Ich musste also über 200km am Tag fahren. Das an sich ist nicht das Problem, das habe ich schon öfters gemacht, da standen nun aber auch noch einige Höhenmeter zur Debatte und die Unwägbarkeiten des Wetters kamen auch noch hinzu. Vorneweg: besseres Wetter hätte ich kaum haben können! Am ersten Tag waren die Straßen noch nass, was in den Abfahrten des Westerwaldes durchaus einiges an besonderer Aufmerksamkeit erforderte, später waren die Bedingungen quasi perfekt: ein heiterer Himmel und Temperaturen um 25° – ich habe nicht einen einzigen Regentropfen abbekommen! Die erste Etappe führte mich 195km immer auf und ab über Bergisches Land und Westerwald bis nach Wetzlar. Die zweite Etappe 215km über Vogelsberg und Spessart bis nach Nordheim an die Mainschleife, wo ich idyllisch auf einem kleinem Weingut übernachtete.  Die dritte Etappe kürzte ich dann tatsächlich ab und überbrückte 50km mit dem Auto, da ich in das Gästezimmer von Freunden in der Nähe von München eingeladen worden war und ich -bedingt u.a. durch zwei Reifenpannen- doch wirklich sehr spät angekommen wäre, was gehießen hätte: weniger Zeit zum Reden, Essen und nen ordentlichen Wein aufmachen. Trotzdem standen 265km (bis in die Nähe von Augsburg) auf dem Tacho und diese Etappe war dann vielleicht sogar die Schönste: das erste Auto überholte mich nach exakt 47km. Allein auf aspahltierten Straßen durch phantastische Landschaft, so darf es sein! Vor der letzten Etappe hatte ich irgendwie Angst, denn schließlich ging es in die Alpen und das hatte ich noch nie gemacht, da hatte ich gehörigen Respekt vor. Letztlich war dieser Tag der einfachste, bis Zell war ich mit einem Schnitt von 30km/h unterwegs, der Achenpass war quasi lächerlich einfach zu fahren, da er einfach nur stetig aber mäßig bergauf geht. Auf der folgenden Abfahrt hatte ich einen freundlichen Kraftfahrer hinter mir, der mir stoisch hinterher fuhr und mich vor gefährdend überholenden Kfz abschirmte (ich bin mir sicher, er hat meine „Dankesgeste“ am Ende der Abfahrt verstanden) und dann stand „nur“ noch der Gerlospass, der finale Anstieg, an. Rund 600Hm auf 7km, die flüssig zu fahren waren – selbst mit über 800km in den Beinen. Hier hatte ich dann tatsächlich die einzigen unschönen Erlebnisse mit Kraftfahrern – Urlauber, die „schnell, schnell“ irgendwohin müssen und Dich -wenn überhaupt- als stehendes Hindernis wahrnehmen, an dem man mit wenigen Zentimetern Abstand vorbeirauschen kann. Davon lies ich mir die Laune allerdings nicht verderben und genoß nach 145km um Punkt 17:15 Uhr bei strahlendem Sonnenschein mit Blick auf leicht schneebedeckte Gipfel mein Zielbier und war definitiv … glücklich!

Klare Ansage! Irgendwo in FRanken ...

Klare Ansage! Irgendwo in Franken …

 

Mein Fazit dieser Reise, bei der ganz klar der Weg das Ziel war: ich lebe in einem wunderschönen Land und das Gefühl, dieses aus 25-30 km/h zu erleben, ist wahrhaft kaum in Worte zu fassen!

Erlebnis Nummer 2: 24 Stunden-Rennen am Nürburgring. Wenn ich mich mit Menschen über die Leidenschaft (Renn)Radfahren unterhalte, ist meistens spätestens die dritte Frage: „Fährst Du auch Rennen?“. Und da verneine ich regelmäßig. Nicht, daß ich mich nicht gerne mit anderen messen möchte, aber in den Pelotons der Jedermann-Rennen, wie „Rund um Köln“ geht es doch manchmal ganz ordentlich chaotisch zu und ich habe einfach keine Lust, zu stürzen, weil mein Vordermann keine Erfahrungen im Gruppen fahren hat und abrupt bremst oder sich verschaltet. Das ist mir einfach zu viel Nervenkitzel. Ich bin einmal das Hobbyrennen des „Großen Preis von Köln-Mülheim“ gefahren, mit dem Ziel „nicht letzter werden und nicht die Fresse fliegen“ (beides geschafft), da sind aber letztlich nur überschaubare 40 Leute mitgefahren.

Am Samstag, den 26. Juli hatte ich Geburtstag, auf eine wirkliche Feier hatte ich keine Lust, aber eine Kleinigkeit zu unternehmen fand ich nicht schlecht. Ein Plan war, mit meinem Rennradfreund Jens den Abend vorher mit den Rädern nach Würselen auf ein Maceo Parker Konzert zu fahren, ordentlich reinzufeiern und den Zug nach Hause zu nehmen. Mittwochs vorher, bei unserer Trainingsrunde, sagte Jens mir ab. Begründung: „ich bin Ersatzfahrer eines Viererteams bei ‚Rad am Ring‚“, da hätten mehrere Teams ein eigenes Camp, mit großem Zelt, Köchin, etc. und Jens wollte freitags schon hin.

Beim Bier nach der Trainingsrunde schlug Jens einfach vor, „wir können ja ein Zweier-Team bei Rad am Ring machen“. Ich fand den Gedanken gar nicht schlecht und meinte noch „klar, das ist ja einfacher als ein Viererteam„. Dämlicher Denkfehler!

Wir reisten freitags an. Das Camp bestand aus 3 Viererteams, davon eins weiblich, uns und einem Einzelfahrer (ebenfalls ein Freund), sowie unserem Team-Captain, der später immer per Software die Rundenwechsel ankündigte, Fahrer weckte, etc. Außerdem eine fantastische Küchenfee, die alle unsere Wünsche, auch meine vegetarischen, auf den Punkt zubereitete und uns perfekt verpflegte. Wir schrieben uns ein und zahlten die Anmeldegebühr, brauchten noch einen Teamnamen und „Die drei Zwei“ war dann bescheuert genug (das fand der Zielsprecher rund 40 Stunden später übrigens auch ;-))

Das Reinfeiern in meinen Geburtstag fand also am Nürburgring statt, ich hatte 2 Fässchen Kölsch mitgebracht, da wurde sich auch durchaus von allen dran bedient, aber doch eher verhalten. Jens und ich schlugen dann also dem Anlaß entsprechend zu und das Kölsch floß zum Grillgut und ab Mitternacht zu meinen Ehren. Happy Birthday!

Den Satz „Zelt brauchste nicht, da ist Platz genug“ werde ich mein Leben lang nie wieder ernst nehmen! Letztlich schlief ich mit unserem Teamcaptain (knapp so groß wie ich) in einem doch eher kleinen Zelt, dessen Boden eine leichte Neigung hatte. „Schlafen“ kann man das also nicht wirklich nennen, eher 3 Stunden Power-Nap, naja, eher nur „Nap“, denn ab 8 Uhr steppte der Bär am Ring: zuerst waren die Läufer in verschiedenen Kategorien dran, dann die Radrennen der Jugend und über die Distanzen, bis endlich mittags um 13:15 die 24 Stunden-Fahrer, also wir, an die Reihe kamen. Ich hatte mit Jens besprochen, daß wir immer abwechselnd auf die 26,1 km lange Runde über die legendäre Nordschleife mit knapp 600Hm gehen und er sollte den Anfang machen – ich hatte nicht so die Lust auf einen Massenstart (da fuhren insgesamt mehrere Tausend Leute mit) und hoffte auf Entzerrung ab der zweiten Runde.

Der Start war grandios und wurde bei bestem Wetter groß zelebriert, ich filmte und genoß, wie sich diese Menge an Radsportverrückten endlich in Bewegung setzte, in der Gewißheit: in einer Stunde bin ich selbst dran! Die Stunde nutzte ich dann, mich fertig zu machen: Klamotten an, ein letzter Check des Rades, noch einen Kaffee und nen Snack und … warten auf Jens. Der kam dann auch, schnell den Transponder an mein Bein gewechselt und ab ging’s! Zuerst mußte ich noch ein paar hundert Meter durch’s Fahrerlager, parallel zur Start-Ziel-Geraden und dann …. ging’s erstmal hauptsächlich bergab. Es gab zwar ein paar kleinere Gegenwellen, aber im Großen und Ganzen fährt man zu Anfang eher runter.Ich kannte den Kurs überhaupt nicht, hatte nur immer wieder in äußerst respektvollem Ton „Fuchsröhre“ gehört und wußte, daß da was gewaltiges auf mich zu kam, nur was genau, das wußte ich nicht! Der Kurs war gut zu fahren, dennoch ließ ich es natürlich vorsichtig an, zum einen, weil ich ihn nicht kannte und zum anderen, weil ich wußte „das geht noch fast einen ganzen Tag so“. Da sollte ich Kräfte sparen, sowohl an der Physis, als auch an der Psyche. Ich war schnell, ich hatte Spaß, das Wetter war klasse, der Asphalt perfekt. Um mich herum jauchzende Frauen und Männer auf Carbon, Alu und Stahl. Eine leichte Rechtskurve und dann sah ich in den Abgrund! Ein paar Sekunden dachte ich an freien Fall, konzentrierte mich, mein Rad in der Spur zu halten, schielte auf meinen Tacho, der zwei Achten zeigte und …. bemerkte mehrere Jungs, die sich an mir vorbei schoben. Wahnsinn! Die Gegenwelle der Fuchsröhre fliegt man ob des Schwungs noch mit rund 4o km/h hoch, das ist auch ganz locker der Schnitt, den man ungefähr bis zur Hälfte des Kurses erreichen kann, und dann geht es auf zur Hohen Acht!

An diesem Anstieg, in der Spitze ca. 18% Steigung, sollte ich in den nächsten 24 Stunden einiges an Not und Elend sehen und viel Genugtuung erfahren. Ich bin in allen 12 Runden, die ich gefahren bin, nicht einmal abgestiegen (am nächsten Morgen wurde dort teilweise in Zweierreihen geschoben) und nur wenige Fahrer haben mich überholt. Auch die Verpflegungsstation auf der Höhe habe ich nie aufgesucht – Regeneration sollte es nur im Camp geben, auf der Strecke wollte ich leiden, das war der Vorsatz.

Wirklich gelitten habe ich tatsächlich nicht, obwohl es noch einige Stellen gibt, die Körner kosten. Der Schlußanstieg zur Döttinger Höhe, z.B., der noch einmal die letzten Reserven aus den Beinen saugt und an dem ich nicht einmal ein passendes Hinterrad gefunden habe, während mein Hinterrad da meist sehr beliebt war …

Ab in die Fuchsröhre!

Ab in die Fuchsröhre!

 

Es war atemberaubend, soviel war klar. Meine erste Runde hatte ich in Unkenntnis der Strecke mit sehr viel Respekt und frischen Beinen (wenn auch mit verkatertem Kopf und wenig Schlaf) in 49 Minuten absolviert. Die 2. Runde war 5 Sekunden langsamer und ab der dritten war mir klar, daß ich mit meinen Kräften haushalten mußte. Das Wetter sah stabil aus (und wurde eher besser als schlechter), aber die Nacht würde einiges an zusätzlicher Konzentration fordern. So fuhren wir unsere Runden, ich pendelte mich bei Zeiten von 55 Minuten ein, Jens bei 65 Minuten. Es machte einen unglaublichen Spaß immer eine Runde lang diesen Verrückten zuzuschauen und die nächste Runde zu ihnen zu gehören. Es folgte ein phantastischer Sonnenuntergang über der Eifel, das THW baute Flutlichter an den drei gefährlichsten Stellen auf und den Rest der Strecke war es dunkel. Der Fahrweg nur erleuchtet durch eine ordentliche BUMM und die Rücklichter der Fahrer vor mir. Ich fahre öfters im Dunkeln, schließlich fahre und trainiere ich ja das ganze Jahr über, aber es hat schon einen besonderen Reiz, in dieser Situation Abfahrten mit 60-90 km/h zu nehmen und es erfordert Konzentration und ein Haushalten mit den schwindenden Kräften. Die Sportfotos, die von mir gemacht wurden, zeigen mich tagsüber meist faxen machend, aber nachts … durchaus leidend, keine Frage!

Nachts über die Nordschleife

Nachts über die Nordschleife

 

Wir hatten beschlossen, daß nachts jeder einmal zwei Runden hintereinander fährt, damit der andere jeweils ein wenig schlafen kann. Die 1,5 Stunden Schlaf (auf einem Anhänger!) waren tatsächlich recht erholsam, nur: ich war grade einmal 2 Minuten wach, als Jens schon für den Wechsel parat stand, ich aber defintiv noch ein paar Minuten und nen Kaffee brauchte, bevor ich mich ins Getümmel stürzen konnte. Ebenso war es, nachdem Jens sich hingelegt hatte und somit verschenkten wir nachts ca. eine halbe Stunde mit dieser Standzeit. Das war aber ja nicht schlimm, denn wir fuhren ja schließlich „just for fun“.

Irgendwann im Morgengrauen schaute ich mal online in die Wertung (die auf der Website nahezu in Echtzeit aktualisiert wurde) und stellte fest, daß unser Team „Die Drei Zwei“ auf Platz 32 der Zweierteams stand! Das war bei rund 140 Teams und der Tatsache, daß wir unambitioniert und angeschlagen von Geburtstagsfeierei gestartet waren, wirklich richtig gut! Das Wertungsprinzip ist recht einfach: zunächst gilt die Anzahl der absolvierten Runden und dann die Zeit. Ab 23:30 Std. wurde auf der Zielgraden abgewunken, d.h. wer bei 23:29:59 die Ziellinie passiert, darf die Runde noch zu Ende fahren und hat dafür dann 75 Minuten Zeit. Hochgerechnet wurde mir klar, daß wir es schaffen könnten, auf eine 24. Runde zu gehen, wenn wir in den nächsten Stunden ans Limit gehen würden – wir mußten die bei den nächtlichen Wechseln verschenkte Zeit wieder wettmachen! Und das taten Jens und ich dann in den nächsten Stunden! Runde um Runde kämpften wir uns heran, trotzten der sengenden Vormittagssonne und der bevölkerten Strecke, denn mittlerweile waren auch noch die Touristikfahrer auf die Strecke gelassen worden, die potentiell langsam und genußvoll ihre Runden drehten. Wir kämpften gegen die Hohe Acht und forderten von den dort am Streckenrand stehenden Zuschauern lauteres Anfeuern. Ich übergab nach Runde 22 mit 5 Minuten Vorsprung an Jens, d.h. er hatte 65 Minuten Zeit, damit ich dann tatsächlich in Runde 24 gehen könnte. Das war das, was er nachts in seiner schwächsten Phase gefahren war, sollte also zu schaffen sein! Letztlich übergab er mir 8 Minuten vor dem Zeitlimit den Transponder – wir hatten es geschafft! Ich ging also tatsächlich in die letzte Runde und -da mache ich keinen Hehl draus- die Tränen liefen mir die Wangen herunter! Das war bis dahin das größte sportliche Ereignis meines Lebens! Dachte ich ursprünglich daran, diese letzte Runde als „Tour d’honneur“ locker runter zu fahren (ich hatte schließlich über 75 Minuten Zeit), beschloß ich letztlich, auch meine letzte Runde unter einer Stunde zu bleiben, was mir problemlos gelang. Jens wartete an der Zielgraden auf mich und so fuhren wir dann gemeinsam, Hand in Hand über die Ziellinie, registrierend, daß der Sprecher noch einen Spruch über unseren mehr als dämlichen Teamnamen parat hatte. Wir bekamen Medaillen umgehängt – standesgemäß von einer Hostess und ließen uns dann das Zielbier, das Jens im Turnbeutel auf seinem Rücken verstaut hatte, schmecken. Der Blick online in die Wertung zeigte dann tatsächlich: Platz 22! Wir hatten mit Platz 3o geliebäugelt und somit war das für uns wirklich eine Sensation! In unserer Altersklasse landeten wir gar auf Platz 8 und bei den Viererteams hätten wir zu Zweit über 400 Teams hinter uns gelassen – nicht schlecht für zwei ehemalige Kettenraucher!

Die Zieldurchfahrt nach etwas über 24 Stunden!

Die Zieldurchfahrt nach etwas über 24 Stunden!

 

Ein wahnsinniges Erlebnis und wenn nichts dazwischen kommt, dann möchten wir das nächstes Jahr wederholen und vielleicht ein wenig draufsetzen: 25 Runden sollten doch zu schaffen sein!

Auch sonst genieße ich es, so oft wie möglich auf dem Rad zu sitzen, auch -und besonders interessiert an den dortigen Verhältnissen- in fremden Städten, wenn ich dort beruflich zu tun habe. So schreibe ich diese Zeilen in Berlin, wo mein Freund Klaus, der einen Rennradverleih hat und Radurlaube organisiert und für den ich sehr gerne hier Werbung mache, immer ein Rad in meiner Größe für mich stehen hat. Auch in Baden-Baden war ich wieder für ein paar Tage und hatte ein Rennrad mit, um den nördlichen Schwarzwald unter die Räder zu nehmen. Es ist erstaunlich, was sich in anderen Städten, besonders in der vermeintlichen Provinz, in Sachen Radverkehr tut. Gab es in Baden-Baden noch im letzten Jahr jede Menge benutzungspflichtiger Radwege, sind die mittlerweile fast alle entschildert und der Radverkehr findet -wie es sein sollte- fast ausschließlich und wie selbstverständlich auf der Fahrbahn statt. Übrigens ohne irgendwelche Probleme. In Berlin wurden Benutzungspflichten auf sechsspurigen Straßen wie dem Kaiserdamm aufgehoben und ich kann -problem und gefahrlos und vor allem legal- mit Tempo 40 mit dem Kfz-Verkehr mitschwimmen oder aber auf dem „anderen Radweg“ (der immer noch in weit besserem Zustand und vor allem breiter ist als die meisten Kölner benutzungspflichtigeen Radwege) dahin cruisen. Toll! Und vor allem, im Vergleich zu Köln, massivst entspannt! In Köln hingegen werden pro Jahr 20km „Radwege“ im Schneckentempo auf „Benutzungspflicht geprüft“ und man versucht (trotzdem sich Köln an sich immer sehr gerne für den Nabel der Welt hält) krampfhaft, den Kfz-Verkehr nicht durch Fahrräder zu beeinflußen. „Radfahren in der Provinz“, basierend auf Erlebnissen in anderen Städten wäre mir schon fast eine eigene Rubrik wert und es das würde wohl deutlich zeigen, wie provinziell die „nördlichste Stadt Italiens“ in Wirklichkeit ist, allein: mir fehlt die Zeit!

Es erwartet Euch also einiges: ich werde über den Vorfall vom Anfang des Jahres weiter berichten, als ich in Handschellen abgeführt wurde, nachdem ich den „Radweg“ am Hohenzollernring nicht benutzte und es gibt noch ein gutes Dutzend Geschichten aus der Stadtverwaltung. Skandale und Skandälchen. Schildbürgerstreiche, Ignoranz und Dummheit – da ist eigentlich alles dabei und die Beteiligten können durchaus froh sein, daß ich in meinem Leben noch anderes zu tun habe, als dieses Weblog zu befüllen. Aber keine Angst, bzw. kein Hoffen, ich werde hierfür auch wieder mehr Zeit hierfür finden!

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Tags: Allgemein

6 Antworten bis jetzt ↓

  • 1 Walter // Okt 12, 2014 at 22:17

    Großen Respekt für die Tour in die Alpen und das 24-Stunden-Rennen! Und deine Hausrunde sieht sehr schön aus, und ist mir in Teilen unbekannt. Ich werde sie wohl auch mal unter die Räder nehmen müssen!

  • 2 Jochen // Okt 13, 2014 at 15:34

    Ja, das liest sich ja mal wirklich entspannt! Danke Marco. Der Funke der Begeisterung ist durchaus laut genug zu hören, also sein Knistern. 😉

    Hätte da auch einen Vorschlag für den Teamnamen: Die zwei ehemaligen Kettenraucher.
    Sofern es Rad am Ring überhaupt weiterhin geben wird? Da hat doch ein Eigentümerwechsel stattgefunden und zumindest Rock am Ring ist doch bereits Geschichte, da die neuen Eigentümer andere Vorstellungen von Gewinnen haben. Na mal schauen.

    Aber 12.000Km auf 880km in 4 Tagen? Hey! Das ist ja ein netter Anfang, aber versuch dich doch mal an „Belchen satt“ von Ara Breisgau. Ich trau mir sowas noch nicht ansatzweise zu. Da braucht es deutlich andere Vorbereitung und „Basisdaten“, als es mir derzeit gegeben ist.
    Hab mich dies Jahr aber an deren (Ara Breisgau) 400er versucht und nach 200km abgebrochen, ohne dabei am Bodensatz angekommen zu sein. Aber es machte halt Sinn und ist eine Geschichte für sich, die hier nicht hergehört. Wurden mit und durch den Rückweg aber immerhin doch noch 320 Gesamtkilometer, nur eben auf deutlicher flacherer Route und ohne Zeitteufel im Nacken.

    Durch die Vogesen zu fahren war aber auf jeden Fall für mich der eine Höhepunkt des Jahres, an den ich gerne zurückdenke. Der andere war eine Woche darauf in England bei „London Revolution“. Bis zu 2000 Teilnehmer, 2 Tage und irgendwie 320km und im dreiviertel Kreis durchs Grüne um London herum. Und das am ersten guten/sonnigen Wochenende des Jahres (für London, sagten Alle). Ich habe noch nichts erlebt, was so komplett gut organisiert war, die Veranstaltung.

    Und dies Jahr mal wieder die Alpextrem mitgefahren, aber leider wieder nur die kurze Strecke. Na ja, es gibt schlimmeres. 😉

  • 3 Kati // Okt 14, 2014 at 22:22

    Es hat sich verdammt viel getan dieses Jahr, in mehreren Leben!
    2015 habe auch ich einige Dinge vor, mal schaun.
    Fühl Dich gedrückt, wir müssen unbedingt mal wieder syncen…
    VLG
    Kati

  • 4 siggi // Okt 14, 2014 at 22:35

    Hab dich im Sommer auf dem Rennrad gesehen als ich von der Arbeit kam. Ich wollte mal kurz Hallo sagen doch leider reichte meine 44×12 Übersetzung auf meinem MTB nicht aus um an dich ran zu kommen und as obwohl ich Slicks drauf hatte. Man hat das Weg getan.
    Falls Du Blut für lange Strecken geleckt haben solltest, kannst Du dich ja mal in der Brevet Szene im Kölner Raum umschauen. Ab Troisdorf starten da regelmässig Langstreckenbrevets von 200, 300, 400 oder 600 km Länge.
    Falls Du mal wieder 24h im Kreis fahren möchtest kann ich dir die 24h von Kelheim empfehlen. Das ist dort der absolute Wahnsinn und mit dem Nürburgring nicht zu vergleichen.
    Aber auch die 20h von Fell sind der Hammer.
    Genau wie in Kelheim ist dort das ganze Dorf auf den Beinen und das die ganze Nacht hindurch.
    Wenn Du mal die 1000km Marke knacken möchtest auch kein Problem. Ich hab das schon oft gemacht und dachte auch mal das geht nicht.

  • 5 Jochen // Okt 15, 2014 at 13:29

    Jo, Brevets fahren. Im kommenden Jahr ist ja wieder PBP und vermutlich um den dann noch größeren Ansturm zu bewältigen, bieten viele regionale ARAs zusätzliche 200er und 300er an, manche sogar 2 600er.

    ARA Niederrhein, also Start ab Twisteden (nahe Kevelaer) ist mit zwei 200ern in 3 Wochen Abstand dabei. Der erste Ende Feburar, also möglicherweise bei Spikewetter. Ich hab mir passenderweise kürzlich 622-30er Spikes heran geholt und würde auch mit denen auf die 200 gehen.

    Und dann beginnt ja bald wieder der Winterpokal. Der hat bei mir dies Jahr am meisten Schwung gebracht. Ab Ende Januar bin ich tatsächlich regelmäßig in die Pedale gekommen und der Schwung reichte bis in den April hinein. Aber dann ohne den Winterpokal bröckelte die Motivation und ich hab unsinnigerweise in den Sommer hinein wieder abgebaut.
    Nach den abgebrochenen 400 von Freiburg, fuhr ich die 400 im Emsland mit und es tat richtig weh, klappte aber. Ebenso mit Burning Roads – die Anmeldung müsste jetzt auch wieder angefangen haben! – wo ich mit wenig Training und mal wieder mit fast ohne Schlaf aufschlug und die 360km durchstand.

    Doch es ist der stete Tropfen, der den Stein höhlt.

    Ähm, was ich eigentlich sagen wollte, vielleicht ergibt sich ja mal die Chance bei nem Brevet miteinander zu sabbeln?

  • 6 Jörg // Okt 24, 2014 at 12:50

    war dieses Jahr zum ersten mal im bayerischen wald nahe der grenze. wow kann ich nur sagen. da muss man wirklich nicht nach Österreich oder in die Schweiz fahren

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