Die Kölner Polizei hat sehr lustige Vorstellungen davon, wie man Fahrradunfälle minimieren und Gefährdungen für Radfahrer verhindern kann. Natürlich ist dies in erster Linie ein Helm, aber man hat in der Vergangenheit auch schon einen weiteren Schuldigen für Leid und Elend ausgemacht: die Sonne! Dazu kommt seit einiger Zeit ein weiterer Verdächtiger dazu: der Dienstag!
Seit einiger Zeit warnt die Kölner Polizei jedenfalls auf ihrer Facebook-Seite intensiv, daß dienstags zwischen 16:00 und 17:00 Uhr die „meisten Radfahrunfälle“ passieren und fordert auf: „Darum immer, aber insbesondere dienstags von 16 bis 17 Uhr: „Fahren Sie vorsichtig mit Ihrem Fahrrad und beachten Sie die Verkehrsregeln„.
Das Ganze ist natürlich mit einer versierten Grafik versehen, die Meldungen der letzten Wochen finden sich hier, hier und hier, sowie hier.
Bleibt also insgesamt zu hoffen, daß dienstags nicht auch noch die Sonne scheint und Radfahrer ohne Helm unterwegs sind, da schiene mir dann Desaster angesagt! Ich habe meine Konsequenzen schon gezogen: ich vermeide dienstags zwischen 16:00 und 17:00 Uhr das Radfahren und sollte somit auf der sicheren Seite sein!
7 Antworten bis jetzt ↓
1 Karl Kreidbaum // Okt 2, 2014 at 13:21
Das Thema finde ich superinteressant, es zeigt, dass man mit zu kleinen Statistiken wenig anfangen kann. Vorab möchte ich mildernd erwähnen, dass der „mathematische Normalmensch“ nicht gut mit statistischen Methoden vertraut ist und ihm z. B. die Multinomialverteilung, die man für die Theorie braucht, nichts sagt. Das Problem ist: ich verteile eine Anzahl Unfälle (hier 36) auf 7 Wochentage. Kann ich an Hand der Zahlen schließen, dass einige Wochentage besonders gefährlich sind?
Um das sicher beurteilen zu können, benötigt man „ausreichend großes“ Zahlenmaterial. Wann Zahlenmaterial ausreichend groß ist, sprengt hier den Rahmen. Nur so viel: Wenn ich nur einen einzigen Unfall habe, dann muss er zwangsläufig an irgend einem Wochentag passieren. Dass dieser Wochentag dann besonders gefährlich ist, kann man nicht folgern, es ist im Rahmen des reinen Zufalls.
Jenseits der Theorie habe ich ein kleines Zufallsexperiment gemacht. Mit einem achtseitigen Würfel habe ich jeweils 36 Unfällen einen Wochentag zufällig zugeordnet. 1 für Montag, 2 für Dienstag, … Eine 8 wurde ignoriert. Die Werte schreibe ich als unsortierte Liste in runde Klammern, als sortierte Liste in eckige. Die Daten der Polizei wären dann: (2,10,7,8,3,5,1), d.h. Montag 2 Unfälle, Dienstag 10 Unfälle, … Sortiert wäre das dann: [10,8,7,5,3,2,1]
1. (5,4,1,5,7,5,9) bzw. [9,7,5,5,5,4,1]
2. (9,4,5,5,2,6,5) bzw. [9,6,5,5,5,4,2]
3. (8,4,5,8,3,4,4) bzw. [8,8,5,4,4,4,3]
4. (7,10,7,1,3,7,1) bzw. [10,7,7,7,3,1,1]
P. (2,10,7,8,3,5,1) bzw. [10,8,7,5,3,2,1] (Polizei zum Vergleich)
Witziger Weise war bei meiner vierten Simulation, die in der Sortierung eine recht hohe Übereinstimmung mit der Polizei hat, der Dienstag ebenfalls besonders unfallauffällig, während er sonst eher harmlos war. In 1. war z. B. der Sonntag besonders gefährlich, in 4. besonders harmlos. Je nach Versuchsreihe schwankt die Wahrscheinlichkeit zu verunglücken, für die Tage zwischen 3/36 = 8% und 8/36=22% (3.) und zwischen 1/36 = 3% und 10/36=28%. (Werte gerundet.)
Legt man eine größere Statistik zu Grunde, indem man meine Zufallszahlen addiert, erhält man:
Summe 1.-4.:
(29,22,18,19,15,22,19) bzw. [29,22,22,19,19,18,15]
Die Wahrscheinlichkeiten schwanken jetzt nur noch zwischen 15/36=10% und 29/36=20%. Der harmloseste und der schlimmste Tag liegen jetzt nur noch um den Faktor 2 auseinander, nicht mehr um einen Faktor 10.
Fazit: Der vermutete „gefährliche Dienstag“ liegt im Rahmen der statistischen Schwankungen. Deshalb kann für die anderen Tage keine Entwarnung gegeben werden. Die Polizei hat korrekter Weise ihre Hypothese auch sehr vorsichtig formuliert, so dass ich deshalb hier nichts zu beanstanden sehe.
Mit der Ansicht der Polizei gehe ich im wesentlichen einig:
>>Fahren Sie vorsichtig mit Ihrem Fahrrad und beachten Sie die Verkehrsregeln<>Achten Sie auf Fahrrad fahrende Personen – man hat sie schnell mal übersehen<<
Im wesentlichen deutet schon an, dass es Einschränkungen gibt. Verkehrsregeln sollten nur dort beachtet werden, wo sie die Unfallwahrscheinlichkeit nicht erhöhen, die Sicherheit also nicht kaputt reguliert wird. Wo die Sicherheit kaputt reguliert wird, sollt man dagegen vorgehen. Hier habe ich eine Frage: Ich habe gehört, dass sich in anderen Städten Radfahrer zusammengeschlossen geschlossen haben und eine Kasse gebildet haben, um davon Klagen zu finanzieren. Jeder zahlt monatlich einen kleinen Betrag ein und so kommt genug zusammen um gerichtliche Klagen ohne großes Risiko für den einzelnen zu finanzieren. Gibt es so etwas auch für Köln?
2 Karl Kreidbaum // Okt 2, 2014 at 13:30
Nachtrag: Ich beziehe mich auf https://www.facebook.com/Polizei.NRW.K/photos/a.527263630738871.1073741834.127899314008640/545746982223869/
3 Markus // Okt 2, 2014 at 13:43
Dienstags sind es Fahrräder
Donnerstags sind es Straßenbahnen.
Also liebe KVB-Fahrer, bitte Helm anziehen und auf die Vekehrsregeln achten!
http://www.ksta.de/ehrenfeld/venloer-strasse-in-bocklemuend-vier-verletzte-bei-bahn-unfall,15187506,28595758.html
4 Kati // Okt 2, 2014 at 20:36
Es ist ganz wichtig, Risikofaktoren im Leben auszuschließen!
Danke!
Wie gut das passt: Dienstags habe ich Spinning!
Ich hoffe, alle anderen haben Dienstags auch etwas zu tun. Ab jetzt fahre ich besser nicht mit dem Rad dort hin (und nicht über Los).
Hoffentlich zieht die Kölner Polizei die Wahrscheinlichkeitsrechnung nicht auch noch mit ein, nicht, daß es am Dienstag den 13. noch gefährlicher ist!
5 siggi // Okt 4, 2014 at 16:57
Also meine beiden Unfälle, bei denen mich ein KfZ über den Haufen fuhr, hatte ich jeweils an einem Montag.
Allerdings fand ich darüber nie etwas in der Unfallstatistik der Kölner Polizei. Obwohl sie jedesmal vor Ort war.
6 Henning // Okt 9, 2014 at 09:09
Hahaha! Ich sehe schon die erste Versicherung, die eine Zahlungsminderung anstrebt, weil jemand besseren Wissens (die Polizei hat’s ja offengelegt!) am Dienstag zw. 16 und 17 Uhr Rad fährt und dann auch noch verunfallt. Selten so gelacht 😀
7 Manfred // Okt 12, 2014 at 21:25
Ich möchte nicht wissen was die Kölner Polizei im Dritten Reich gemacht hat, wenn die schon heutzutage so bekloppte Sachen von sich geben.
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