Mit dem Fahrrad in und um Köln

Ein Watchblog für Kölner Radverkehrspolitik

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Anarchie auf Kölns Straßen!

Juni 27th, 2011 · 30 Kommentare

Vielleicht waren die motorisierten Verkehrsteilnehmer deswegen bei der Critical Mass am Freitag so friedlich: kaum Gehupe, fast kein Abdrängen und bei vielen gar eine friedliche Resignation. Kein Wunder, konnte man es doch in und aus allen Kiosken, Zeitungsautomaten, Kneipen und Cafés in großen, schwarzen und roten Buchstaben lesen:

 

EXPRESS Titel 24. Juni 2011

SCHOCK!?

 

Keine Angst, liebe motorisierte Umwelt, wir werden kaum auf Euren Autobahnen fahren und auch die Kraftfahrzeugstraßen lassen wir außer Acht – da kann der EXPRESS titeln was er will.

Die Zugriffszahlen auf meine Website haben sich dieser Tage fast verdoppelt, meist per Suchbegriff „Radwege Köln“. Schön, daß das Thema nun also in der Öffentlichkeit ankommt. Schlappe 13 Jahre (!), nachdem die Straßenverkehrsordnung dahingehend geändert worden ist und immernoch 7 Monate, nachdem das Bundesverwaltungsgericht – als letzte Instanz- ein wegweisendes Urteil gefällt hat: „Fahrzeuge müssen die Fahrbahn benutzen“ (§2 StVO Abs. 1). Den „Radweg-Zwang“ von dem auf dem EXPRESS-Titel die Rede ist, gibt es seit 1998 nicht mehr!

Damit wird noch mal klar gestellt, was die unversierten Menschen (und das meine ich nicht böse!) nicht wissen: es gibt keine „Autostraßen“! „Radwege“ sind nicht dazu da, freie Fahrt für Kraftfahrzeuge zu schaffen, das war früher einmal so, in wesentlich dunkleren Zeiten …!

Wer sich dafür interessiert, die Artikel der führenden Kölner Presse finden sich hier:
EXPRESS vom 24. 6. 2011 „Radfahrer müssen nicht mehr auf den Radweg“
EXPRESS vom 25. 6. 2011 „Radurteil spaltet Köln“
KStA vom 24. 6. 2011 „100 Radwege bald auf der Straße?“

Neben der Wildwest-Headline im Express (von dem man es letztlich nicht anders erwartet) schießt den Vogel allerdings der „seriöse“ Kölner Stadtanzeiger (KStA) ab, der tatsächlich von einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts (anstatt Bundesverwaltungsgericht) schreibt – das nenne ich mal gut recherchiert!

Die Artikel können kommentiert werden, was man sich allerdings (fast) schenken kann, diskutiert man dort doch meist mit Hardlinern der Haltung „Freie Fahrt für freie Bürger„, was durch die unterschwellige Art der Berichterstattung (Wildwest! Fiasko! Gesindel! Raderdoll! Autos müssen schleichen! Köln dreht am Rad! Riesenproblem! Millionen für Radwege ausgegeben!) noch geschürt wird. Und in ein paar Zeilen Vorurteile auszuräumen, die eher an den Stammtisch gehören, geht schwerlich.

Interessant ist es in jedem Fall, wie im EXPRESS-Artikel der Kölner „Fahrradbeauftragte“ Jürgen Möllers zitiert wird, nämlich mit den Worten „Das wird problematisch“ in Bezug auf „So blühen uns raderdolle Zeiten: Autos schleichen auf der Straße hinter einem Radler her – dabei ist daneben ein freier Radweg.“ Ich frage mich, was genau daran problematisch wird, eine Gesetzesvorgabe endlich umzusetzen. Sollte der „Fahrradbeauftragte“ etwa gar nicht im Sinne der Fahrradfahrer agieren, sondern nur seinen Kopf dafür herhalten müssen, dass eine Autogesellschaft den verhassten Rad-Rambos den ihnen zustehenden Platz endlich eingestanden bekommt? Ich gebe es ehrlich zu, in seiner Haut möchte ich derzeit nicht stecken. Von uns bekommt er oft genug Haue und jetzt wird ihm von oben vermutlich auch noch aufgetragen, nach diesem Urteil das Schlimmste (Anarchie! Radfahrer auf der Straße!) zu verhindern …

Der EXPRESS schreibt, dass, „zumindest die Radspuren, die wie etwa auf der Venloer Straße auf der Straße mit gestrichelten Linien gekennzeichnet sind, noch über das Rechtsfahrgebot zu nutzen“ sind – damit sind die sogenannten „Schutzstreifen“ gemeint. Diese „Schutzstreifen“, die von der Stadt Köln mit viel Liebe und Hingabe überall hingepinselt werden, wo man noch etwas weiße Farbe übrig hat, für die Sicherheit der Radfahrer im Vergleich zu den erwiesenermaßen ja „neuerdings“ (eine Studie des Bundesverkehrsministeriums stammt von 1991!) gefährlichen „Radwegen“ jedoch ungefähr in der Relation von „Pest“ zu „Cholera“ stehen, werden vom „Fahrradbeauftragten“ Jürgen Möllers und seinem Chef schon seit einiger Zeit als „Sicherheit für Fahrradfahrer“ propagiert und sind entsprechend auch hier oft genug Thema. Was man allerdings im Büro des „Fahrradbeauftragten“ nicht bedacht hat, ist die Tatsache, dass laut Gesetz „Schutzstreifen“ nur dort angelegt werden sollen, wo es keinen Platz für „Radwege“ gibt, diese aber notwendig sind. In diesem Sinne sind also auch die „Schutzstreifen“ ebenso wie die „Radwege“ an §45 Abs. 9 Satz 1 und 2 StVO zu messen, das heißt im Klartext, dass sie genauso wenig nötig sind, wie die benutzungspflichtigen „Radwege“, die grad in aller Munde sind. Und es gibt auch bereits ein Urteil des Verwaltungsgericht Saarlouis, das diese Meinung bestätigt (VG Saarlouis, DAR 2011, 281). Fehlt also eigentlich nur noch Jemand, der auch in Köln klagt.

Gut, daß in der öffentlichen Diskussion auch offensichtlich kompetente Menschen zu Wort kommen, so wird im EXPRESS Joachim Schalke, der neue Vorsitzende des ADFC Köln, mit den Worten „das ist längst überfällig“ und ein „richtiger Schritt zur Stärkung des Radfahrens als gleichberechtigten Verkehrsteilnehmer“ zitiert. Bleibt zu hoffen, daß er sich auch in Hinblick auf seinen Arbeitgeber weiterhin so offen in der Öffentlichkeit äußern kann!

Es blamiert sich der Verband, der mit Fahrrad fahren so viel zu tun hat, wie der 1. FC Köln mit der Meisterschaft. Frau Jacqueline Grünewald ist „Verkehrsexpertin“ und „Sprecherin“ des ADAC und ich vermute, das liegt hauptsächlich daran, daß sie eine ganz adrette Erscheinung ist. Im EXPRESS zitiert man sie mit „es muss genau geprüft werden, wo man die Radler auf die Straße lässt„. Das ist schon vom Prinzip her falsch, denn laut Gesetz gehört ein Fahrrad zunächst erst einmal auf die Fahrbahn und -wenn überhaupt- muß genau geprüft werden, wo man Fahrradfahrer -als Ausnahme!- nicht auf die Fahrbahn läßt! Eine „Verkehrsexpertin“ sollte sich damit eigentlich besser auskennen!

Richtig peinlich ist dann die Aussage „Rheinuferstraße, Innere Kanalstraße, Clevischer Ring etwa ginge gar nicht„. Am Clevischen Ring in Köln-Mülheim gibt es zwischen Keupstraße und Berliner Straße in beide Richtungen überhaupt keinen „Radweg“! Dort geht der Radverkehr also seit eh und je über die Fahrbahn – meines Wissens ohne irgendwelche Unfälle. Soviel zu „ginge gar nicht„. Schlecht gebrüllt, Frau Grünewald! Im Übrigen kann ich attestieren, daß es im weiteren Verlauf des Clevischen Rings, wo der „Radweg“ ausschließlich zwischen „verwurzelt und verwahrlost“, „eng und schlecht geführt“ und „zugeparkt“ wechselt, sehr wohl auf der Fahrbahn geht – und zwar problemlos!

Das Fazit ist eigentlich recht einfach und das möchte ich auch den motorisierten Lesern mit auf den Weg geben: ein Fahrrad ist ein Fahrzeug und ein Fahrzeug gehört auf die Straße! Die Anordnung eines benutzungspflichtigen „Radwegs“ ist die absolute Ausnahme und unsere Stadtverwaltung stand bereits vor 13 Jahren in der Verpflichtung, diese Wege endlich dahingehend zu prüfen – was sie bisher ganz offensichtlich versäumt hat! Interessierte Bürger, die mitlesenden Journalisten und Lokalpolitiker können übrigens auch Einsicht in die entsprechenden Akten erlangen. Es ist eigentlich unfassbar, was man dann für Erkenntnisse erlangt!

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Tags: ADFC · Allgemein · Fahrradbeauftragter · Radwege

30 Antworten bis jetzt ↓

  • 1 Christian Hoff // Jun 27, 2011 at 10:23

    Ein Fahrradbeauftragter, der nun fast 2 Monate braucht um eine einfache Anfrage zu beantworten, ist eh nicht das Geld wert, was er verdient.

  • 2 der_simon // Jun 27, 2011 at 11:07

    Sehr guter Artikel! 🙂

    @Christian Hoff: Ich warte nun schon über ein Jahr auf Antworten…

  • 3 Wilfried Goesgens // Jun 27, 2011 at 12:27

    hihi… dat dschakeline hat auch im Ausland sichtbarkeit: http://www.aftonbladet.se/bil/article10213885.ab

    Prima Artikel!

  • 4 Hein Bloed // Jun 27, 2011 at 12:47

    Scheingefechte.

    Davon, dass sich diese Rechtslage allmählich rumspricht, werden auch nicht mehr Leute Fahrrad fahren.

    Nur eine moderne, separate Infrastruktur für den Fahrradverkehrt, wird die Leute auf das Rad bringen, die heute aus Angst nicht fahren.

  • 5 Hilmar Steinhauer // Jun 27, 2011 at 17:11

    @Hein Bloed

    Nebelkerzen.

    Hat doch niemand behauptet, dass durch das Rumsprechen der Rechtslage mehr leute Radfahren würden.

    Wer heute aus Angst nicht fährt, wird auch nicht auf separater Infrastruktur (wo soll eigentlich der Platz und das Geld dafür hergezaubert werden?) fahren. Und wenn doch, dann wird diese für den Alltagsradler höchstwahrscheinlich nicht benutzbar sein.

  • 6 Hein Bloed // Jun 27, 2011 at 19:54

    @ Hilmar Steinhauer

    Warum dann Zeit und Initiative darauf verwenden (wenn damit nicht die Zahl der Radfahrer gesteigert werden kann)?

    Diejenigen, die heute die Strecken um 5km mit dem Auto fahren, sind die, die aufs Rad umsteigen sollen.

    Die bekommst Du aber nicht, in dem Du ihnen sagst, dass sie jetzt auf der Strasse fahren dürfen. Die fahren doch heute schon (wenn überhaupt) auf dem Bürgersteig.

    Die Niederlande und Dänemark haben bewiesen, dass die dort in den letzten 30 Jahren entwickelten Konzepte nachweislich funktionieren und die Anzahl der Radfahrten massiv gesteigert haben.

    Deswegen kann ich Deinen letzten Satz nicht nachvollziehen. Wenn wir eine solche Infrastruktur nicht fordern, werden wir sie auch nicht bekommen.

  • 7 siggi // Jun 27, 2011 at 21:16

    „““““Hein Bloed // Jun 27, 2011 at 19:54

    Die Niederlande und Dänemark haben bewiesen, dass die dort in den letzten 30 Jahren entwickelten Konzepte nachweislich funktionieren und die Anzahl der Radfahrten massiv gesteigert haben.““““

    Die haben auch die Innenstädte weitestgehend für den Autoverkehr dicht gemacht.

    Ich will sicher mit meinem Rad von A nach B kommen und das funktioniert meist dort wo auch Autos fahren können. Da habe ich eine gute Fahrbahnoberfläche, ausreichend Platz, keine Hindernisse, klare Verkehrsregeln u.s.w.
    Wer ein Problem damit hat soll von mir aus kein Rad fahren. Alle Untersuchungen konnten bis heute keinen Sicherheitsgewinn von irgendwelchen Radinfrastrukturen nachweisen es kam so gut wie immer das Gegenteil dabei heraus.
    Die gefühlte Sicherheit, die viele auf solchen Anlagen haben, ist die grösste Gefahr und endet leider viel zu oft tödlich.

  • 8 Leo Walter // Jun 28, 2011 at 11:46

    Habe der Express wegene deren doofen Überschrift mal ne Mail geschrieben, man muss ja möglichst oft etwas gegen diesen „Auto-Normal-Zustand“ tun:
    28.06.11
    Sehr geehrte Damen und Herren von Express,
    vor ein paar Tagen las ich in einem Express-Verkauftskasten die Überschrift: „Radler dürfen auf allen Straßen fahren – droht Wildwest“?
    Das ist so albern, als würden Fahrradfahrer bedrohlich sein… Es ist doch so, dass viel zu viele Autos täglich Köln verstopfen, Autofahrer mit ihren Autos gegen Verkehrsregeln verstoßen und das soll nicht eher „Wildwest“, also im Sinne von gefährlich, störend in der Lebensqualität und gesetzlos sein?
    Gruß, Walter

  • 9 Hein Bloed // Jun 28, 2011 at 20:46

    @ siggi

    Die Infrastruktur muss es für den Durchschnittsbürger bequemer machen, mit dem Fahrrad anstatt mit dem Auto in der Stadt zu fahren.

    Ob Du oder ich uns heute „sicher“ die Strasse mit dem Autoverkehr teilen können, ist für diejenigen, die es aus Angst nicht tun, unerheblich.

    Die Aussage „Wer ein Problem damit hat, der soll von mir aus kein Rad fahren“ könnte auch von einem X5-Fahrer kommen, der mich mit 30 cm Abstand überholt hat.

    Meinen Neffen oder meinen Eltern kann ich das aber nicht zumuten.

    Fahradinfrastruktur in den Niederlanden oder Dänemark haben die gleichen Merkmale, wie Du sie für die Strasse aufzählst (Oberfläche, keine Hindernisse, Regeln).

    Ich weiss ja nicht welche Untersuchungen Du da zitierst, aber die Zahlen in den Niederlanden sprechen für sich. Es ist offensichtlich, dass die dortigen Konzepte funktionieren.

    Im Grunde gilt für den Fahrradverkehr das gleiche wie für den Autoverkehr: baue die Infrastruktur aus und die Anzahl der Radfahrer wird automatisch steigen.

  • 10 Martin // Jun 28, 2011 at 21:59

    @Hein: NL hat aber auch Autler, die seit zig Jahren darauf abgerichtet sind, mit einer höheren Anzahl von Radfahrern fertig zu werden. Nur dadurch werden die dort ebenfalls vorhandenen „Auto quert Radweg“-Unfälle vermindert. Ansonsten sind NL-Kreuzungen gern so verampelt und geregelt, dass man zwar mitunter ewig steht, dann aber auch keiner dem anderen in den Weg fahren kann.
    Meine Lieblingsstadt Groningen ist im Zentrum autofrei und Radfahrer fahren auf den Fahrbahnen, was keiner schlimm findet.
    In Den Haag und Umland hingegen gibt’s fast ausschließlich richtig schlechte Radwege im Kölner Stil. Dafür aber riesig breite Fahrbahnen für den motorisierten Bürger und schlechte Möglichkeiten, die Radwege (illegal) zu verlassen. Wirklich viele Radfahrer gibt’s dort nicht. Fazit: Nicht die dedizierte Infrastruktur ist es vordergründig, sondern vor allem eine allgemein weniger autozentrierte Denkweise. Wie und wo ich dem Radverkehr sicher befahrbaren Platz einräume, ist letztlich egal. Wichtig ist nur, dass es getan wird.

  • 11 siggi // Jun 28, 2011 at 22:12

    @ Hein Bloed

    Du verkennst das Problem. Die Infrastruktur ist da. Jedes Jahr zur Fahrradsternfahrt in Köln freuen sich die Radfahrer wie bequem, schnell und sicher man von A nach B kommt wenn man mal auf der Fahrbahn radeln darf. Anschliessend trifft man sich um für mehr Radwege zu demonstrieren – wie bekloppt ist das denn.
    Die Untersuchungen, von denen ich sprach musst Du selber raussuchen- hab da keine Lust mehr dazu.
    Schau aber besser mal nach Untersuchungen die die Sicherheit von Radverkehrsanlagen belegen. Denn nur die sind massgebend für deren Errichtung.
    Viel Glück dabei.

  • 12 Hein Bloed // Jun 29, 2011 at 05:35

    @ Martin
    Ja, richtig. Die Niederlande machen das seit ca. 30 Jahren. Wir haben da einen grossen Rückstand. Wenn mehr Autofahrer gleichzeitig auch Radfahrer sind, ist das sicher ein grosser Vorteil. Das geht aber nur, wenn sich der Anteil der Radfahrer deutlich erhöht.

    @ siggi
    Fragt sich nur, warum dann alle (inkl. Kinder, Alte, etc.) sich trauen, auf der Strasse zu fahren. Aber das Sicherheitsgefühl gehört ja nach Deinen Aussagen nicht zu den Gründen.

    Für Euch beide: Einen interessanten Einblick in die aktuellen Projekte in den Niederlanden gibt http://hembrow.blogspot.com/

    Für andere Sichtweisen sind sicher auch
    http://crapwalthamforest.blogspot.com/ und z. B.
    http://manchestercycling.blogspot.com/ interessant.

    Warum nur die Sicherheit von Radverkehrsanlagen massgebend für ihre Errichtung sein soll, weiss ich nicht. Die Verkehrstotenstatistik der Niederlande spricht jedenfalls für sich.

  • 13 Marco // Jun 29, 2011 at 09:59

    @Hein: Martin kennt sich in den Niederlanden sicherlich besser aus, als ich. Ich habe vorletztes Jahr eine Tour nach nördlich von Groningen gemacht und kann attestieren, dass die Infrastruktur zwischen den Dörfern/Städten hervorragend ist, das sind quasi „Fahrradhighways“ neben den Landstraßen, die ich gerne und sicher befahren habe – zumal sich die anderen (ggf. langsameren) Radler darauf zu verhalten wußten! Sowas würde ich hier ohne zu murren sofort ebenfalls ausschließlich befahren.

    In den Ortschaften war der Radverkehr dann gleichberechtigter Verkehr, hinter dem im Zweifelsfall hunderte von Metern artig mit dem KFZ hinterhergefahren wurde, ohne Hupen, Schneiden und das ganze drumherum. Dass Radfahrer dann zu zweit oder dritt nebeneinander auf der Fahrbahn durch den Ort fahren ist ganz normal und die Infrastruktur ist auch nicht großartig anders als hier.
    Ich bin der festen Ansicht, dass das eine Mentalitätsfrage ist. Solange man Fahrräder als Spielzeug, statt als Verkehrsmittel sieht, nimmt man sie und deren Fahrer weder wahr, noch ernst. Eine innerstädtische Infrastruktur, so wie Du sie siehst, würde tatsächlich heißen, die Stadt für KFZ quasi dicht zu machen – was ich gar nicht so schlecht fände, mich aber niemals zu fordern wagen würde 😉

    @siggi: auf der Sternfahrt wird mittlerweile -gottseidank!- nicht mehr für mehr „Radwege“ demonstriert!

  • 14 Hanz // Jun 29, 2011 at 10:23

    Wenn Radfahrer wie Autos gleichgestellt werden sollen, dann müssen Radfahrer auch der Kennzeichenpflicht untergeordnet werden. Somit muss auch eine Haftpflichtversicherung abgeschlossen werden.

    So funktioniert auch ein Miteinander auf den Straßen besser.

  • 15 Marco // Jun 29, 2011 at 10:39

    @Hanz: das ist natürlich immerwährende Stammtischpolemik. Radfahrer SIND Kraftfahrzeugführern bereits gleichgestellt!

    Und -um es vorweg zu nehmen- auch ich, als Radfahrer, zahle jede Menge Steuern (vermutlich weitaus mehr als mancher andere) von denen Straßen und Fahrbahnen gebaut werden.
    Das „Miteinander“ ist völlig unabhängig von einer Kennzeichenpflicht! Ich bin der Erste, der die rigorose Kontrolle und Abkassieren von „Radrambos“, Gehweg, Trunkenheits- und Geisterradlern unterstützt (ich schätze, darauf wollen Sie hinaus). In meinem Haushalt gibt es derzeit 6 Fahrräder, in der BRD ca. 70 Milliuonen (http://www.pd-f.de/2009-News-NGO/090602-Destatis-Anzahl-deutscher-Fahrrader.html) – viel Spaß den Behörden dann bei der Anmeldung!

  • 16 Schmitt // Jun 29, 2011 at 10:50

    Ganz unabhängig find ich das Miteinander und die Kennzeichenpflicht auch nicht. Mit Kennzeichnung kann sich ein Radfahrer besser strafverfolgt werden – gleiches Prinzip wie bei den Autos.

    Autos haben auch ein Kennzeichen, und da, wie du schon bemerkt hast, Autos und Radfaherer bereits gleichgestellt sind, sollten Radfahrer auch ein Kennzeichen bekommen.

    Ich kann mir aber sehr gut vorstellen, dass sie viele dagegen wehren werden, warum wohl? 😉

    70 Mio. Räder anzumelden bekommt man auch in den Griff. Find das leicht scheinheilig. Von wegen: Keine Angst, Radfahrer bekommen schon kein Kennzeiche, weil die das eh nicht in den Griff kriegen, somit sind wir fein raus.

  • 17 Marco // Jun 29, 2011 at 11:25

    @Schmitt: Du unterstellst also, dass Radfahrer kriminell sind, indem Du schreibst, dass sie mit Kennzeichen besser „strafverfolgt werden“ können?

    Übrigens sind die meisten Radfahrer-Delikte (wie bei Rot über die Ampel, Gehweg fahren, falsche Richtung auf dem Radweg) lediglich Ordnungswidrigkeiten und keine Straftaten.

    Kriminelle KFZ-Führer werden bei Taten gegenüber Radfahrern trotz Kennzeichenpflicht übrigens in den meisten Fällen trotz Straftaten (und nicht Owis!) mangels öffentlichem Interesse freigesprochen. Soviel zu „Strafverfolgung“ und „Kennzeichenpflicht“.

    Ich glaube nicht, dass eine Gleichstellung sich durch eine Kennzeichenpflicht bemerkbar macht. Mir persönlich wäre ein Kennzeichen gar egal, ich frage mich nur, wohin damit? Ein Rennrad mit 30cm breitem Nummernschild wäre eher kontraproduktiv – obwohl, vielleicht werden dann die Seitenabstände beim Überholen durch KFZ besser eingehalten?

    Im Ernst: man will den Radverkehr fördern (vgl. CO2 Emission, Umweltschutz, Lärmbelästigung, Volksgesundheit & allgemeine Verfettung), dann muß man den Leuten das sichere (!) und ordentliche (!) Radfahren schmackhaft machen. Das geschieht nicht durch zusätzliche Behördengänge und schon gar nicht durch die Separationspolitik (wie die Unfallzahlen ja schon seit über 20 (!) Jahren belegen), sondern durch Aufklärung und -wie geschrieben- rigorose Kontrolle der Verkehrsteilnehmer.

    Den Aufschrei der Gesamtbevölkerung über die steuerliche Mehrbelastung durch die Bürokratie bei über 70 Mio. Anmeldungen von Fahrrädern möchte ich gerne hören, das Geld wäre für einen Schupo an jeder Ecke, der gnadenlos solange abkassiert, bis jeder Depp auf dem Fahrrad es kapiert hat, wie die Regeln gehen, besser angelegt!

    Übrigens: @Schmitt und @Hanz, die „bösen“ Radfahrer sucht ihr unter den Fahrradaktivisten und Ganzjahresfahrern hier (und unter http://www.fahrradblogger.de) vergeblich! Wir sind eher die, die vorbildlich und verkehrskonform fahren, unsere Pflichten, aber auch unsere Rechte (und die Verkehrsregeln meist besser als alle anderen Verkehrsteilnehmer) kennen!

    Erfahrungsgemäß sind die „üblen“ Radfahrer die, die im Frühjahr, wenn „das Wetter so schön ist“ aus ihren Autos steigen und dann mal alles das machen, was sie sonst nicht dürfen. So verhalten sich jedenfalls tatsächlich 3/4 meines autofahrenden Bekanntenkreises und da krieg ich -mit Verlaub- echt das Kotzen!

  • 18 Schmitt // Jun 29, 2011 at 11:39

    Fühl dich doch bitte nicht angegriffen! So kommt nämlich dein Kommentar rüber.

    Und unterstell uns nicht, das wir „böse“ Radfahrer suchen, denn wir unterstellen auch nicht, dass Radfahrer kriminell sind.

    Es geht nur darum, dass man Rad, wie natürlich auch Autofahrer, besser bzw. einfacher (ob es dann auch tatsächlich was bringt, ist ein anderes Thema, darum geht es aber nicht) bestraft werden können.

  • 19 Schmitt // Jun 29, 2011 at 11:56

    Zum Artikel selbst:

    Eine Benutzungspflicht besteht doch weiterhing. So steht es in §2 StVO Abs. 1 geschrieben:

    „Eine Benutzungspflicht der Radwege in der jeweiligen Fahrtrichtung besteht nur, wenn Zeichen 237, 240 oder 241 angeordnet ist. „

  • 20 Schmitt // Jun 29, 2011 at 11:59

    Meinte Absatz 4

  • 21 Marco // Jun 29, 2011 at 12:24

    @Schmitt:
    Nein, ich fühle mich gar nicht angegriffen – und persönlich sowieso nicht 😉

    Ich weiß nicht genau, wen Du jetzt mit „wir“ meinst, ich wollte Dir nur klar machen, dass die meisten Delikte von Radfahrern keine Straftaten sind und somit auch nicht „kriminell“. Das ist ein kleiner, aber feiner Unterschied und DU hast von „Strafverfolgung“ geschrieben!

    Ansonsten verurteile ich „Radrambos“ vermutlich genauso wie Du, ich sehe aber andere Wege als die Kennzeichenpflicht als sinnvoller an, für ein „Miteinander“ zu sorgen.

    Übrigens: ich bin -als fast ausschließlich Radfahrer“- überhaupt nicht „gegen“ Autos oder „Autofahrer! Und nur weil ich auf einer Radtour (das sind dann aber auch leicht 100 km) von durchschnittlich 3-8 Idioten in KFZ in Lebensgefahr gebracht werde, pauschalisiere ich nicht, dass ALLE Autofahrer „böse“ sind ;-). Gottseidank erlebe ich genügend, die sich vorbildlich verhalten.

    Was die Benutzungspflicht angeht (und ich schrieb ja, dass wir uns hier alle SEHR gut mit den gesetzlichen Grundlagen auskennen), Du schreibst es ja selbst: „besteht nur“, d.h. es ist eine Ausnahme und nicht die Regel. Du musst weiter die dazugehörige VwV-StVO einsehen und für die Legalität eines benutzungspflichtigen „Radwegs“ den §45 Abs. 9 StVO. Darauf bezieht sich auch das erwähnte Urteil und auf Köln bezogen dürften somit höchstens 5% der „Radwege“ benutzungspflichtig sein.

  • 22 thomas // Jun 29, 2011 at 12:38

    Ich verstehe weiterhin nicht, was diese Urteile für mich bewirken, wenn nach wie vor jeder zugeparkte Kölner Acker mit den blauen „benutzungspflichtiger Radweg“-Schildern gekennzeichnet ist … denn an dieser Pflicht ändert sich doch nichts, oder hab ich da was übersehen??

  • 23 Marco // Jun 29, 2011 at 12:46

    @Thomas:
    auch ein dem Gesetz nach nichtiger (also illegaler) Verwaltungsakt muß erstmal befolgt werden.

    Wenn der „Acker“ allerdings nach VwV-StVO zu §2 Abs. 4 nicht zumutbar ist (z.B. verschmutzt, uneben, nicht eindeutig geführt, nicht straßenbegleitend, etc.), dann musst Du ihn auch nicht benutzen.

    Was derzeit passiert, ist dass die StVB die „Radwege“ nach §45 Abs. 9 StVO (also auf ihre Notwendigkeit hin) prüft und dann vermutlich (hoffentlich) den Großteil der Schilder entfernt.

    Das tut sie allerdings nicht aus Vernunftgründen (sie hätte das 1997/98 tun müssen), sondern nach dem Urteil des BVerwG aus Angst vor Klagen.

  • 24 hamburgize // Jun 29, 2011 at 19:33

    Nur weil seit Jahrzehnten in Deutschland vor allem überaus schlechte Radwege als sog. „Radverkehrsförderung“ gebaut wurden, diese aber nicht den Ansprüchen an einen normalen Radverkehr gerecht werden, und der Gestzgeber deswegen die StVO-Novelle 1997/98 auf den Weg brachte, preisen viele Radfahrer und auch einige ADFC-Gliederungen das Fahrbahnradeln als die absolute Befreiung. Nur in Städten wie Wuppertal oder Hagen, Gelsenkirchen und anderen, in denen es wenig Radwege gibt und selbst auf breiten Bundesstraßen auf der Fahrbahn geradelt werden muss, gibt es keinen nennenswerten Radverkehr. Komisch? Andere Städte zeigen, dass Radler, die im Mischverkehr im Stau zwischen wartenden Kfz stecken, bei guten Radwegen besser vorankommen und der Radverkehr dabei zunimmt. Siehe unter Visionen

  • 25 Hein Bloed // Jun 29, 2011 at 21:01

    Zum Thema Kennzeichnungspflicht/Regelungsdebatte:

    Auch die ist m. E. Zeitverschwendung. Regeln müssen kontrolliert werden – und das funktioniert schon heute nicht. Sowohl auf Seiten der Radfahrer wie auf Seiten der Autofahrer.

    Mir würde es schon reichen, wenn sich die eine Partei nicht jeweils über die andere auslassen sondern sich lieber an die eigene Nase fassen würde.

    Die Anzahl der nicht geahndeten Delikte auf Seiten der Autofahrer (Geschwindigkeitsüberschreitungen, Rotverstösse, Telefonieren/SMSen während der Fahrt, etc.) ist mindestens genauso gross wie die der nicht geahndeten Delikte bei den Radfahrern (eigentlich noch grösser, weil mehr Autos als Fahrräder unterwegs sind). Grundsätzlich sollte jedoch jedem Autofahrer klar sein, dass ein Regelverstoss mit dem Auto oft deutlich schwerwiegendere Folgen hat als ein Regelverstoss mit dem Fahrrad.

    Deswegen verstehe ich auch den Jubel über das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts nicht. Die Regeln im Strassenverkehr werden doch sowieso eher „opportunistisch“ befolgt.

    Und genauso muss auch die Infrastruktur angelegt sein. Wenn es Dich schneller und sicherer von A nach B bringt, wenn Du auf dem Radweg fährst, dann wirst Du diesen nutzen. Das liegt doch auf der Hand.

    „Aufklärungskampagnen“ sind reine Geld- und Zeitverschwendung. Kontrolle ist nicht umsetzbar.

    Ich kann nur dringend empfehlen, nachweislich funktionierende Konzepte wie in den Niederlanden umzusetzen.

  • 26 siggi // Jun 29, 2011 at 21:15

    „““““““““
    Marco // Jun 29, 2011 at 12:46

    Das tut sie allerdings nicht aus Vernunftgründen (sie hätte das 1997/98 tun müssen), sondern nach dem Urteil des BVerwG aus Angst vor Klagen.
    „““““““““““““

    Die Bundesregierung wusste es schon immer.
    Einfach mal hier lesen was auf Seite 28 steht.

    http://www.google.de/url?sa=t&source=web&cd=1&sqi=2&ved=0CCsQFjAA&url=http%3A%2F%2Fedoc.difu.de%2Fedoc.php%3Fid%3D4XV0OD1A&rct=j&q=Umfrage%20zur%20Finanzierung%20von%20Radverkehrsma%C3%9Fnahmen&ei=YoYLTp_GCMnGswbjpaC3Dg&usg=AFQjCNEqsL9X4dNk5F7ieh4ginvn7wxBnA&cad=rja

  • 27 Pieter Botha // Jun 30, 2011 at 10:52

    Stefan Warda träumt in seiner verkehrstechnisch kaputten Grottenstadt wohl immer noch von der Apartheid? Gut, dass er dafür zwanzig Jahre zu spät kommt!

  • 28 Holger Müller // Jul 1, 2011 at 12:24

    @hamburgize:

    Du kennst die Topologie von Hagen und Wuppertal, solche Steigungen bieteten in Hamburg nichtmals die Elbbrücken auf.

    Die Topologie eines Ortes ist wesentlich ausschlagebender für den Radverkehrsanteil als die Infrastruktur.

    (Manchmal schlägt es allerdings sogar soherum aus, dass die Rennradler zu den Alpenpässen pilgern *g*. Im Alltagsverkehr ist es eher umgekehrt)

  • 29 Martin // Jul 1, 2011 at 13:50

    @Hein Bloed: Marco hat es oben schon gut beschrieben: In der Gegend um Groningen sind sehr viele außerstädtisches Radwege in einem benutzbaren Zustand. Fast überall in NL traut sich kaum ein Fußgänger ohne einen Blick auf den Radweg zu trapsen. Radfahrer fahren meist so auf den ausreichend breiten Radwegen, dass man überholen kann und wenn sie nebeneinander fahren, dann verstehen sie die Zeichen einer Klingel und müssen sich nicht erst wild schwankend umsehen, wer oder was das jetzt sein könnte. Was merken wir daran? In weiten Teilen NLs wird das Rad einigermaßen ernst genommen und so funktioniert’s dann auch.
    Ich kenne David Hembrow auch persönlich und er ist sehr positiv über seine Wahlheimat Norddrenthe/Groningen, was ich auch gut nachvollziehen kann. Was er schreibt, das kann man ruhig glauben.
    Schaut man sich dagegen zwischen Amsterdam und Den Haag um, dann ist da grad innerstädtisch so viel Schei*e dabei, dass ich die Absolution „NL“ nicht stehen lassen kann.
    Die Fahrbahn ist oft genug die beste Lösung, um gleichberechtigten Verkehr abzuwickeln, auch in NL. Auf http://www.fietsberaad.nl unter Voorbeeldenbank (Beispieldatenbank) kann man sich ansehen, was teils für ein Aufwand getrieben werden muss, um aparte Lösungen dennoch sicher zu bekommen.
    Aber auch: Leeuwaarden: „Opheffen van fietspaden in winkelstraten“ (Aufheben von Radwegen in Geschäftsstraßen)….

  • 30 Kirsten // Jul 12, 2011 at 14:45

    Seit gut 2 Jahren fahre ich nun regelmäßig in der Kölner Innenstadt mit dem Rad und finde die Fahrradwege meist gefährlicher als die Straßen. Von der einen Seite haut einem ein parkendes Auto die Tür in die Seite, von der anderen Seite rennen Fußgänger ohne zu gucken auf den Fahrradweg… Da lasse ich mich doch lieber von Autos auf der Straße anfahren 😉

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