Mit dem Fahrrad in und um Köln

Ein Watchblog für Kölner Radverkehrspolitik

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Auf ein Neues …

Januar 11th, 2010 · 7 Kommentare

Mit ein paar Tagen Verspätung wünsche ich allen Lesern, Radfahrern, Autofahrern und Fußgängern in Köln, Umgebung und natürlich auch ganz anderswo ein frohes neues Jahr. Hoffen wir, daß wir mit Initiative 2010 ein wenig sicherer und sinnvoller für die Radfahrer und somit auch alle anderen Verkehrsteilnehmer gestalten können.

Das letzte „große Thema“ dieses Blogs war ja die Posse um die Mülheimer Brücke, bzw. deren Sanierung, die in der ersten Dezember Woche abgeschlossen wurde. Seitdem geht also alles wieder seinen gewohnten Gang, d.h. Geisterfahrer und somit lebensgefährliche Situationen sind jetzt wieder illegal und können (und werden das hoffentlich auch) von der Polizei kontrolliert und abkassiert werden.

Die Kommentare zu meinem letzten Beitrag geben mir die Möglichkeit, die Sache fürs Erste abzuschließen, wurden doch einige Aspekte genannt, die es auf den Punkt treffen:

Der_UB“ schrieb:

Behörden können anscheinend niemals zugegeben (wie allerdings auch viele “Normalsterbliche” auch), dass sie Fehler machen. Grundsätzlich wird, auch wenn die Maßnahme oder die Folgen ein Schildbürgerstreich sind, festgestellt, dass alles korrekt und geprüft sei. Es entsteht nicht nur der Eindruck, dass da willentlich gelogen wird, um seine eigene Inkompetenz zu kaschieren.

Ja, so ähnlich habe ich das auch erfahren und das gilt nicht nur für die StVB in diesem Fall, sondern auch für die Polizei, die ja ganz am Anfang auch aus Hü ein Hott gemacht hat und das in meinen Augen, um nicht sagen zu müssen, „oops, da hat jemand gepennt.“. Es würde eine Behörde tatsächlich sympathisch machen, könnte sie zum Ausdruck bringen, daß da „auch nur Menschen arbeiten“ oder gar die „Spezialisten“, in diesem Fall Verkehrsteilnehmer, die die Gefahrenstellen täglich mehrmals passieren, einfach ins Boot holen.

Ich bin doch immer wieder erstaunt, wie, gerade in Köln, der motorisierte Verkehr bevorzugt wird. Auch wenn ich aktuell nicht mehr in Köln wohne, bin ich dort noch sehr viel mit dem Rad unterwegs. An Baustellen herrscht allerorten das Chaos. Anscheinend geben sich schlecht ausschildernde Baufirmen und schlecht organisierte und träge Behörden die Hand – oder eben nicht.

Ja, Verkehr ist in Köln motorisiert – was anderes kommt überhaupt nicht in Frage. Ein Fahrrad wird von den Behörden als Spielzeug, bestenfalls noch als Sportgerät angesehen, aber in keinem Fall als ernsthaftes Fortbewegungsmittel. Anders sind die Wege, die man uns anbietet (nein, es muß leider heißen: auf die man uns zwingt) nicht zu erklären. Würde es in der Behörde Menschen geben, die sich ernsthaft mit dem Fahrrad fortbewegen, würden auch 3/4 aller Kölner Baustellen anders, nämlich richtig und sicher, ausgeschildert sein.

„Hans“ schrieb:

Bei der Gelegenheit: War eigentlich zu irgendeinem Zeitpunkt der Fahrradbeauftragte als unermüdlicher Streiter für die Radfahrerinteressen in die Sache involviert? Oder hat er drei Monate lang unter seinem Schreibtisch gehockt und sich feste die Ohren zugehalten?

Das traurige an diesem Statement ist eigentlich, daß der Sarkasmus darin die Realität wohl genauestens trifft. Ich habe lange Zeit tatsächlich gedacht, der „Fahrradbeauftragte“ sei ein Phantom und eher ein Symbol, bis man mir versicherte, daß er wirklich existiert. Leider hat man als Spezialisten, der ein „Fahrradbeauftragter“ meinem Verständnis nach sein sollte, jemanden ausgesucht, der ein Fahrrad augenscheinlich ebenfalls nicht als Verkehrsmittel ansieht, sondern nur als etwas, was dem motorisierten Verkehr im Wege ist. Sowas nennt man in Köln „Pöstchen verteilen“.  Anders kann ich mir den Fokus des „Fahrradbeauftragten“ nicht erklären, der hauptsächlich aus „Schutzstreifen aufmalen“ und „Fahrradständer aufstellen“ besteht.

Die peinliche Tatsache, daß der „Fahrradbeauftragte“ am Tag der Fahrrad-Sternfahrt, deren Termin ein Jahr vorher feststand und deren Mitveranstalter er ist, Urlaub hat, spricht eigentlich Bände und sagt viel darüber aus, wie wichtig dem „Fahrradbeauftragten“ die Radfahrer seiner Stadt sind.

Ich drücke das klar und deutlich aus: ich fühle mich als Radfahrer vom „Fahrradbeauftragten“ der Stadt Köln nicht vertreten und halte sein Amt für eine Alibi-Funktion, bis man mich eines besseren belehrt.

„cohn structa“ schrieb:

Meine These ist: Köln ist KEINE fahrradfreundliche Stadt. Radwege sind mehr dazu da, die Strasse von dem Gesocks zu befreien. Beschleunigung von Radverkehr oder gar richtige Rad-Verkehrs-Konzepte gibt es nicht.

Dem ist eigentlich so gut wie nichts hinzuzufügen – leider.

Fakt ist, daß vieles alibimäßig abläuft, egal, ob es den „Fahrradbeauftragten“ betrifft oder auch Velo2010 oder die Politik generell (vgl. den Beschluß der BV bzgl. der Mülheimer Brücke, der von der StVB einfach ignoriert wurde – übrigens nach Voraussehenvon Fraktionspolitikern, mit denen ich Kontakt hatte).

Wir müssen uns im klaren darüber sein, daß wir keine, bzw. keine große Lobby haben und mit Rückschlägen leben. Kritiker in den Gremien werden entweder mundtot gemacht oder nicht mehr eingeladen – bestenfalls wird ihnen Honig ums Maul geschmiert. Ich hatte z.B. eine konkrete Anfrage einer TV-Produktion, bei der ich als Radfahrer und Experte auftreten sollte. Man sagte mir dann ab, weil der Beitrag doch nicht erstellt werden würde. Er wurde erstellt und auch gesendet, nur ohne mich. Ach ja, es ging um die (Rad)Verkehrsüberwachung der Polizei und wer nun 1 und 1 zusammenzählen kann …

Ich glaube allerdings fest daran, daß es -auch in unserer Stadt- genügend aktive Menschen gibt, die sich dem Klüngel stellen und auch den Mut haben, sich mit Kritik auseinander zu setzen. Es gibt in diesem Zusammenhang viel zu tun und auch ich werde wieder versuchen, meinen kleinen Beitrag dazu zu leisten.

In diesem Sinne: ein gutes Jahr 2010!

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Tags: Allgemein · Mülheimer Brücke

7 Antworten bis jetzt ↓

  • 1 siggi // Jan 11, 2010 at 22:48

    Auf, dass alles noch viel schlimmer wird.
    http://www.siggis-seiten.de/Beispiele/Radler-auf-Kollisionskurs.pdf

  • 2 Max Kellermann // Jan 12, 2010 at 10:51

    Zum Thema schlecht gesicherte Baustellen: in der Tat gibt es scheinbar keine korrekt ausgeschilderten Radweg-Baustellen, den taeglichen Horror kennt hier jeder.

    Exemplarisch habe ich mal die Baustelle in der Lindenstrasse durchgefochten (kurz gesagt: die gesamte Fahrbahn war als Radweg ausgeschildert, Zeichen 241). Weder die verantwortliche Firmen (Pro Secur, Debuz) noch die Polizei („schauen wir uns gleich mal an“ gesagt und „nerv nicht“ gedacht?) noch das Ordnungsamt (keine Antwort auf meine Emails) haben sich dafuer interessiert.

    Schliesslich habe ich das Amt fuer Strassen- und Verkehrstechnik (strassen-verkehrstechnik@stadt-koeln.de) gebeten, eine Umleitung fuer die Lindenstrasse auszuschildern, da die Fahrbahn ausschliesslich von Fahrraedern benutzt werden darf, und Fotos mitgeschickt. Kurz spaeter musste Debuz die Baustelle korrigieren.

    Die Geschichte hat noch mehr Kapitel, und Debuz musste mehrfach nachbessern (peinlich fuer eine Firma deren einzige „Kompetenz“ darin liegt!), aber mir hat es gezeigt: es ist nicht ganz hoffnungslos! Mit einer sachlichen Argumentation an der richtigen Adresse kann man (manchmal) weiterkommen. Man darf nicht aufgeben.

  • 3 Highner // Jan 13, 2010 at 09:02

    Stimmt! Man darf nicht aufgeben!
    Meine Lieblingsbaustelle (wenn man das Baustelle nennen kann) ist zurzeit Ecke Zülpicher Platz und Hohenstaufenring. Der alte „Kaisers“ wird umgebaut und die Gerüstbauer, Techniker und anderen Handwerker stehen mit der gesamten breite ihrer LKW auf dem Radweg. Da die Stelle eh schon voller Gefahren steckt, wundert mich es schon dass dort noch nicht passiert ist.
    Hoffen wir mal dass es so bleibt.

  • 4 Max Kellermann // Jan 13, 2010 at 10:12

    @Highner: schick eine formlose Anzeige mit (Handy-)Foto an ordnungs-undverkehrsdienst@stadt-koeln.de (natuerlich erst nachdem du den Fahrer erfolglos aber freundlich gebeten hast, den Radweg freizumachen). Das habe ich einmal mit einem sehr unverschaemten Brummi-Fahrer gemacht, und per SnailMail vom Ordnungsamt eine Bestaetigung meiner Anzeige zurueckbekommen.

    Wir bekommen nur Rechte, die wir auch aktiv einfordern. Wir selber sind die Lobby, nach der wir uns immer sehnen.

  • 5 Marco // Jan 14, 2010 at 10:27

    @Higner und @Max: auf den Internetseiten der Stadt Köln findet sich sogar für solche Fälle eine Telefonnummer: 0221-221-32000.

  • 6 Holger Müller // Jan 15, 2010 at 12:27

    @Marco: Gespräche am Telefon sind aber weniger schön nachzuhalten. Allerdings wirkt es zumindest bei akuten Gefahren, wie einmal als auf dem „Radweg“ beim Deutzer Bahnhof graue Drängelgitter quer auf dem Weg standen und die Dämmerung begann… oder am Neumarkt als die Maurer den „Radweg“ vor der Galerie als Stellplatz für Ihren Fliesenschneider auserkoren hatten.
    Tendenziell ja gut, wenn ich so noch mehr Gründe zur Fahrbahnnutzung habe, aber die große Mehrheit der Radler stürzt sich ja anscheinend gern in solche Gefahren.
    ciao
    Holger

  • 7 Hans // Feb 1, 2010 at 00:49

    Hm, ja, zur Ehrenrettung des Fahrradbeauftragten darf ich wenigstens berichten, daß er vorletztes Jahr ganz schnell gehandelt hat, als die Stadt an dem grauenhaften Buckelradweg auf der Mole am Niehler Hafen entlang (selbstverständlich in beide Richtungen benutzungspflichtig und mit reichlich Hundeausführfußverkehr) alle paar Dutzend Meter neue Mülleimer hatte pflanzen lassen. Die Dinger standen aber nicht etwa neben dem Weg, sondern drauf, und machten den Pfad noch schmaler

    Nach einem Hinweis an den Beauftragten per E-Mail, daß man da bei Dunkelheit und Gegenverkehr mal ganz schnell reingedengelt ist, dauerte es wirklich nur wenige Tage, und auf den häßlichen Tonnen klebten noch häßlichere weiß-rote Reflektorfolien.

    Da kann man mal sehen, wie fix der Mann sein kann, wenn auf einem Radweg Lametta verteilt werden muß. Ich danke ihm intensivst dafür.

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