Mit dem Fahrrad in und um Köln

Ein Watchblog für Kölner Radverkehrspolitik

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Kehrtwende um 180 Grad

September 10th, 2009 · 5 Kommentare

Zur Situation an der Mülheimer Brücke erhielt ich heute einen weiteren Anruf der Kölner Polizei, der zum einen ernüchternd war, mir andererseits aber auch in gewissem Maße die Augen geöffnet hat.

Herr S., der mich bereits vor einigen Tagen angerufen und mir mitgeteilt hatte, daß die Kölner Polizei einer Gefährdung des Radverkehrs durch angeordnete „Geisterfahrer“ NICHT zugestimmt hätte, machte nun eine Kehrtwende um 180 Grad, indem er erklärte, daß der zuständige Sachbearbeiter erst jetzt wieder im Büro wäre. In Wirklichkeit hätte die Polizei der Öffnung des „Radweges“ in beide Richtungen zugestimmt, wenn der Radverkehr ausreichend gewarnt werden würde. Dies geschieht derzeit durch das Zusatzzeichen Zeichen 1000-30 („in beide Richtungen“), was sich im Normalfall an jedem beidseitig benutzungspflichtigen „Radweg“ befinden sollte und in diesem Sinne also auch keine außergewöhnliche Warnung vor Frontalzusammenstößen darstellen kann. Ich fasse zusammen:

  • Montag, 7. September: Polizei erklärt mir durch Herrn S., daß mit der Polizei mitnichten die Öffnung des “Radweges” in Gegenrichtung abgestimmt worden wäre.
  • Donnerstag, 10. September: Polizei erklärt mir durch Herrn S., daß mit der Polizei die Öffnung des „Radweges“ in Gegenrichtung abgestimmt worden wäre, wenn der Radverkehr „gewarnt“ werden würde.

Kann man es mir verübeln, daß ich mich ein wenig „veräppelt“ fühle? Ich konfrontiere Herrn S. mit den Fakten (Unfallstatistiken ab 2004, Kontrolle und Abkassieren durch die Polizei noch in der Woche vor der Sanierung) und frage ihn, ob er den Weg überhaupt selbst befahren habe (Montag hatte er angegeben, die Brücke nicht zu kennen) und wie breit er die Spur für den Radverkehr einschätzt.

Herr S. gibt an, daß er gestern eine Ortsbesichtigung vorgenommen habe, indem er die Brücke von Riehl aus nach Mülheim zu Fuß passierte! Er schätzt die Breite des „Radweges“ auf 1 Meter bis 1,20 Meter (letzteres kommt ungefähr hin – mir ist schleierhaft, wie jemand ernsthaft glauben kann, dieser Platz würde für entgegenkommende Fahrräder ausreichen) und gibt an, daß „die Radfahrer an den Pylonen ja zur Seite ausweichen“. Richtig, das tun sie und die Polizei wird wissen, daß sie das lt. Beschilderung (Zeichen 241 und Zeichen 295, „durchgezogene Linie“) nicht dürfen. Ich schlage ihm vor, daß die Polizei am besten vor Ort Kontrollen macht und dafür dann auch noch „Knöllchen“ kassiert.

Herr S. erklärt mir, daß „die Straßen der Stadt und nicht der Polizei gehören“ und die Polizei entsprechend auch nicht darüber entscheidet. Ich möchte -bei aller Kritik- klar zum Ausdruck bringen, daß sich die Polizei durch Herrn S. wenigstens mit meinem Einwand auseinander setzt und immerhin engagiert zeigt, während ich bei der Stadt den Eindruck habe, in keinster Art und Weise auch nur annähernd ernst genommen zu werden. Alleine die Dauer einer Antwort spricht eher für Hinhaltetaktik und Totschweigen.

Laut Herrn S. wäre die einzige Alternative gewesen, die Brücke komplett für den Radverkehr zu sperren. Dem entgegne ich, daß eine mögliche und sichere Alternative die Umleitung des Radverkehrs über die Fahrbahn wäre, wie es bis 2004 die normale Situation war – ohne schwere Unfälle.

Ich spreche dann offen aus, „daß es der Stadt Köln in Wirklichkeit wohl nur darum geht, den motorisierten Verkehr nicht durch Radfahrer zu behindern und daß dafür die Gefährdung von Menschen in Kauf genommen wird.“

Herr S. widerspricht dieser These nicht.

Mag man es mir verübeln, wenn mir der Begriff „Bananenrepublik“ grad nicht mehr aus dem Kopf will?

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Tags: Baustellen · Kölner Stadtteile · Mülheim · Mülheimer Brücke · Polizei · Radwege

5 Antworten bis jetzt ↓

  • 1 Patrick Kaster // Sep 10, 2009 at 23:42

    Vielleicht solltest du mal bei der Kommunalaufsicht nachfragen, was die von der Sache hält!
    http://www.bezreg-koeln.nrw.de/brk_internet/organisation/abteilung03/dezernat_31/beschwerden/index.html
    Besonders interessant sollte da sein, dass die lichte Breite des Verkehrsraums kleiner ist, als der Verkehrsraum zweier sich begegnender Radfahrer ( 2m ).

  • 2 Jens // Sep 11, 2009 at 10:06

    Und nu? Widerspruch, Klage?

  • 3 skip // Sep 11, 2009 at 13:38

    vermute ich richtig, dass der Nachname S. einem jüdischen Vornamen gleicht?

  • 4 Jens2 // Sep 13, 2009 at 14:03

    @Jens: Widerspruch ist in NRW abgeschafft per „Bürokratieabbaugesetz“. Ganz tolle Sache.

  • 5 dsd // Sep 18, 2009 at 10:28

    Am Rheinufer macht man das doch auch mit System. Der relativ neue Radweg entlang der Hochwasserschutzmauer ab Rheinufertunnel in Richtung Süden ist ein Witz. Begegnungsverkehr an einer viel befahrenen Straße (Tempo 70) auf unter 2m Breite mit kreuzender Fußgängerampel und Bodenwellen. Gut für den täglichen Adrenalinschub.

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