Mit dem Fahrrad in und um Köln

Ein Watchblog für Kölner Radverkehrspolitik

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Selbstversuch 2: Horrortrip zurück aus der Innenstadt

August 10th, 2008 · 12 Kommentare

Meiner Tour mit Trekkingrad von Köln-Mülheim zum Zülpicher Platz folgte auch eine abenteuerliche Rückfahrt. Die Kölner Ringe, eine gut besuchte Flanier-, Einkaufs-, Freß- und Feiermeile, sind sicherlich als eines der schikanösesten Fahrradabenteuer in der zivilisierten Welt bekannt. Ein 80 cm breiter, rot gepflasterter (schön rutschig, wenn es naß wird) „Radweg“, flankiert von Bäumen, Kübeln, Zeitungsautomaten und parkenden Autos – von herumirrenden Passanten ganz zu schweigen. Es braucht überhaupt kein Geschick, in einem der Straßencafés einem Gast in voller Fahrt mit dem Ellenbogen seinen Kaffee aus der Hand zu schlagen. Wirklich! So sieht das dann aus:

Eine benutzungspflichtige Fahrbahn!

Eine benutzungspflichtige Fahrbahn!

Muß ich wirklich noch über die Gefahren einer solchen „Fahrbahn“ aufklären? Ich kann eigentlich glücklich sein, daß zu der Zeit (wie man ja auch sieht) nicht viel los war, ein bischen später ist es dort richtig voll. Links sieht man die parkenden Autos, von dort droht eigentlich stetig jemand über den „Radweg“ zu hüpfen, ebenso die Passanten von rechts. Die Kraftfahrzeugführer auf der Fahrbahn sehen mich so gut wie nicht, denn ich bin als Radfahrer komplett aus ihrem Blickfeld verschwunden. Das bedeutet, daß ich die Rechtsabbieger an der nächsten Kreuzung ggf. richtig überrasche! Wer im Zweifelsfall wohl den kürzeren zieht?

Wie steht das nochmal in der Verwaltungsverordnung zur StVO?: Voraussetzung für die Kennzeichnung als Radweg ist, daß er „ausreichend breit, befestigt und einschließlich eines Sicherheitsraums frei von Hindernissen beschaffen“ ist. Aha!

Aprospos „frei von Hindernissen“: es ist unfaßbar, daß es tatsächlich auch noch Idioten Zeitgenossen gibt, die auf solch einem Radweg als Geisterfahrer in die falsche Richtung unterwegs sind. Bei mir fast genauso beliebt sind übrigens die halb auf benutzungspflichtigen „Radwegen“ aufgestellten Zeitungsautomaten:

Was die Bild Zeitung von Radfahrern hält

BILD Dir Deine Meinung!

Keine Angst, liebe Kölner und lieber Neven-Dumont Verlag: der Kölner EXPRESS kann das ebenso gut wie die BILD!

Durch die Breite des „Radweges“ war es natürlich unmöglich, andere Radfahrer sicher zu überholen, somit tuckerte ich also in etwas über Schrittgeschwindigkeit in einer Kolonne hinter einem Sandalen tragenden Herrn im besten Alter her, der stetig gefährlich aus der Spur kam und 2-3 mal fast wirklich einen Passanten erwischt hätte. Vom zügigen Vorankommen konnte ich nur träumen.

Der Höhepunkt des Tages bildete dann aber die Konfrontation mit einem Mitarbeiter der von mir eigentlich hochgeschätzten Kölner Verkehrsbetriebe (KVB). In Köln wird ja fleißig an den U-Bahn-Linien gebaut, so wird also auch der Ebertplatz umgebaut, aus diesem Grunde fahren für die Linien 16 und 18 ab Hansaring Ersatzbusse, die Linien 116 und 118. Und damit der Autoverkehr nicht behindert wird, wurden die Ersatzhaltestellen -richtig- flugs auf dem Radweg eingerichtet! Natürlich nicht, ohne den Verkehr durch ein Schild zu warnen:

KVB Ersatzhaltestelle

KVB Ersatzhaltestelle

Wie man auf dem Bild sieht, wird der benutzungspflichtige Radfahrstreifen (Zeichen 237, Weg durch durchgezogenen Breitstrich (Zeichen 295) von der Fahrbahn abgetrennt) nicht umgeleitet. Zeichen 295 („durchgezogene Linie“) darf übrigens schlicht und einfach nicht überfahren werden. Insofern ist also alleine die Einrichtung dieser beiden Haltestellen schon unzulässig.

Der Bus der Linie 118 stand also auf dem Radfahrstreifen und blinkte rechts, vermutlich um Fahrgäste einsteigen zu lassen. Ich verlangsamte meine Fahrt und hielt schließlich kurz in Höhe des aufgestellten Schildes „Radfahrer kreuzt“ (Zeichen 138), um die Verkehrsituation zu erkunden. In dem Moment, als ich die Fahrt wieder aufnehmen wollte, schnitt mich ein Gelenkbus und verpaßte dabei mit dem rechten Außenspiegel um wenige cm meinen Kopf (ich bin 2m groß)! Der Bus, der die bereits mit einem Gelenkbus belegte Ersatzhaltestelle anfahren wollte, zog rücksichtslos in kompletter Länge nach rechts. Ich konnte einer Berührung nur durch Ausweichen nach rechts entgehen.

Erzürnt ob dieses Vergehens begab ich mich zur Fahrertür und fragte den Fahrer, ob er mir „den Kopf abfahren wollte“. Der sonnenbebrillte Mann mittleren Alters erwiderte, „ich hab Dich ja nicht getroffen“. Meine Nachfrage nach seinem Namen beantwortete er mit „da vorne steht die Nummer“.

Der Vorfall wurde von mehreren Passanten wahrgenommen. Zwei Herren, die den Vorfall beobachtetet hatten (übrigens in der Annahme ich wäre tatsächlich getroffen worden, so knapp war das), boten sich ungefragt als Zeugen an.

Ich habe also sowohl „die Nummer“ (ein DIN A-4 Zettel im Fenster), als auch das amtliche Kennzeichen des Busses sowie die Daten der Zeugen notiert und behalte es mir einfach mal vor, eine Anzeige zu erstatten. Nicht, daß ich ein Korinthenkacker wäre, aber irgendwann ist Schluß. Ich meine, von einem Busfahrer, der täglich die Verantwortung für hunderte von Menschen übernimmt, erwarte ich einfach, daß er die einfachsten Grundsätze des gesunden Menschenverstandes und die Verkehrsregeln beherrscht. Teile des obigen Textes habe ich per Formular an die KVB mit Bitte um Stellungnahme geschickt. Mal schauen was passiert, vielleicht kann man seine Angestellten ja auch mal nachschulen.

Da fällt der nächste KVB Busfahrer, den ich an einer Bushaltestelle (während er rechts blinkte) überholte und der dann ohne zu gucken nach links zog, als ich in der Höhe des Cockpits war, eigentlich kaum noch ins Gewicht …

Immerhin: eine einfache Fahrt von hin und zurück 17,5 km kann wirklich Nervenkitzel bereiten!

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Tags: Innenstadt · KVB · Radwege

12 Antworten bis jetzt ↓

  • 1 Marco // Aug 11, 2008 at 12:03

    Nachtrag:
    Die KVB hat sich schnell bei mir gemeldet und für das Verhalten des Busfahrers (der für die RVK arbeitet) entschuldigt. Diese Entschuldigung habe ich angenommen, da man mir versicherte, daß mit dem Fahrer noch einmal eindringlich geredet wird. Die unsägliche Ersatzhaltestelle ist seit heute passé, da die U-Bahn die Strecke wieder befährt.

  • 2 Jens // Aug 14, 2008 at 12:42

    „Zeichen 295 (”durchgezogene Linie”) darf übrigens schlicht und einfach nicht überfahren werden.“

    Das trifft IMO nur für Z. 195 als Fahrstreifenbegrenzung, nicht für Z. 295 als Fahrbahnbegrenzung zu.

  • 3 Jens // Aug 14, 2008 at 12:43

    beide Male „295“ natürlich …

  • 4 Marco // Aug 14, 2008 at 13:11

    @Jens: ich finde zu Radfahrstreifen in Verbindung mit Zeichen 295 und 237 z.B. in der Wikipedia (http://de.wikipedia.org/wiki/Radfahrstreifen): „Da es sich um einen Sonderweg für Radfahrer handelt, ist jegliches Benutzen durch andere Verkehrsteilnehmer nicht erlaubt, insbesondere Halten und Parken. Nur das Überqueren ist unter Beachtung des Radverkehrs gestattet.“ Für mich eigentlich unmißverständlich, ich lasse mich aber gerne -belegt- eines besseren belehren.

  • 5 Jens // Aug 14, 2008 at 14:56

    Ah, ich hatte das auf das Verlassen des Weges und Umfahren des Busses durch Radfahrer bezogen, was natürlich erlaubt ist.

  • 6 Rambo-Verlage - my own blog // Aug 14, 2008 at 16:41

    […] ihrer Zeitungen wichtiger ist als die Verkehrssicherheit anderer Verkehrsteilnehmer. via: radfahren-in-koeln.de Konsequenz kann daher nur sein: Kennzeichen- und Polsterungspflicht f

  • 7 Marco // Aug 15, 2008 at 02:25

    @Jens: na, dann habe ich mich vielleicht nicht 100%ig ausgedrückt: ich meinte natürlich, daß KFZ die Linie (Zeichen 295) nicht überfahren dürfen.

  • 8 Jens // Aug 16, 2008 at 15:32

    Naja, ich hab wohl auch nicht genau genug gelesen.

    Ich fühle mich halt genau überhaupt nicht behindert, wenn so eine bp. Radstreifen zugeparkt ist.

  • 9 Schnell, schneller, EXPRESS // Aug 19, 2008 at 11:03

    […] Woche hatte ich in diesem Artikel schon ein Beispiel dafür genannt, was die Boulevard-Presse alles für Ihren Absatz unter […]

  • 10 Cycleride-Blog » Blog Archiv » Gerburtstagskind “Radfahrernovelle” // Okt 1, 2008 at 23:59

    […] Bonn: (lichte) Mindestbreite Zweirichtungsradweg: 2m.Breite VW Golf IV: 1,74m Kölner Ringe: Espresso im Vorbeifahren?Verkehrsversuch “shared space”. Nur der motorisierte Verkehr muß draußen bleiben. via: radfahren-in-koeln.de […]

  • 11 Doris M. // Apr 11, 2012 at 22:58

    Mit großem Interesse entnahm ich Ihren Artikel im „Kölner Stadt-Anzeiger“. Ich kann Ihnen selbst als jahrelange Radfahrerin nur noch zustimmen! Die Stadt Köln ist für mich nur noch beschissen, um normal mit dem Rad durch zu kommen. Mit dem größten Vergnügen fahre ich durch die Ringe, Dürener Str., usw., nur wenn ich muß! Überall Hindernisse, wo man hinkommt! Früher gab es fast keine Radwege und ich hatte keine Probleme damit! Übers Wochenende sehe ich nur noch zu, daß ich mit dem Rennrad aus Köln rauskomme. Es lohnt sich weiterhin gegen diese unzumutbaren Mißstände zu kämpfen. Halten Sie Ihren Kopf steif! Bis demächst
    Doris

  • 12 beobachterAC // Jan 19, 2014 at 18:00

    auch andernorts stört sich der ÖPNV (hier: die ASEAG , Aachen) überhaupt nicht am Rad fahrenden:
    http://vimeo.com/84413765

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